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Authentischer wird’s nicht: Basler Politikerinnen* und ihre Hashtags im Wahlkampf

Wahlkampf im Internet hat immer etwas Selbstgebasteltes. Eine Prise Imperativ hier, ein bisschen Zwinkerzwinker da. Wir haben uns vier Basler Beispiele vorgenommen und eiskalt bewertet.

08/28/19, 12:00 PM

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Es wird ja gerne über die Verprofessionalisierung politischer Kommunikation gejammert. Besonders im Wahlkampf. Keine Interview-Zeile, die nicht zigfach gegengelesen und ordentlich glattgebügelt in die Zeitungen kommt, ojemine, wo bleibt da die Authentizität?

Es muss mal gesagt sein: Authentisch ist, was alle Inhaltsentkernungsmassnahmen passiert, und also geläutert vors Volk tritt. Diese ganz und gar künstliche Rede, die ist real. Akzeptieren wirs endlich.

Umso mehr, als dass unsere Politikerinnen* im Wahlherbst 2019 ohnehin zu «subversiveren» Mitteln greifen, um «bei den Leuten» zu sein. Hashtags nämlich.

Hashtags sind die Internet-Autobahn des kleinen Mannes, da fährt er mit seinem Huawei oder dem Samsung entlang und lässt sichs unter Gleichgesinnten gutgehen. Man kann diese Internet-Autobahn auch selber bauen, indem man einen eigenen Hashtag kreiert.

Und hier sind wir erstens wieder beim Thema und zweitens wider Erwarten plötzlich ganz nah dran. Hashtags haben immer etwas Selbstgebasteltes, etwas Slogan-eskes. Eine Prise Imperativ hier, ein bisschen Zwinkerzwinker da. Hashtags sind die Mitklatsch-Verschlagwortung der Politiker*in-Persona. Authentischer wird’s nicht. Vier Beispiele.

Sibel Arslan: #sibelbleibt

Der ist klasse, da weiss man gleich, woher der Wind weht. Kurz ausbuchstabiert: Sibel bleibt im Nationalrat. Was wir mitlesen: Wagt es nicht, diesen Sitz, anzugreifen, sonst kriegt ihr es mit dem schwarzen Block zu tun. In diesem Hashtag steckt ordentlich street credibility, denn er kopiert den Besetzer-Sound des Uniprekariats. Wir erinnern uns: #Elsibleibt. #Erlebleibt. Tolle Projekte, leider im Tränengas erstickt. Aber diese Unverbesserlichkeit, die imponiert. Dieser Hashtag lebt von der Erotik des Widerstands, mobilisiert Zielgruppen und transportiert einen Hauch Selbstironie. 5 von 5 Likes.

Katja Christ: #KatJA

Dieser Hashtag erinnert uns ein wenig an die Zeit, in der wir unsere ersten Handyvertrag unterschreiben sollten und dachten: Jetzt muss eine coole Unterschrift her. Eine mit Pep. Dann haben wir lange auf unseren eigenen Namen gestarrt und einen Nachmittag lang crazy Entwürfe ins Notizheft getaggt. Kurz ausbuchstabiert: Sag JA zu Katja Christ als Regierungsrätin. War diese Erklärung jetzt nötig? #KatNEIN. In diesem Hashtag steckt alles und irgendwie leider auch nichts. Deshalb nur 2 von 5 Likes.

Eva Herzog: #KlareSacheEva

Dieser Hashtag hat uns sofort zum Lachen gebracht und das ist ja schonmal sehr positiv. Volk, wählst mich ins Stöckli? Na, #KlareSacheEva. Das hat sowas Bob-der-Baumeister-haftes. Können wir das schaffen? #KlareSacheEva. Das taugt einfach als Antwort auf alles, der hat das Zeug zum Running Tag. Was uns ein bisschen irritiert, vor allem bei einer wie der #KlareSacheEva: Dass wir schon zum dritten Mal mit dem Vornamen arbeiten müssen, wenn wir über unsere Würdenträgerinnen twittern wollen. Andererseits: Wir sind das Volk. Und bei diesem Hashtag können wir uns gleich wohlig unterhaken. #KlareSacheEva, eine von uns. 3 von 5 Likes.

Laetitia Block: #BlocknachBern

Hören Sie das? Da sind unsere Knöchel die dreimal auf die Tischplatte klopfen wenn wir fordern: #BlocknachBern. Gradlinig, schnörkellos, Marschmusik. Drei Silben für ein Halleluja, oder ausbuchstabiert: Wählt Laetitia Block, Präsidentin der JSVP Basel, in den Nationalrat. Clever auch, dass sich die Jungpolitikerin jede Kumpelei verbittet und als Einzige mit ihrem Nachnamen politisiert. Kumpelei ist der Sympathie-Spaten der Eliten, mit dem er die harte Scholle Volk beackert. An der Basis wird derweil gearbeitet. Bescheiden, beharrlich, Block. Ein bisschen zu brav vielleicht. 4 von 5 Likes.

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