Kopflos ins Wochenende? Mach's nicht wie Trump!

Die Kunsttage besorgen dir eine Überdosis Kultur. Wir verraten dir, wie du da nüchtern durchkommst – und wo du in Basel sonst noch hin kannst.

Hallo, Kulturfreund*innen! Dieses Wochenende habt ihr, ich kann's nicht anders sagen, die Qual der Wahl. Denn nicht nur praktisch jedes Kunstmuseum und jede Galerie buhlt um eure Gunst, nein, es ist auch sonst einiges los.

Wo soll's also hingehen?

Ich habe mich durchs Kulturprogramm gewühlt und verrate euch, worauf ich mich am meisten freue:

Kunsttage mit Trump und anderen Provokationen 🔪

Barack Obama as Othello «The Moor» With the Severed Head of Iago in a New and Revised Ending by Kara E. Walker, 2019
Messerscharfe Kunst: Kara Walkers Zeichung «Barack Obama as Othello «The Moor» With the Severed Head of Iago in a New and Revised Ending, 2019».

Niederschwellige und entspannte Kunst-Erlebnisse: Das verspricht die zweite Ausgabe der Kunsttage Basel, die von Donnerstag bis Sonntag stattfindet. Insgesamt 55 Museen, Galerien und Kunsträume locken mit freien Eintritten, von der Fondation Beyeler in Riehen bis zum Kunsthaus Baselland auf dem Dreispitz und alles dazwischen.

Weil man sich in diesem grossen Angebot, das vor allem das regionale Kunstschaffen in der Vordergrund stellen will, auch schnell einmal verlieren kann, haben sich die Initiant*innen etwas Smartes einfallen lassen: Auf digitalen Enteckungs-Parcours führen dich verschiedene Persönlichkeiten aus der Basler Kulturszene durch ihre persönlichen Highlights, unter ihnen etwa Elena Filipovic von der Kunsthalle, Samuel Leuenberger vom Art Basel Parcours und Roland Wetzel vom Museum Tinguely. Eine vollständige Übersicht findest du hier.

Mein Tipp: Kurz reinschauen, und dann selber auf Entdeckungstour gehen!

Die Kunsttage sind auch eine gute Gelegenheit, die grosse Kara-Walker-Ausstellung («A Black Hole Is Everything a Star Longs to Be») zu besuchen, die am Samstag im Kunstmuseum losgeht. Die Künstlerin aus Kalifornien ist für aufsehenerregende Scherenschnitte zu Themen wie Rassismus, Sexualität und Gewalt bekannt.

In Basel präsentiert sie nun erstmals über 600 Zeichnungen, die sie 28 Jahre lang in ihrem Atelier unter Verschluss gehalten hatte. Darunter auch das provokative Bild (Ausschnitt oben) von Barack Obama mit dem abgetrennten Kopf von Donald Trump.

_________

Kunsttage Basel

3. bis 6. Juni, diverse Museen

Kara Walker: «A Black Hole Is Everything a Star Longs to Be»

ab Samstag, 5. Juni im Kunstmuseum Basel.

Gedenkanlass für eine Grosse 🖋️

Adelheid Duvanel Atlantis
Die Schriftstellerin und Malerin Adelheid Duvanel hatte einen Blick für das Sonderbare.

Die grosse Basler Schriftstellerin Adelheid Duvanel würdigte die Mittellosen und Verschrobenen und schrieb vom Recht, lebensuntüchtig zu sein. Ihre Sprache war so dicht, dass ihre literarischen Erzählungen meist nur zwei bis drei Seiten umfassten.

Dieses Jahr wäre Duvanel, die in Liestal aufwuchs, 80 geworden. Ihr Todestag liegt 25 Jahre zurück. Quasi zu diesem doppelten Jubiläum ist nun im Limmat Verlag erstmals ein Sammelband mit all ihren 251 Erzählungen erschienen.

Mit einem Gedenkanlass im Dichtermuseum Liestal soll Duvanel diesen Freitag umfassend gewürdigt werden. Während Friederike Kretzen und Elsbeth Dangel-Pelloquin die von ihnen betreute Gesamtausgabe von Duvanels Werken vorstellen, berichtet die Literaturvermittlerin Martina Kuoni aus Duvanels schwierigen Leben. Und der Basler Germanist Albert M. Debrunner erzählt von seinem Bestreben, die Erinnerung an diese bedeutende Autorin in Basel aufrechtzuerhalten.

__________

Ein hellhöriges Werk am Abgrund. Zum 25. Todestag von Adelheid Duvanel

Freitag, 4. Juni, 19 Uhr, Dichter- und Stadtmuseum Liestal.

Adelheid Duvanel: «Fern von hier. Sämmtliche Erzählungen»

Limmat Verlag, 792 Seiten.

Herrlich böser Kino-Spass 💉

«Die Herbstzeitlosen» ist bis heute (hinter «Die Schweizermacher») der zweiterfolgreichste Schweizer Kinofilm aller Zeiten. Die Komödie über eine Grossmutter, die Dessous verkauft, lockte 2006 fast 600'000 Menschen ins Kino. Nun legt die Regisseurin Bettina Oberli mit einer neuen Komödie nach: mit «Wanda, Mein Wunder».

Der Film handelt von einer polnischen Pflegerin (gespielt von Agnieszka Grochowska), die den Haushalt einer verklemmten Zürcher Goldküstenfamilie schmeisst und sich um den bettlägerigen Patron (André Jung) kümmert. Wanda wäscht ihn, hilft ihm in seine Kleider, und ist auch zur Stelle, wenn der knurrige alte Mann Sex von ihr will – für ein Tausendernötli. Das Geld schickt sie nach Polen zu ihrer Familie.

Wer jetzt ein Feuerwerk an Klischees und Schenkelklopfer-Humor befürchtet, wird positiv überrascht. Denn als Wanda ungewollt schwanger wird, dreht sie den Spiess um. Bald weiss man als Zuschauer*in gar nicht mehr, wer hier von wem abhängig ist.

«Wanda, Mein Wunder» entpuppt sich als eine bitterböse, subtile Satire voller herrlich böser Szenen. Das ist kein sorgenfreier Gassenhauer wie damals «Die Herbstzeitlosen» – und hätte genau darum mindestens so viele Zuschauer*innen verdient.

__________

«Wanda, Mein Wunder» (Schweiz, 2020), 110 Minuten. Regie: Bettina Oberli.

ab Donnerstag, 4. Juni in den Kinos Capitol, Küchlin und Atelier.

Gemütlicher Rheinspaziergang mit Haydn 🎻

Raus damit: Das Kammerorchester spielt unter freiem Himmel Pop-Up Klassik.
Raus damit: Das Kammerorchester Basel spielt unter freiem Himmel Pop-Up Klassik.

Pop-Up Klassik – so heisst eine neue Konzertreihe, die das Kammerorchester Basel aufführt, und zwar draussen, unter freiem Himmel.

Heisst konkret: Wer kommenden Montag ab 17 Uhr am Rheinufer spazieren geht, kann das zu den Klängen von Haydns «Lerchen-Quartett» (Streichquartett Nr. 5 D-Dur, op. 64) und Boccherinis Cello-Quintett (Nr. 4 C-Dur, op.10 und Nr. 3 c-Moll, op.10) tun. Für einen optimalen Klanggenuss empfiehlt das Kammerorchester Interessierten, vor dem Haus «Zum rothen Schneck» (Ecke Reverenzgässlein und Oberer Rheinweg) zu verweilen.

Bei schlechtem Wetter würde das Konzert um einen Tag auf Dienstag, 18.30 Uhr, verschoben. Der Eintritt ist gratis.

__________

Pop-Up Klassik: «Musik am Hof»

Montag, 7. Juni, 17 Uhr, Rheinufer.

Basel Briefing

Das wichtigste für den Tag
Jetzt Abonnieren
Jetzt Member Werden

Das könnte dich auch interessieren

Baschi Gelterkinden

Jan Soder am 24. April 2024

«Wenn mich alle nur cool finden, ist es langweilig»

Baschi plant für sein 20-Jahr-Jubiläum ein Dorffest in Gelterkinden. Im Interview spricht der Musiker über seine Kindheit im Baselbiet, die Liebe zum FCB, Authentizität, seinen Erfolg und den Rücktritt.

Weiterlesen
Moonpools BajourBeat

Jan Soder am 22. April 2024

Moonpools – «Hide and Seek»

Die Basler Band Moonpools verdeutlicht auf der dritten EP ihre Entwicklung der letzten Jahre. Mit lautem Sound, melodramatischen Arrangements und ehrlichen Texten zeigen sie sich gereifter und kommen weg vom Indie.

Weiterlesen
BScene Festival

Jan Soder am 18. April 2024

Hier tanzt Basel

Am Freitag beginnt mit der BScene die lange Basler Festivalsaison. Von Mundartpop bis Techno und vom Park im Grünen bis nach Riehen ist für alle etwas dabei. Bajour zeigt dir wann und wo.

Weiterlesen
Lilac Attitude Bandfoto

Jan Soder am 15. April 2024

Lilac Attitude – live an der BScene

Verblümt, aber dreckig, laut, aber emotional, alter Grunge topmodern. Die Basler Newcomer-Band verkörpert so manchen Widerspruch und startet mit dieser Attitüde durch.

Weiterlesen

Kommentare