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Dave, mach was

Beim FC Basel stehen die Zeichen auf Sturm. Der sportliche Knall um den Abgang von Patrick Rahmen ist das eine, aber es geht auch um andere Probleme: Wir wissen nicht mehr, was abgeht. Eine Mail an FCB-Verwaltungsrat David Degen.

02/22/22, 05:23 PM

Aktualisiert 02/23/22, 12:14 PM

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Klärt hier bestimmt irgendwas: David Degen am Handy.

Klärt hier bestimmt irgendwas: David Degen am Handy. (Foto: Keystone-SDA)

Nimms mir nicht übel, David Degen (oder kann ich Dave sagen, wie andere Kolleg*innen im Joggeli-Pressezentrum das machen)? Also, Dave, nimms mir nicht übel, aber ich bin ein bisschen traurig und leise enttäuscht. 

Als ich gestern von der Entlassung des Cheftrainers Patrick Rahmen erfahren habe und kurze Zeit später auf Twitter gesehen habe, dass der ehemalige deutsche Bundestrainer Jürgen Klinsmann der neue FCB Trainer wird – da habe ich das kurz geglaubt. Im Normalfall bin ich gut darin, mich von Fake News im Internet nicht täuschen zu lassen. Das ist sozusagen mein Job. Aber ich bin eben auch emotional teilnehmender Beobachter des FCB. 

Dass ich die Täuschung erst für echt gehalten habe (und ich war damit nicht alleine), ich sag mal so: Das ist kein gutes Zeichen

(Foto: Twitter @gabrielvetter)

Es ist kein gutes Zeichen, weil es die Verunsicherung rund um den FCB sinnbildlich zusammenfasst. Die Konstanz, die Du von Anfang an eingefordert hast und auf die Du gepocht hast, ist zu einer Art anything goes geworden. Aber nicht zu einem Winner-anything goes sondern vielmehr zu einem Wildwest-anything goes. Was mich beunruhigt, ist erst in zweiter Linie die ganze Sache mit dem Trainerwechsel, dazu komme ich gleich. 

Nein, was mich ganz nervös macht, ist die Sache mit der Kommunikation.

Dave, jetzt mal unter uns: Wir, also ich und meine Fussballkumpels und die anderen 20’285 Zuschauer*innen, die am Samstag am Lausanne-Heimspiel auf der Tribüne sassen: Wir sind doch nicht doof.

Gesamtentwicklung was?

Du hast im Dezember dem Sonntagsblick erzählt, dass die Mannschaft toll sei, aber in der Tabelle schlecht dastehe, was alle als Angriff auf Patrick Rahmen auffassten. Du hast in der Winterpause zwei diplomierte Assistenztrainer geholt, aber dann doch Patrick Rahmen mit einem Cheftrainervertrag ausgestattet. Du hast in der Rückrunde drei halbgute Spiele gesehen und ein 3:0 gegen Lausanne, vom dem wir dachten, es sei endlich einmal toll gelaufen, weil die neuen Spieler Szalai, Pavlovic und Katterbach so gut gespielt haben. Irgendwo stand, Du hättest ein goldenes Händchen auf dem Transfermarkt. 

Aber dann hast Du zwei Tage nach dem Spiel Patrick «Päddi-ein-vo-uns»-Rahmen entlassen und Boris «sechs-Wochen-haben-mir gereicht»-Smiljanic ging von selbst. Und Du hast in einem Video über die Club-eigenen Social-Media-Kanäle verlauten lassen:

Ihr wolltet mit Pädy erfolgreich sein, doch «die Gesamtentwicklung und die Perspektive hat gefehlt».

(Foto: Twitter @fcbasel1893)

Komm, Dave, wir sind doch nicht doof. 

Nach allem, was wir von mehreren voneinander unabhängiger Quellen am Telefon erfahren haben, waren die Gründe komplizierter. Man kann das auch in den anderen Medien nachlesen. Es heisst, Du seist nach dem Lausanne-Spiel in der Kabine gewesen und hättest den Trainerstaff wegen der Einstellung des Teams vor allem in der ersten Halbzeit «zusammengefaltet» (O-Ton Dritte Halbzeit). Es heisst ausserdem, es sei in der Personalie des Flügelspielers Sebastiano Esposito zwischen dir und dem Trainerstab zu Meinungsunterschieden gekommen. 

Du hältst viel von diesem Spieler, so ist zu hören und, unter uns, ich find auch, der spielt ganz gut. 

Fans wollen Klarheit

Aber da war auch die Anekdote mit der verweigerten Einwechslung von Esposito gegen Karabach. Da war die rote Karte gegen GC wegen einer Unsportlichkeit. Im Blick steht, Esposito soll sich im Abschlusstraining vor dem Lausanne-Spiel mit dem Trainerstaff angelegt haben. Er soll die Worte «halt die Klappe» geraunzt haben. 

Esposito sass in den vergangenen Spielen öfter erst einmal auf der Bank, anstatt zu spielen. Vielleicht als Erziehungsmassnahme, ich will da nicht über die Gründe des Trainers spekulieren. Aber Du hättest ihn lieber spielen gesehen, heisst es, weil Du viel von ihm hältst. Es sei dann, nun ja, hinsichtlich der Aufstellung zu gewissen Zuständigkeitsdifferenzen gekommen zwischen dir und dem Trainer. Jetzt ist Rahmen weg. Esposito gefällt das.

Als Social-Media-Profi wird dir nicht entgangen sein, dass auf Instagram, Twitter und vielleicht sogar auf Facebook ganz viele Fans inhaltlich ähnliche Kommentare schreiben, wie ich das hier tue. Wir bei Bajour haben unsere Leser*innen auf unterschiedlichen Kanälen gefragt, wie sie die Entlassung von Patrick Rahmen fanden, und ich muss dir mitteilen: Die wenigsten verstehen, was abgeht. 

Umfrage auf dem Instagram-Kanal von @bajourbasel. 77 Prozent der User*innen finden Rahmens Entlassung schlecht.

Umfrage auf dem Instagram-Kanal von @bajourbasel. 77 Prozent der User*innen finden Rahmens Entlassung schlecht. (Foto: Instagram @bajourbasel)

Das Problem der Fans ist augenscheinlich weniger Rahmens Abgang, dort kritisieren viele vor allem den Zeitpunkt. Am Sonntag muss der FCB schliesslich gegen den Tabellenführer FCZ ran. Nein, viele wundern sich über die Art und Weise, wie der FCB mit dem Personal umgeht und das dann eigenartig fahrig kommuniziert.

Ich folge dir auf Instagram und da hast Du an Neujahr dieses ikonische Foto gepostet. Du warst in Dubai oder einem anderen Get-away für Menschen mit mehr Erfolg als die meisten von uns. Das Foto transportiert die Botschaft einer winner-Personality mit den Wolkenkratzern und allem drum und dran im Hintergrund. In der Caption schreibst Du, 2021 sei ein Gamechanger gewesen und dass Du dich bei allen bedanken möchtest. Damit meintest Du wahrscheinlich die gelungene Übernahme des FC Basel von Alt-FCB-Präsident Bernhard Burgener. Für mich war das auch ein Gamechanger. Für viele Fans war das ein Gamechanger. 

David Degen auf Instagram.

David Degen auf Instagram. (Foto: Instagram @david_degen)

Mit Alt-FCB-Präsident Burgener war unter anderem die Kommunikation wirklich nicht einfach gewesen. Teilnehmende Beobachtung am FCB fühlte sich zeitweise an, wie Fischen in einem sehr trüben Teich. Heute hätte ich grosse Lust, auf dieser Terrasse in Dubai zu stehen. Klarheit. Vision. Gamechanger-Feeling. 

Aber ich sitze irgendwo im St. Johann und der Himmel ist grau. Dave, kannst Du da was machen?

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Mitarbeit: Alexander Vögeli

(Foto: Twitter @gabrielvetter)

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