Besser als KI: Uni Basel ehrt sieben Forscher*innen

Am heutigen Dies academicus der Uni Basel erhalten sieben Persönlichkeiten aus Wissenschaft und Gesellschaft die Ehrendoktorwürde. Rektorin Andrea Schenker-Wicki wirft am traditionellen Anlass auch einen Blick in die Zukunft.

Die Rektorin gratuliert den Gewinnerinnen und Gewinnern der Fakultäts- und weiterer Preise. (Foto: Universität Basel, Christian Flierl)
Der Dies academicus in der Martinskirche in Basel. (Quelle: Universität Basel, Christian Flierl)

Am Dies academicus wird Tradition gross geschrieben: Die Professor*innen wie auch die auswärtigen Gäste besammeln sich im Naturhistorischen Museum Basel und gehen von dort in Richtung Martinskirche, gefolgt von den farbentragenden Student*innen. 

In der Martinskriche findet alljährlich die Auszeichnung der Ehrendoktortitel statt. Die Professor*innen tragen an diesem akademischen Feiertag traditionellerweise den Talar mit Barett. Er erinnert an die akademische Berufstracht aus früheren Zeiten und wird in Basel seit der Einweihung des neuen Kollegienhauses im Jahr 1939 an hohen Festen verwendet. 

Folgende Personen wurden heute mit dem Ehrendoktorat ausgezeichnet:

Hans Friedrich Lutz
(Quelle: zVg)

Hans Lutz

Geehrt von: Theologische Fakultät

Seit mehr als 50 Jahren engagiert sich Pfarrer Hans Lutz für die Basler Mission und deren Nachfolgeorganisation Mission 21 in Hongkong. Es heisst, er habe während seiner Arbeit für die Basler Mission und ihrer Nachfolgeorganisation Mission 21 in Hongkong über 50 Jahre lang als «ein unermüdlicher Brückenbauer im weltweiten Christentum» gewirkt, besonders zwischen Christ*innen in der Schweiz und in Ost- und Südostasien. 

Geehrt wird er auch dafür, dass er für bessere Lebensbedingungen der Industriearbeiter*innen und Migrant*innen und zur Entwicklung einer eigenständigen asiatischen Befreiungstheologie beigetragen hat.

Ursula Cassani Bossy
(Quelle: zVg)

Ursula Cassani Bossy

Geehrt von: Juristische Fakultät

Die emeritierte Genfer Strafrechtsprofessorin Ursula Cassani Bossy hat nicht nur an der Universität Genf das Wirtschaftsstrafrecht als eigenständiges Lehr- und Forschungsgebiet aufgebaut und etabliert, sondern auch durch ihre Tätigkeit als Gastwissenschaftlerin an verschiedenen ausländischen Forschungsinstitutionen massgeblich dazu beigetragen, der Stimme der schweizerischen Rechtswissenschaft im Ausland Gewicht zu verleihen.

Sie habe sich durch ihre berufliche Tätigkeit um die dogmatische Aufarbeitung, Durchdringung und Fortentwicklung des schweizerischen und internationalen Wirtschaftsstrafrechts verdient gemacht, heisst es in der Begründung.

Stephan Urban
(Quelle: zVg)

Stephan Urban

Geehrt von: Medizinische Fakultät

Dem Molekularbiologe Stephan Urban sind «bahnbrechende Entdeckungen auf dem Gebiet der molekularen Virologie von Hepatitis-B- und Hepatitis-D-Viren gelungen». Diese haben zur Entwicklung des ersten Medikaments gegen die chronische Hepatitis D geführt. 

Chronische Virusinfektionen der Leber betreffen weltweit mehr als 350 Millionen Menschen und verursachen jährlich über eine Million Todesfälle. Da nun erstmals ein wirksames Medikament zur Verfügung steht, besteht die Hoffnung, Menschen mit einer Hepatitis-D-Infektion endlich helfen zu können.

Sigrid Weigel
(Quelle: zVg)

Sigrid Weigel

Geehrt von: Philosophisch-Historische Fakultät

Die Literaturwissenschaftlerin Sigrid Weigel gilt als eine «der grossen Impulsgeberinnen der modernen Kulturwissenschaften», so die Begründung. Sie habe entscheidend zur methodischen und fachlichen Entgrenzung der Germanistik beigetragen. 

Darüber hinaus verkörpere Sigrid Weigel in vorbildlicher Weise die Rolle der «politisch und gesellschaftlich engagierten Intellektuellen». Sie hat massgeblich dazu beigetragen, die Genderforschung an den deutschsprachigen Universitäten seit den 1980er-Jahren zu etablieren. 

Kelly Chibale
(Quelle: zVg)

Kelly Chibale

Geehrt von: Philosophisch-Naturwissenschaftliche Fakultät

Der sambische Chemiker Kelly Chibale ist einer der einflussreichsten Wissenschaftler in der Erforschung und Entwicklung neuer Medikamente gegen Malaria, Tuberkulose und vernachlässigte Tropenkrankheiten. Heute ist er in Südafrika tätig – zuvor war er mehr als zehn Jahre am Next Generation Scientist Program von Novartis und der Universität Basel beteiligt. 

Chibale ist, wie es heisst, «nicht nur ein hervorragender Chemiker, sondern auch eine Quelle der Inspiration für Generationen von Studierenden aus der ganzen Welt». Er habe eine besondere Fähigkeit, Menschen zusammenzubringen, unabhängig von Alter, Geschlecht oder Herkunft. 

Kai A. Konrad
(Quelle: zVg)

Kai A. Konrad

Geehrt von: Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät

Der Ökonom Kai A. Konrad erhält den Titel für seine grundlegenden Beiträge zur Strategie in Turnieren mit Anwendungen in der Industrieökonomie und der Politischen Ökonomie. Darüber hinaus wird sein Engagement als wirtschaftspolitischer Berater zu Themen wie der Staatsverschuldung in Europa oder der föderalen Organisation Deutschlands gewürdigt. 

Konrads wirtschaftswissenschaftliche Forschung konzentriert sich auf Fragen der Governance innerhalb und zwischen Gruppen von Personen, Unternehmen oder Staaten, mit einem besonderen Fokus auf die Problematik internationaler Kollektivgüter und auf die Analyse von Konflikten innerhalb und zwischen solchen Gruppen.

Vincent Yzerbyt
(Quelle: zVg)

Vincent Yzerbyt

Geehrt von: Fakultät für Psychologie

Der belgische Sozialpsychologe Vincent Yzerbyt hat in seiner Forschung auf den Gebieten der sozialen Kognition, der Beziehungen zwischen Gruppen und der Statistik aufgezeigt, wie Gruppenzugehörigkeiten sowie Konstellationen von Minderheiten zu Mehrheiten unser Denken, Fühlen und Verhalten bestimmen. 

Ihm ist es ein Anliegen, wissenschaftliche Erkenntnisse für die gesellschaftliche Meinungsbildung und politische Entscheidungsfindung aufzubereiten. So hat er sich im Kontext der Covid-19-Krise unermüdlich engagiert und auf der Grundlage empirischer Forschungsergebnisse Wege zum gesellschaftlichen Umgang mit der Krise aufgezeigt.

Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Andrea Schenker-Wicki
Rektorin Andrea Schenker-Wicki bei ihrer Rede. (Quelle: Universität Basel, Christian Flierl)

Neben den sieben Ehrendoktoraten wurden am Dies academicus auch eine Reihe weiterer Auszeichnungen vergeben. Im Mittelpunkt des Anlasses steht jeweils die Ansprache von Rektorin Andrea Schenker-Wicki. Sie widmet sich in ihrer diesjährigen Rede dem Thema Intelligenzen, «weil es im Zusammenhang mit der Entwicklung der künstlichen Intelligenz (KI) und den bekannten KI-gesteuerten Chatbots in aller Leute Munde ist». 

Chatbots als Hilfsmittel

Schenker-Wicki zeigt, welch grosse Rolle die KI in unserem Alltag hat: bei der Gesichtserkennung am Smartphone, der Betrugserkennung bei Kreditkarten, bei personalisierten Startseiten, in Online-Shops oder in FormSprachassistentinnen wie Siri oder Alexa. 

Wie aber steht es mit dem Einsatz von künstlicher Intelligenz an den Universitäten? Chatbots können Aufsätze verfassen, Hausarbeiten schreiben, Texte analysieren, mathematische Aufgaben lösen oder Computerprogramme schreiben. «Die Resultate sind zwar im Moment oftmals noch nicht befriedigend. Doch es ist davon auszugehen, dass in absehbarer Zukunft die heutigen Schwächen der Chatbots ausgemerzt werden», so Schenker-Wicki. 

KI soll in die Ausbildung integriert werden

Konsens unter den meisten Universitäten sei, dass man Chatbots nicht verbieten wolle. Denn: «Sie sind äusserst wirkungsvolle Werkzeuge, die wir als Universität nicht verbannen, sondern deren verantwortungsbewusste und kritischreflektierte Nutzung wir in die Ausbildung integrieren sollten.» 

Ein Vorteil sei die Verbesserung der Lernmöglichkeiten für die Studierenden, indem diese individueller auf deren Bedürfnisse abgestimmt werden können. Deshalb habe sich die Uni entschieden, «in Zukunft allen Studierenden in allen Fakultäten eine Ausbildung im Umgang und in der Anwendung von KI zu ermöglichen». Dafür sei eine Ausbildung an der Uni geplant. Denn: «Diese neue Technologie ist sicherlich eine der wichtigsten Innovationen der letzten Jahrzehnte. Sie wird unser Alltagsleben nachhaltig verändern und prägen, ähnlich wie dies das Internet vor drei Jahrzehnten getan hat.»

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