Dreirosen-Schulhäuser werden doch nicht bewacht
Drogendeals in der Schule, Belästigung auf dem Schulweg: Wegen dieser Vorwürfe kündigte Justizdirektorin Stephanie Eymann eine Bewachung der Schulhäuser rund um die Dreirosenanlage an. Ein Vorstoss forderte präzisere Infos. Diese zeichnen ein weniger aufgeregtes Bild.
Um die Drogenkriminalität im Kleinbasel einzudämmen, sollten unter anderem die Schulen rund um die Dreirosenanlage von privatem Sicherheitspersonal bewacht werden. Das kündigte LDP-Justizdirektorin Stephanie Eymann am Drogenstammtisch Ende Januar an, den Bajour zusammen mit dem Stadtteilsekretariat Kleinbasel organisiert. Jetzt rudert die Gesamtregierung zurück. So scheint es zumindest.
In einer Antwort auf einen Vorstoss der Grünen-Grossrätin Fleur Weibel, in dem sie eine saubere Faktenlage forderte, spricht die Exekutive nur noch von einer Option für den Fall, dass sich auf einem Schulareal ein Vorfall ereignet, der eine vorübergehende Bewachung rechtfertigen würde. Konkret heisst es: «Die Positionierung von Sicherheitspersonal direkt vor oder in den Schulhäusern kann vorübergehend sinnvoll sein, wenn es zu Vorfällen auf einem Schulareal kommt, welche die unmittelbare Präsenz von uniformiertem Sicherheitspersonal erfordern.»
Bisher keine Anzeigen
Zu derartigen Vorfällen ist es bis jetzt nicht gekommen, wie aus der Antwort ebenfalls hervorgeht. Damit wird den Ausführungen von Eymann zum Teil widersprochen, wonach auf dem Schulgelände gedealt werde. Unter Raunen des Publikums erläuterte die Sicherheitsdirektorin damals die mitgebrachte Massnahme: «Schüler*innen werden aktiv von Dealern auf Schultoiletten angesprochen und es gab sogar Vorfälle von sexueller Belästigung.» Gegenüber dem SRF-Regionaljournal ergänzte sie: «Den Zustand können wir nicht länger tolerieren, das ist einfach nicht normal.»
«Die Positionierung von Sicherheitspersonal direkt vor oder in den Schulhäusern kann vorübergehend sinnvoll sein, wenn es zu Vorfällen auf einem Schulareal kommt.»Antwort der Regierung auf den Vorstoss von Fleur Weibel, Grüne Grossrätin
Nun heisst es jedoch, dass bislang keine Drogendeals auf einem der Schulareale stattgefunden haben: «Die Schulen und die Kantonspolizei haben Kenntnis von Drogendeals, welche unmittelbar vor den Schulhäusern stattfinden. (...) Es ist zudem vorgekommen, dass sich Personen unter Drogeneinfluss auf dem Schulgelände aufgehalten haben und/oder Drogen auf dem Gelände konsumieren wollten.»
Das Gleiche gilt für sexuelle Übergriffe. Auch solche haben auf dem Schulgelände keine stattgefunden. In der Antwort heisst es: «Vorfälle von sexuellen Belästigungen auf dem Schulweg wurden von einzelnen Eltern erwähnt, unter anderem gegenüber dem Schulpersonal.»
Anzeigen gibt es allerdings weder in Bezug aufs Dealen noch auf die sexuelle Belästigung. Relativiert dies die Information durch Eymann von Ende Januar? Die Meinungen dürften auseinandergehen.
Problem nicht kleinreden
Fleur Weibel zeigt sich im Gespräch mit Bajour zufrieden mit der vorliegenden, doch sehr detaillierten Antwort auf ihre Interpellation. Eine genaue Auslegeordnung war ihr wichtig, bedeutete die von Eymann angekündigte Massnahme doch einen «Bruch mit den Gepflogenheiten in der Schweiz», wie Weibel in einem früheren Interview mit Bajour sagte. So benötigen die öffentlichen Schulhäuser hierzulande an sich keine Bewachung.
Fleur Weibel, Grossrätin der Grünen
Vor allem zufrieden zeigt sich Weibel denn auch, dass eine Bewachung durch private Security nun lediglich als «Option zur Verfügung steht, die nur dann zum Tragen kommt, wenn es tatsächlich zu gehäuften Vorfällen auf Schulgeländen kommen würde». Und eben nicht in jedem Fall eingeführt wird, wie bisher angenommen.
Weibel möchte das Problem nicht kleinreden, aber eben auch nicht grösser machen, als es ist. Sie findet, es müsse sorgfältig und unter Einbezug verschiedener Perspektiven geprüft werden, ob es Bewachungsmassnahmen an Schulen brauche. Ob einzelne Berichte von Eltern dafür ausreichen, stellt sie zur Debatte. Beispielsweise wisse sie von einer Befragung, die nun an einem Kleinbasler Schulhaus durchgeführt werden solle und die zum Ziel habe, das subjektive Sicherheitsempfinden der Schüler*innen zu ermitteln. Solche Schritte findet sie sinnvoll. Auch Schulleitungen und Schulrät*innen sollten miteinbezogen werden, sagt die Grüne, die sich gleichzeitig nicht anmassen will, die Situation abschliessend zu beurteilen. Dabei ist unbestritten: Auch Bewachungsmassnahmen könnten das Sicherheitsgefühl von Schüler*innen negativ beeinflussen.
Stephanie Eymann, LDP-Regierungsrätin
Vor diesem Hintergrund kritisiert Weibel die in ihren Augen «immer wieder dramatisierende Kommunikation» von Eymann. «Die Sicherheitsdirektorin hat einmal mehr einen Diskurs gewählt, der die Ereignisse stark zuspitzt.» Weibel spielt damit auf die Kommunikation rund um Demos und Gewalt an, aber auch auf die schlechte Kommunikation Anfang Januar, als die Polizei vermeldete, ihre Leute seien vor dem linken Szene-Lokal Hirscheneck von einem Mob angegriffen worden, was sich im Nachhinein als übertriebene Darstellung herausstellte. Weibel sagt: «Das ist eine diskursive Aufrüstung, die der Sache und dem Sicherheitsgefühl in der Bevölkerung nicht dienlich ist.»
Eymann findet auf Anfrage hingegen: «Die Situation auf der Dreirosenanlage spricht für sich und sollte weder dramatisiert noch beschönigt werden.»
Keine Widersprüche
Die Kommunikationsabteilung des Justiz- und Sicherheitsdepartement sieht keinen Widerspruch zu den Ankündigungen von Ende Januar und schreibt auf die Frage, ob die Regierung nun zurückkrebse lediglich: «Der Ausbau der Leistungen von privaten Sicherheitsdiensten ist eine der Massnahmen im unteren Kleinbasel.» Zu diesem im März verabschiedeten Paket gehören auch der Ausbau der Beleuchtung, der Präsenz des Rangerdiensts oder des Angebots der Kontakt- und Anlaufstellen. Es sei demnach sinnvoll, findet das JSD weiter, dass die Security-Massnahme gezielt eingesetzt würde.
Klar ist: Durch die Ankündigung vermittelte die Sicherheitsdirektorin der Bevölkerung das Gefühl, vorwärts machen zu wollen. Dass sie anpackt und sich unter ihrer Leitung etwas tut. Wer Eymann an dem Abend im Rheinfelderhof erlebt hat, der weiss, wie bevölkerungsnah sie sich zeigt, dass sie durchaus versucht, die Bedenken der Basler*innen ernst zu nehmen. Dennoch kann in diesem Fall kaum abgestritten werden, dass die gefühlte Notwendigkeit von Security vor Schulen mit Hilfe nicht belegter Vorwürfe begründet wurde. Es ist jedoch nicht auszuschliessen, dass ihr die manchmal forsche Kommunikation am Ende nützen wird. Eymann sitzt fest im Sattel, auch oder gerade wegen ihrer konsequenten Politik.
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