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Gabriel Pellicanò gibt sein «Paradiesli» am Birsköpfli auf

Als Junge arbeitete Gabriel Pellicanò im Quartierlädeli seiner Eltern. Vor sieben Jahren übernahm er die Veranda am Birsköpfli. Jetzt ist Schluss.

04/08/22, 03:00 AM

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Gabriel bei seiner Veranda.

Gabriel bei seiner Veranda. (Foto: Ernst Field)

Es ist regnerisch und kalt am Birsköpfli an diesem Aprilmorgen. Gabriel Pellicanò fährt mit dem Cateringwagen der Veranda Pellicanò vor. Sieben Jahre führte Gabriel den Pavillon, jetzt zieht er sich zurück. Er will sich nach neuen beruflichen Herausforderungen umschauen, solange er noch jung genug ist, sagt er. Für die Familie soll auch mehr Zeit sein.

In der ganzen Breite bekannt

Die Geschichte des Familienbetriebs der Pellicanòs beginnt schon vor 42 Jahren. Gabriels Eltern, Natale und Antonia, übernahmen einen Quartierladen in der Breite. Ihr Geschäft machte viel durch. Nachdem ein paar Strassen weiter eine Coop-Filiale eröffnete, mussten sie umdenken, für die Kundschaft war es einfacher in einem grösseren Geschäft einzukaufen. 

Aus dem klassischem Quartierladen mit Lebensmitteln, Alltagsprodukten, Reinigungsmitteln, wurde ein Geschäft für italienische Spezialitäten. «Sapori d’Italia» hiess ihr Laden. Nebenbei startet die Familie einen eigenen Cateringservice.

Der Pelikan der Pellicanòs.

Der Pelikan der Pellicanòs. (Foto: Ernst Field)

Schon als Kind hilft Gabriel mit seinem Bruder fleissig mit. «Sobald ich über die Kasse schauen konnte, habe ich auch Leute bedient.» Wenn seine Schulkollegen im Geschäft vorbeischauen, klaut er ihnen ein paar Gummibärchen. «Der Laden war für uns ein Schlaraffenland», erinnert sich Gabriel. 

Dass sein Vater einen beliebten Laden besitzt, bringt aber auch Schwierigkeiten mit sich. Gegen aussen repräsentiert Gabriel schon im Kindesalter die Familie. Er muss allen «Griezi» sagen und sich anständig benehmen. «Wenn wir als Kinder Blödsinn gemacht haben und die Polizei gekommen ist, wussten sie genau, ich bin der Sohn vom Pellicanò. Sie brachten mich zu unserem Laden, um mit meinem Vater zu reden.»

Es ist normal, dass man mal «uff d Schnurre keit».

Nach seiner Ausbildung als Innendekorateur versucht sich Gabriel als Musiker. Als Rapper in seiner Hiphop-Gruppe Tempo al Tempo tritt er oft auf und produziert zwei Alben. Nach der Auflösung der Band zieht es ihn nach London zu seiner damaligen Partnerin. In Basel kennt man Gabriel, er braucht einen Tapetenwechsel. In England will er Karriere machen, doch der grosse Erfolg bleibt aus. Die Musikszene ist dort «eine andere Liga». 

Durch seine Erfahrung im Lebensmittelgeschäft und sein Sprachtalent arbeitet sich Gabriel beim renommierten Warenhaus Fortnum & Mason mit 20 zum Abteilungsleiter der Lebensmittelabteilung hoch. Doch 2003 erkrankt sein Vater schwer. Gabriel kehrt nach Basel zurück und übernimmt den Familienbetrieb. «Von einem Tag auf den anderen wusste ich, ich muss gehen, ich muss mein Leben in London abbrechen,» sagt Gabriel. «Ich überlege es mir nicht zweimal, wenn es um die Familie geht.»

«Ich überlege es mir nicht zweimal, wenn es um die Familie geht.»

Gabriel Pellicanò

In einer schwierigen Situation übernimmt Gabriel Verantwortung – er hält das Geschäft auf Kurs. Alles wird modernisiert und angepasst: Er überarbeitet das Konzept des Laden und bringt den Cateringservice auf Vordermann. Aber nicht alles läuft problemlos ab. Es sei normal, dass man mal «uff d Schnurre keit», meint der Unternehmer heute. Aber damals ist er noch jung und lernt stetig dazu.

Als der Pavillon am Birsköpfli 2014 ausgeschrieben wird, packt Gabriel zu. Als Kind verbrachte er oft Zeit am Birsköpfli, er nennt es sein «Paradiesli von der Breite». Im nächsten Jahr eröffnet die Veranda Pellicanò. In diesem Zug gibt er den Spezialitätenladen an der Schauenburgerstrasse auf. Sein Fokus verschiebt sich – wenn auch nur um ein paar hundert Meter.

Das Birsköpfli und die Veranda gehören zusammen.

Für Gabriel ist die Veranda Pellicanò ein Teil des Birsköpfli. «Der, der den Laden vorher geschmissen hat, hat sie von der restlichen Anlage abgeschnitten.» Gabriel entfernt das Geländer rund um den Pavillon und baut die Treppen so aus, damit man von überall hoch kommt. «Ich habe viel in den Park reingesteckt. Viel Geld, viel Energie und viel Herzblut», sagt Gabriel stolz über sein Engagement. Im Sommer kann man Stühle abholen und mit auf die Wiese nehmen. «Am Abend rufen wir einmal in den Park und dann werden sie zurückgebracht.»

Das Herzstück des Birsköpfli.

Das Herzstück des Birsköpfli. (Foto: Ernst Field)

Aber mit den WCs ist es schwierig. Die Veranda Pellicanò stellte ihre Toiletten der Öffentlichkeit zur Verfügung. «Das war mit viel Aufwand und Nerven verbunden.» Für viele Basler*innen, die einen Sommerabend am Birsköpfli verbringen, ist die Toilettenpolitik des Pellicano ein Segen.

«Ich habe viel in den Park reingesteckt. Viel Geld, viel Energie und viel Herzblut.»

Gabriel Pellicanò

Doch jetzt ist das Abenteuer «Veranda Pellicanò» vorbei. Gabriel will den Neuanfang. Konkrete Pläne hat er keine. «Ich fühle mich wie nach der Schule. Welche Tür öffnet sich für mich? Was wird mir in der Zukunft über den Weg laufen? Ich bin gespannt.» Eine naheliegende Möglichkeit ist der Eventbereich, dort konnte er mit dem Cateringservice schon Erfahrung sammeln.

Mit ihm verschwindet auch der Pellicanò-Name vom Pavillon, das ist schliesslich Gabriels Familienname. «Ich finde es ok, dass der Name Pellicanò weg kommt», sagt er gelassen. Nach über 40 Jahren Bekanntheit im Breite-Quartier endet dieses Kapitel.

Für Gabriel gingen Familie und Arbeit früher Hand in Hand. Seit er seine eigene Familie hat, versucht er die beiden Dinge nicht zu vermischen. Er spreche aus Erfahrung: «Familie und Geschäft sollten getrennt sein.» Seine Frau arbeitet nicht mit ihm zusammen. Seine Kinder, inzwischen 11 und 13 Jahre alt, mussten nicht – wie er einst – im Betrieb mithelfen. Die Arbeit habe schon genug Einfluss auf die Familie, sagt Gabriel. Während den Sommerferien war für die Veranda Pellicanò Hochsaison. In der Zeit, in der andere Familienferien machen, sah Gabriel seine Kinder kaum. Er will diesen Zyklus brechen. «Es längt!» Jetzt hat erstmal die Familie Priorität.

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