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Blutsauger

So schützt du dich vor Zecken

Sie sind klein, können aber einen grossen Schaden anrichten: Zecken. Die Parasiten können mit einem Stich gefährliche Krankheiten übertragen. Das Wissenschaftsmagazin higgs sagt dir, wie du dich schützen kannst.

06/22/21, 03:00 AM

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 Im Gegenlicht ist der Schatten einer Zecke (Ixodida) auf einem Blatt zu sehen. Das Tier wartet auf Beute. Viele Zeckenarten sind bedeutende Krankheitsüberträger.

Zecken lauern gern im Wald. (Foto: KEYSTONE/DPA/Patrick Pleul)

Die wärmeren Temperaturen locken ins Freie – doch genau da warten jetzt auch Zecken auf uns. Darum gilt es draussen aktuell besonders aufzupassen, denn: Zecken können Krankheitserreger übertragen und so für uns gefährlich sein.

Diese Tipps helfen dir, gut durch die Zeckenzeit zu kommen.

Zecken lauern vor allem im Wald

Zecken kommen schweizweit fast überall vor. Generell gilt aber: Je tiefer die Lage desto häufiger sind die Spinnentierchen anzutreffen. Wo die grössten Risikogebiete sind, lässt sich mit der App «Zecke» herausfinden. Darin kann jede*r selber eintragen, an welchen Orten er oder sie gestochen wurde. Auf einer Karte ist dann ersichtlich, wo die meisten Zecken vorkommen.

Mit dieser App arbeitet auch Jakub Kubacki, Umweltvirologe der Universität Zürich. Er untersucht die Zecken-Meldungen und sagt: «Vitaparcours, wo viele Menschen joggen gehen, können Brennpunkte sein.» So habe er und sein Team an beliebten Rennstrecken, beispielsweise in Schaffhausen, innerhalb von nur 300 Metern über 550 Zecken am Wegrand gefunden.

Dies könnte laut Kubacki daran liegen, dass die blutsaugenden Parasiten an solch belebten Waldwegen eine erhöhte Chance haben, einen Wirt zu finden. Denn Zecken lauern vor allem dort auf Grashalmen und Sträuchern. Doch auch fern von Pfaden, können sie überall im Unterholz vorkommen.

Wenn wir an ihnen vorbeistreifen, nehmen die Tierchen uns mit einem Sinnesorgan an ihren Vorderbeinen wahr und klammern sich fest. Dass Zecken sich von Bäumen auf uns fallen lassen, sei hingegen unwahrscheinlich, sagt der Zecken-Experte Kubacki. Es gilt also: Besucht man Stellen im Freien, an denen sich Menschen vermehrt aufhalten oder vorbeigehen, dann ist besondere Vorsicht geboten.

«Vitaparcours, wo viele Menschen joggen gehen, können Brennpunkte sein.»

Jakub Kubacki, Umweltvirologe der Uni Zürich

Wann ist Zeckenzeit in der Schweiz?

Auf der Hut sollte man grundsätzlich das ganze Jahr hindurch sein, denn Zecken können bei der richtigen Temperatur und Feuchtigkeit immer aktiv sein. «Von Frühling bis Herbst ist die Gefahr für einen Zeckenstich jedoch am grössten», sagt Zecken-Forscher Cornel Fraefel, Professor für Virologie an der Universität Zürich. Denn: Zecken mögen Temperaturen von zehn bis 25 Grad. Wenn es wärmer oder kälter ist, sind die Zecken weniger aktiv. Damit ist dann auch die Wahrscheinlichkeit gestochen zu werden, geringer.

Gerade die milden Winter in den letzten Jahren ermöglichten es den Zecken jedoch, sich auch in dieser Zeit zu vermehren, sodass die Zeckenzahl hierzulande zunahm. Zudem besteht die Gefahr, dass neue Arten aus südlicheren Gebieten einwandern und sich hier bei uns wohlfühlen. Dieses Problem könnte sich mit der anhaltenden Klimaerwärmung weiter verschärfen, meint Cornel Fraefel. «In den nächsten Jahren wird es in der Schweiz wahrscheinlich sogar Arten geben, die wir bisher bei uns gar nicht kannten.» Und diese neuen Zeckenarten könnten auch bisher unbekannte Viren mitbringen.

«Von Frühling bis Herbst ist die Gefahr für einen Zeckenstich am grössten.»

Cornel Fraefel, Professor für Virologie an der Uni Zürich

Welche Krankheiten können Zecken übertragen?

Die häufigste durch Zecken übertragene Krankheit ist Borreliose. In der Schweiz sind zwischen fünf und dreissig Prozent, in Risikogebieten sogar fünfzig Prozent, der Zecken mit den Borrelien-Bakterien befallen. Doch nicht jeder Stich einer befallenen Zecke, führt auch automatisch zur Übertragung der Krankheit: Damit die Borrelien in den Körper gelangen, muss der Saugakt mindestens zwölf Stunden dauern.

In ungefähr der Hälfte der Fälle macht sich die Borreliose nach etwa einer Woche mit einer Hautrötung um die Einstichstelle bemerkbar, auch Wanderröte genannt. Dann sollte man möglichst schnell zum Arzt und die Infektion mit Antibiotika behandeln lassen.

Doch nicht immer tritt dieses Warnsignal auf und bei einer Nichtbehandlung können chronische Spätfolgen wie Müdigkeit und Gelenkschmerzen, oder auch bleibende Behinderungen auftreten. Eine eindeutige Diagnose solcher Symptome ist aber nicht immer möglich (higgs berichtete).

Zecken können auch das sogenannte FSME-Virus übertragen, welches eine Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME) auslösen kann. Etwa ein halbes Prozent aller Zecken ist Träger dieses Virus. Anders als bei den Borrelien, gelangen die FSME-Viren bei einem Stich sofort in die Blutbahn. Vier bis dreissig Tage nach dem Stich können grippeähnliche Symptome auftreten.

Bei fünf bis 15 Prozent der Infektionen sind die Folgen jedoch schwerwiegender: Die Viren vermehren sich dann soweit in den Organen, bis sie die Blut-Hirn-Schranke überwinden können. Als Folge kann sich die Hirnhaut entzünden, auch Meningitis genannt, was sich durch Kopfschmerzen, Fieber und Müdigkeit äussert. Entzündet sich neben den Hirnhäuten auch das gesamte Gehirn, spricht man von einer Meningoenzephalitis. Dies kann zu Lähmungen, einer Trübung des Bewusstseins oder einer verminderten Konzentration führen.

FSME ist in den letzten fünf Jahren immer häufiger aufgetreten – darunter war das vergangene Jahr 2020 ein absolutes Spitzenjahr. «Ein möglicher Grund dafür ist, dass die Schweizer Bevölkerung letztes Jahr aufgrund der Pandemie deutlich mehr Zeit im Wald verbrachte als sonst», vermutet Fraefel. Und damit insgesamt auch mehr Menschen von Zecken gestochen wurden.

«Ein möglicher Grund [für die Häufung der FSME-Fälle im Jahr 2020] ist, dass die Schweizer Bevölkerung aufgrund der Pandemie deutlich mehr Zeit im Wald verbrachte als sonst.»

Cornel Fraefel, Professor für Virologie an der Uni Zürich

Zecken jeder Grösse sind gefährlich

Die verschiedenen Krankheitserreger können die Zecken in jedem Entwicklungsstadium tragen: als Larven, Nymphen und ausgewachsene Zecken. Die Larven – die man an ihren sechs statt acht Beinen erkennt – haben es aber eher auf kleine Säugetiere und Vögel abgesehen. Die Nymphen hingegen stechen uns Menschen ebenso oft wie adulte Tiere. Da sie aber äusserst klein sind, werden sie gerne übersehen, weiss Zecken-Forscher Jakub Kubacki.

Doch wie oft stechen Zecken eigentlich zu? Um sich weiterzuentwickeln, müssen die Parasiten in jedem Stadium jeweils einmal für mehrere Stunden oder Tage Blut saugen. Dabei ritzen die Blutsauger mit ihrem Mundwerkzeug die Haut auf und stechen dann mit ihrem Saugrüssel ins Gewebe. Deshalb spricht man genau genommen auch von einem Zeckenstich und nicht, wie im Volksmund verbreitet, einem Zeckenbiss.

Beim Stechen sondern die Zecken ein betäubendes Sekret mit ihrem Speichel ab, sodass wir ihren Stich gar nicht bemerken. Zusätzliche abgesonderte Stoffe verhindern, dass sich die Einstichstelle entzündet.

Zecken in verschiedenen Entwicklungsstadien: Ein adultes Weibchen, ein adultes Männchen, eine Nymphe, eine Larve.

Und so sehen die kleinen Parasiten aus: Ein ausgewachsenes Weibchen, ein ausgewachsenes Männchen, eine Nymphe und eine Larve. (Foto: Keystone / Gaetan Bally)

Wie kann ich mich vor Zeckenstichen schützen?

Zecken sind wir nicht ausgeliefert, wir können uns schützen: Cornel Fraefel empfiehlt beim Umherstreifen im Wald, lange und helle Kleidung zu tragen – und am besten die Hosen in die Socken zu stecken. Denn so erkennt man die Spinnentiere schon, wenn sie am Körper hochkrabbeln.

Ausserdem kann es helfen, wenn man sich vor einem Spaziergang im Wald mit Zeckenschutzsprays besprüht. Fraefel rät zudem, sich vorbeugend gegen FSME impfen zu lassen, da diese Erkrankung nicht ursächlich behandelt werden kann, das heisst: Nur noch die Symptome können behandelt werden.

Ist man nach einem Waldbesuch wieder zuhause, legt Fraefel allen nahe, sich gründlich nach Zecken abzusuchen – vor allem an folgenden Hautpartien: Haaransatz, Achselhöhlen, Armbeugen, Kniekehlen, Lendenbereich, Leisten und Bauchnabel. Dies sind Körperpartien, welche eine dünne Hautschicht aufweisen und gut durchblutet sind. Dort fällt es der Zecke nämlich einfacher, an ihre Blutnahrung zu kommen.

Grundsätzlich könne eine Zecke aber am ganzen Körper zustechen oder noch herumkrabbeln, bis sie eine passende Einstichstelle gefunden hat. Ob Zecken dabei gewissen Personen bevorzugen – beispielsweise aufgrund des Geruchs wie von einigen Moskitos bekannt ist –, ist bisher unklar.

«Beim Umherstreifen im Wald sollte man lange und helle Kleidung tragen – und am besten die Hosen in die Socken stecken.»

Cornel Fraefel, Professor für Virologie an der Uni Zürich

Was kann ich bei einem Zeckenstich tun?

Hat es dich trotzdem erwischt, ist wichtig, die Zecke so schnell wie möglich zu entfernen. Denn grundsätzlich gilt: Je länger die Zecke Blut saugt, desto eher überträgt sie Krankheiten. Am einfachsten nutzt man dazu eine spitze Pinzette. Hat man keine zur Verfügung, kann man den Blutsauger aber auch mit den Fingern entfernen.

Falls möglich sollte das Herausziehen an sich gleichmässig und gerade nach oben geschehen, sodass idealerweise auch der Zeckenkopf mitkommt. Falls dieser aber steckenbleibt, ist das kein Grund zur Sorge: Dieser wird von der Haut mit der Zeit herausgearbeitet.

Die Einstichstelle sollte desinfiziert, gegebenenfalls fotografiert und anschliessend bis zu einen Monat beobachtet werden. Die entfernte Zecke sollte man dann idealerweise im Gefrierfach aufbewahren und notieren, wo und wann man sie aufgelesen hat. Diese kann dann später im Labor genauer auf Erreger untersucht werden, falls Symptome aufgetreten sind. Und sobald sich solche bemerkbar machen, ist es ratsam, einen Arzt aufzusuchen.

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Dieser Artikel ist zuerst am 16. Juni 2021 auf higgs.ch erschienen. Wir durften ihn vom unabhängigen Wissenschaftsmagazin übernehmen – grosses Merci an die Kolleg*innen! Hier kannst du higgs unterstützen.

Klein, aber oho.

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