«Viele Paare teilen sich die Erwerbsarbeit nicht so auf, wie sie wollen»

SP-Regierungskandidat Kaspar Sutter geht im Getöse des zweiten Wahlgangs ein bisschen unter. Wir haben ihm Fragen zur rot-grünen Finanzpolitik, Kitas und Parkplätzen gestellt. Dieser Mann spuckt schneller Positionen aus, als man mitschreiben kann.

Kaspar Sutter landete im ersten Wahlgang auf Platz sechs – nach der Newcomerin Stephanie Eymann (LDP) und vor dem bisherigen Baschi Dürr (FDP). Dass er es im zweiten Wahlgang in die Regierung schafft, gilt als gesetzt. Fragt sich nur: In eine rot-grüne Mehrheit mit Heidi Mück von der Linksaussenpartei BastA!, mit einer – nennen wir es Mitteregierung – mit Esther Keller (GLP) in der Mitte oder sogar mit einer bürgerlichen Mehrheit mit Stephanie Eymann UND Baschi Dürr von der FDP?

Dieses Strategisieren, Rechnen und Wahlkämpfen ist wichtig und beschäftigt Basel seit Wochen. Wir wollen aber hier über Inhalte reden.

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Zur Person

Kaspar Sutter berät mit seiner Firma öffentliche Körperschaften in den Bereichen Strategie, Finanzen und politische Prozesse. Von 2009 bis 2017 war er Generalsekretär im Finanzdepartement von Eva Herzog, seit 2017 sitzt er für die SP im Grossen Rat. Studiert hat er Ökonomie an der HSG, links ist er trotzdem geblieben.

Herr Sutter, vor ein paar Tagen habe ich LDP-Regierungskandidatin Stephanie Eymann interviewt. Sie hat das Interview gegengelesen, jedoch kaum etwas geändert. Können wir beide uns beim Redigieren auch ans gesprochene Wort halten?

 Kaspar Sutter: Ja, das ist okay für mich. Sind Klärungen möglich?

Ja, wenn sie dem Verständnis der Leser*innen dienen oder es um die Korrektur inhaltlicher Fehler geht.

Okay.

Sie und Ihre SP fordern Gratis-Kitas für alle. Warum?

Für mich ist die Gleichstellung von Mann und Frau sehr wichtig. Die Vereinbarkeit von Beruf und Familie ist dabei ein wichtiges Element. Wenn die Kinder kommen, gehen die Lebensrealitäten von Mann und Frau häufig auseinander. Und deshalb habe ich mich als Grossrat stark dafür eingesetzt, dass Tagesstrukturen auch in den Ferien offen sind – jetzt haben wir dank meiner Motion endlich drei offene Standorte.

Jetzt reden Sie von den Tagesstrukturen, also der Betreuung für Schulkinder. Ich fragte Sie aber nach der Initiative für Gratis-Kitas, da geht es um Kinder zwischen 3 Monaten und 7 Jahren.

Ich komme gleich drauf: Dass wir ein flächendeckendes Angebot bei den Tagesstrukturen haben, ist mir wichtig. Zur Initiative: Eine Mittelstandsfamilie, die zwei Kinder in der Kita betreuen lässt, zahlt bis zu 4400 Franken monatlich. Das ist zu viel und führt dazu, dass viele Paare sich die Erwerbsarbeit nicht so aufteilen, wie sie wollen. Sondern eine Person nur ein kleines Pensum oder keiner Erwerbsarbeit nachgeht – und das sind meistens die Frauen. Und wenn wir Gleichstellung erreichen wollen, müssen wir schauen, dass die Kinderbetreuung günstiger wird. Wir fordern, dass die Kitas wie die Volksschule Teil des Service Public werden und durch Steuern, statt durch Kopfbeiträge bezahlt werden.

«Ich möchte konkrete Veränderungen.»
Kaspar Sutter zu seinem Nein zu Gleichstellungskurse für frisch gebackene Eltern

Der freisinnige Justizdirektor Baschi Dürr kritisiert, dass er mit seinem hohen Regierungslohn auch von dieser Gratis-Kita profitieren würde. Sogar Millionär*innen könnten ihre Kinder dann gratis in die Kita schicken. Ist das nicht ein bisschen übertrieben?

Das ist komplett falsch. Millionär*innen zahlen deutlich mehr Steuern. Wahrscheinlich ist das der Grund, weshalb Baschi Dürr sich wehrt: Er würde über die Steuern mehr für die Kitas zahlen als heute. 

SP-Grossrätin Barbara Heer fordert Gleichstellungskurse für frisch gebackene Eltern. Haben Sie ihren Vorstoss unterschrieben?

Das weiss ich nicht mehr. 

Sie haben nicht unterschrieben.

Ich möchte konkrete Veränderungen: Wie teuer ist die Kinderbetreuung? Ist Teilzeit-Arbeit beim Kanton und bei Basler Firmen möglich? Es muss auch Teilzeit-Möglichkeiten für Väter geben. Damit sie ihren Teil an der Betreuungsarbeit wahrnehmen können.

Die Gratis-Kitas würden ungefähr 100 Millionen Franken im Jahr kosten, richtig?

Wir Initiant*innen haben mal eine Hochrechnung gemacht und kommen auf 60 bis 100 Millionen Franken. Für eine präzisere Rechnung fehlen uns die notwendigen Zahlen. So ist zum Beispiel nicht berücksichtigt, was durch die höhere Erwerbsquote der Eltern wieder retour fliesst an Steuereinnahmen. Deshalb gehe ich davon aus, dass die Gratis-Kitas weniger als 100 Millionen Franken kosten. 

Das ist viel Geld.

Ja, aber es ist eine Investition in die Vereinbarkeit. Politisch stellt sich die Frage: Wollen wir die Vereinbarkeit und die Familien unterstützen oder lieber Steuersenkungen für Aktionär*innen oder Kapitalbezüger*innen, wie es die Bürgerlichen kürzlich im Grossen Rat durchsetzen wollten? 

SP-Finanzdirektorin Tanja Soland sagte selbst, der Kanton könne sich das nicht leisten. Sind Sie sich da uneinig?

Rot-grün steht ein für stabile Finanzen. Uns ist klar, dass die Umsetzung finanzierbar sein muss. Nächstes Jahr werden Regierung und Parlament über die Initiative und allenfalls einen Gegenvorschlag beraten. Dann werden wir besser wissen, wie die finanzielle Situation angesichts von Corona aussieht. Und dann müssen wir Lösungen finden, wie die Gratis-Kitas finanzierbar sind. Vielleicht sind sie nur teilweise finanzierbar, vielleicht in Etappen, vielleicht auch ganz, wenn man auf Steuersenkungen verzichtet.

«Wir haben die Schulden so massiv abgebaut, dass wir jetzt in Zeiten von Corona in den Klimaschutz investieren können.»
Kaspar Sutter zu den von der SP geplanten Ausgaben

Die SP plant noch weitere Ausgaben. Zum Beispiel ein Impulsprogramm mit Weiterbildungs- und Klimamassnahmen. Wieviel haben Sie dort budgetiert?

Ja, aber das sind ja Investitionen, nicht einfach nur eine wiederkehrende Ausgabe über das Budget. Wir wollen gerade in der Corona-Krise einen Wert schaffen, der Jahre anhält.

Hat Basel-Stadt das Geld dazu?

Wir haben jetzt die Schulden so massiv abgebaut, von 3,3 Milliarden, die die Bürgerlichen hinterlassen haben, auf unter einer Milliarde. Das gibt uns jetzt den Handlungsspielraum, in Zeiten von Corona in den Klimaschutz zu investieren.

Die Bruttoschulden sind dreimal höher als im Schweizer Durchschnitt, wie FDP-Präsident Luca Urgese wiederholt kritisiert. 

Ja, die Bürgerlichen reden immer von den Bruttoschulden. Entscheidend sind aber die Nettoschulden.

Erklären Sie bitte den Unterschied. 

Von der Bruttoschuld zieht man alles Finanzvermögen ab, alles was Wert hat. Zum Beispiel das Rosentalareal, das die Stadt gekauft hat und das auch einen Ertrag erwirtschaftet. Entscheidend etwa für die Schuldenbremse und andere gesetzliche Vorgaben ist die Nettoschuld. Und die betrug am Ende der bürgerlichen Regierungsmehrheit 3,3 Milliarden Franken. Herr Urgese soll mal rechtfertigen, warum die Bürgerlichen so viel Schulden hinterlassen haben. 

Und die Bruttoschulden?

Die Zahl kenne ich nicht. Aber wenn wir als Kanton Areale und Liegenschaften kaufen, dann ist das gut, auch wenn dadurch die Bruttoschulden steigen.

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(Bild: Statistisches Amt BS)

Was ist, wenn die USA Druck auf die Medikamentenpreise aufsetzen und unsere Pharma plötzlich weniger Geld und Basel-Stadt ergo weniger Steuereinnahmen macht und gleichzeitig auch noch Schulden zurückzahlen muss. Wie machen wir das? Das Rosentalareal können wir ja nicht verkaufen, wegen der linken Bodeninitiative.

Das wollen wir auch nicht, schliesslich sind das Rosental- und die anderen Areale Cashcows, mit denen wir jedes Jahr über Mieter*innen und Baurechtsverträge Erträge erwirtschaften. Das zu veräussern, um Schuldzinsen zu sparen, wäre ökonomisch nicht sehr schlau.

«Wir senken die Steuern nur, wenn der Handlungsspielraum da ist, das ist der Unterschied zu den Bürgerlichen.»
Kaspar Sutter über den Umgang mit dem Finanzvermögen des Kantons

Aber in Zukunft soll beispielsweise Immobilien Basel-Stadt weniger Rendite machen, wenn es nach Finanzdirektorin Tanja Soland geht.

Wir brauchen im Finanzvermögen beides: Wohnungen, die wenig Rendite machen, also zum Beispiel in Kostenmiete an tiefere Einkommen vergeben werden. Genauso wie Liegenschaften, wo wir eine Rendite erwirtschaften. Bis jetzt ist das Finanzvermögen eine ertragsreiche Quelle. Rot-grün geht vorsichtig mit dem Geld um. Wir senken nicht immer Steuern, sondern nur dann, wenn der Handlungsspielraum da ist, das ist der Unterschied zu den Bürgerlichen.

Dafür sind die Sozialausgaben und die Kulturausgaben gestiegen.

Ja, aber schauen Sie an, um welche Art von Sozialausgaben es sich handelt: Es sind vor allem die Ergänzungsleistungen, weil die Menschen älter und pflegebedürftig werden. Ja, dort gibt der Kanton mehr Geld aus. Auf der anderen Seite sind es Mietzinsbeiträge – die Mieten steigen nun mal, hier wollen wir Familien unterstützen.

Und die Prämienverbilligungen hat Rot-grün auch erhöht.

Ja. Die Krankenkassenprämien steigen leider, und die Regierung erhöht – zum Glück – die Verbilligungen, damit der untere Mittelstand die Krankenkasse überhaupt noch bezahlen kann. Anders als in den bürgerlichen Kantonen, welche die Prämienverbilligungen gekürzt oder höchstens noch stabilisiert haben. Und, das muss ich betonen: Es geht hier nicht um Sozialhilfe. Es geht um Beiträge für Haushalte des unteren oder mittleren Mittelstands.

Auf was wollen Sie hinaus: Die steigenden Sozialausgaben des Kantons gehen nicht aufs Konto von Armutsbetroffenen?

Das Wachstum betrifft vor allem den Mittelstand und es ist richtig, dass Rot-grün hier die soziale Verantwortung wahrnimmt.

«Es macht ökonomisch keinen Sinn, in einer Kernstadt einen riesengrossen Schrottplatz zu betreiben bei diesen Bodenpreisen.»
Kaspar Sutter zur Frage, weshalb kleine Firmen lieber ins Baselbiet ziehen

Wie wäre es, wenn Basel einen Pharmafonds äufnen würde, so wie Norwegen mit dem Ölfonds? Dann hätte man Geld auf der Seite für den Sozialstaat in schwierigen Zeiten.

Rot-grün hat jetzt in 16 Jahren lang die Schulden abgebaut, die die Bürgerlichen hinterlassen haben, diese von 3,3 Milliarden auf 1 Milliarde Franken reduziert. Das gleiche bei den Pensionskassen: Die Bürgerlichen haben eine Deckungslücke von 2,4 Milliarden Franken hinterlassen, jetzt ist sie ausfinanziert. Wir haben über 4 Milliarden Schulden der Bürgerlichen abgebaut, das gibt uns den Spielraum, jetzt in der Krise gewappnet zu sein.

Haben wir das wirklich der vorausschauenden rot-grünen Finanzpolitik zu verdanken oder hatte die Linke einfach Glück, dass die Steuereinnahmen der Pharma so gesprudelt sind? Im Oktober hat SP-Finanzdirektorin Tanja Soland schon wieder Überschüsse präsentiert, die so nicht budgetiert waren – die also weder vorausgesehen, noch eingeplant wurden. Ähnlich erging es auch Vorgängerin Eva Herzog und Ihnen als ihrem Generalsekretär.

Es ist beides. Selbstverständlich hat Rot-grün eine hervorragende Standortpolitik gemacht. Firmen kommen gerne nach Basel, ebenso wie Menschen. In den 70er-Jahren wohnten 230'000 Menschen in unserem Kanton. In den bürgerlichen Zeiten hat die Bevölkerung massiv abgenommen auf 188'000 Einwohner*innen. Das kehrte mit der linken Regierungsmehrheit: Seit etwa 2005 wandern die Leute wieder zu und zahlen hier Steuern. Wir haben einerseits den Wirtschafts- und Lebensstandort gestärkt und auf der anderen Seite ist Rot-grün vorsichtig mit dem Geld umgegangen.

Dafür wandern mehr kleine Unternehmen ins Baselbiet ab.

Es sind sehr viele Arbeitsplätze entstanden in unserem Kanton. 10’000 in der ganzen Zeit. Es ist attraktiv für die Firmen, hier Arbeitsplätze zu schaffen.

Aber nicht für alle, offenbar. Handwerksbuden, zum Beispiel.

Ja, das ist so. Es gibt gewisse Firmen, die wegen der steigenden Bodenpreise ins Umland gehen. Das ist ein Strukturwandel, der stattfindet. Ein Beispiel: Es macht ökonomisch keinen Sinn, in einer Kernstadt einen riesengrossen Schrottplatz zu betreiben bei diesen Bodenpreisen.

Heisst das, Sie nehmen in Kauf, dass kleine Firmen ins Baselbiet ziehen müssen?

Nein, ich möchte, dass es auch zahlbaren Gewerberaum gibt. Ich fände es sinnvoll, wenn man den Genossenschaftbereich auf KMU ausdehnen würde. Damit diese bei steigenden Mietpreisen trotzdem bezahlbare Flächen finden.

Wie muss ich mir das vorstellen: Würde der Kanton privaten Genossenschaften auch Land im Baurecht abgeben, wie bei den Wohnungen?

Ja, das ist eine Möglichkeit. In Zürich haben sie ähnliche Projekte, die aber von Stiftungen finanziert werden. Sie entziehen dem privaten Immobilienmarkt den Boden und halten die Mieten tief.

«Im Biozentrum sind wirklich Fehler passiert, da müssen wir die notwendigen Erkenntnisse daraus ziehen.»
Kaspar Sutter zu den masssiven Mehrausgaben beim Biozentrum-Bau

Stellen Sie sich vor, Sie werden gewählt und werden Baudirektor. In der Vergangenheit betreute das Baudepartement einige Projekte, die Millionen Franken teurer herauskamen, als budgetiert. Das Biozentrum, das Kunstmuseum, auch der Neubau fürs Amt für Umwelt und Energie (AUE). Wie würden Sie verhindern, dass das nochmals passiert?

Die meisten Bauprojekte des Kantons werden im vorgegeben Budgetrahmen erfüllt.

Welche?

Beispielsweise die Schulhaussanierungen im Umfang von 900 Millionen Franken, ein hochkomplexes Projekt. Im Biozentrum sind wirklich Fehler passiert, da müssen wir die notwendigen Erkenntnisse daraus ziehen damit man in Zukunft die Kosten besser im Griff hat.

Beim neuen AUE-Bau liegt das Problem bei überteuerten Solarpanels, man will da die neuste Technologie haben und das wird teurer als budgetiert.

Ja, da hat man die Anforderungen geändert und dies führt zu höheren Kosten.

Wie geht es Ihnen eigentlich, Sind Sie noch glücklich in diesem Gespräch?

Alles gut.

«Wir müssen uns gut überlegen, was wir auf der Allmend haben möchten.»
Kaspar Sutter zur Parkplatz-Diskussion

Welche Parkplätze würden Sie als Verkehrsdirektor als erstes abbauen?

Unser Raum im Kanton Basel-Stadt ist enorm knappes Gut. Das Ziel ist nicht, Parkplätze abzubauen. Wir müssen uns gut überlegen, was wir auf der Allmend haben möchten. Wollen wir diese Fläche für Autos, die den ganzen Tag dort stehen? Oder wollen wir die Allmend auch für anders? Also zum Beispiel fürs Gewerbe, das nur kurzfristig hält. Oder machen wir Platz für mehr Sicherheit für Velofahrer*innen und Fussgänger*innen, für einen besseren Verkehrsfluss, einen Baum oder eine Grünfläche?

Wie viele Parkplätze weniger wollen Sie auf der Allmend?

Meine Überzeugung ist: Die langzeitparkierten Autos sollen möglichst auf privatem Grund unter der Erde abgestellt werden und nicht auf der wertvollen Allmend, die zum Nutzen für alle da ist.

Dafür wollen Sie eine Velooffensive. Was heisst das?

Wir haben an vielen Orten eine gute Veloinfrastruktur in Basel. Aber immer, wenn es gefährlich wird, hört sie auf.

Wo zum Beispiel?

Beim Dorenbachkreisel. Oder vorne bei der Margarethenkreuzung vor der Markthalle. Das sind hochgefährliche Stellen. Eine Möglichkeit wäre, endlich die Brücke entlang der Eisenbahn über den Zolli zu bauen.

Die hat die Stimmbevölkerung abgelehnt.

Nein, die wurde nicht abgelehnt.

Gut: Der Veloring wurde abgelehnt und die Brücke war Teil davon.

Ja, aber jetzt möchten wir das eine Stück von A nach B, also diese Brücke, realisieren.

Hä, was?

Laut Smartvote wollen Sie die BVB wieder in die Verwaltung integrieren?

Die Verantwortlichkeiten wären ein Stück klarer, wenn die BVB Teil der Verwaltung wären. Dies wäre ein gangbarer Weg. Aber für mich ist es durchaus möglich, dass die BVB so bleibt, wie sie ist. Die demokratische Kontrolle bei der öffentlich-rechtlichen Anstalt ist gegeben und es gibt in gewissen Gebieten eine höhere Flexibilität. Wichtig ist, dass man eine klare politische Führung wahrnimmt bei diesem Betrieb.

Das ist unter SP-Regierungsrat Hans-Peter Wessels nicht passiert..?

Die kann man sicher stärken.

Würden Sie auch die Spitäler wieder integrieren?

Ich finde die heutige Rechtsform als öffentlich-rechtliche Anstalt richtig. Ich habe gemeinsam mit der Basler Stimmbevölkerung die Umwandlung in eine privat-rechtliche Aktiengesellschaft abgelehnt, weil dadurch die demokratische Mitbestimmung deutlich reduziert worden wäre.

«Die beiden Kantonen arbeiten jetzt zusammen. Leider haben hier die Gesundheitsdirektoren den Zeitplan nicht eingehalten.»
Kaspar Sutter zur Spitalplanung

Sie haben sich an vorderster Front gegen die Spitalfusion ausgesprochen. Resultat: Wir haben immer noch zu viele Betten, zu hohe Prämien…

Ich bin froh, dass die Spitäler jetzt nicht in der Fusion stecken während der Corona-Krise.

Warum?

Eine Fusion hätte jetzt sehr viel Aufmerksamkeit weg von der Gesundheitsdienstleistung hin zum Management und Führungskämpfen gelenkt. Ich bin froh, dass sich die Spitäler jetzt auf ihren Grundauftrag, die Gesundheitsversorgung der Bevölkerung, konzentrieren können.

Wir haben aber immer noch zu viele Betten und zu hohe Kosten. Und jetzt in der Corona-Krise auch noch zu wenig Einnahmen.

Die Grundidee der Fusion ist ja eine gute, dass die Spitäler zusammenarbeiten und der Standort optimiert wird. Nur die Umsetzung war halt schlecht. Man hat zu wenig konzentriert, beispielsweise das Spital Laufen aufrechterhalten, Basel-Stadt hätte dies einfach weiterfinanziert.

Als Zückerli fürs Baselbiet.

Und jetzt nach der abgelehnten Fusion macht man endlich den Schritt zu einem ambulanten Zentrum und weg von einem stationären Akutspital.

Ist denn eine Zusammenarbeit mit den Baselbieter*innen möglich, ohne dass man ihnen ein Zückerli gibt?

Zusammenarbeit findet ja jetzt statt: Die beiden Kantonen arbeiten zusammen bei der aktiven Spitalplanung. Leider haben hier die Gesundheitsdirektoren den Zeitplan nicht eingehalten.

Spitalplanung heisst, der Kanton steuert, welche Spitäler welche Eingriffe anbieten, damit es nicht zu viele Angebote und unnötige Operationen gibt. Denn je mehr Angebote, desto höher die Gesundheitskosten...

Das hätten der frühere Gesundheitsdirektor Carlo Conti und der jetzige, Lukas Engelberger (beide CVP), bereits vor zehn Jahren machen müssen, bei der Einführung der neuen Spitalfinanzierung. Und man muss auch bei den Infrastrukturen analysieren, wie der Bedarf ist.

Welche Infrastrukturen?

Das Claraspital hat einen neuen Trakt, das Merian Iselin baut aus, das Bethesda hat schon, die öffentlichen Spitäler wollen auch gross investieren. Braucht es diese Investitionen für die Gesundheitsversorgung oder wird hier aufgrund von Konkurrenzkampf überinvestiert?

«Es braucht mehr Unterstützung.»
Kaspar Sutter zu den Unterstützungsmassnahmen des Bundes

Ich mache jetzt mal einen Punkt bei meinen Fragen. Worüber möchten Sie noch reden?

Ich denke, wir haben bereits viele Themen besprochen.

Ich bin erstaunt: Kein Thema, dass Sie noch platzieren möchten?

Doch Corona.

Also hopp.

Wir haben mit der zweiten Welle eine schwierige Situation, gerade für viele Kulturschaffende und Selbstständige. Der Bund hat zwar auf Druck der SP Schweiz die Selbstständigenentschädigungen wieder aktiviert. Aber nur für Selbstständige, die eine Umsatzeinbusse von über 55 Prozent haben. Aber auch ein Selbstständiger, der 40 Prozent verliert, ist in seiner Existenz bedroht. Meiner Meinung braucht es mehr Unterstützung, deshalb habe ich den Regierungsrat in einer Interpellation angefragt, ob er die Massnahmen des Bundes aufstocken kann.

Basel-Stadt 
hat während der ersten Welle Millionen von Franken für Corona-Massnahmen gesprochen. Würde Ihre Selbstständigenunterstützung auch aus diesem Topf finanziert werden?

Das frage ich auch in der Interpellation – ob und wie viel Geld noch im Topf ist. Aber ich denke, es ist gut investiertes Geld. Denn wenn wir nachher Konkurs und Arbeitslosigkeit haben, sind die langfristigen Kosten für uns als Gesellschaft grösser.

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Hier weil: Das Hobby meines Mannes finanziert sich nicht von alleine.

Davor: Chefredaktorin im Lokalmedium meines ❤️-ens (Bajour), TagesWoche (selig), Gesundheitstipp und Basler Zeitung

Kann: alles in Frage stellen

Kann nicht: es bleiben lassen

Liebt an Basel: Mit der Familie am Birsköpfli rumhängen und von rechts mit Reggaeton und von links mit Techno beschallt zu werden. Schnitzelbängg im SRF-Regionaljournal nachhören. In der Migros mit fremden Leuten quatschen. Das Bücherbrocki. Die Menschen, die von überall kommen.

Vermisst in Basel: Klartext, eine gepflegte Fluchkultur und Berge.

Interessensbindungen:

  • Vorstand Gönnerverein des Presserats
  • War während der Jugend mal für die JUSO im Churer Gemeindeparlament. Bin aber ausgetreten, als es mit dem Journalismus und mir ernst wurde.

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