Der (Elfenbein-)Turm zu Basel

Fragt man nach Basels Internationalität, denken wohl die meisten an die grossen Pharmafirmen, vielleicht auch an die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich. Aber nur wenige wissen, was im prominenten BIZ-Turm beim Bahnhof SBB vor sich geht.

BIZ Turm Aussicht
Grandioser, aber seltener Ausblick vom obersten Stock des BIZ-Turmes – vorne angeschnitten der Bâloise-Turm, im Hintergrund die Roche-Bauten, ebenfalls ein internationaler Komplex. (Bild: GK)

In Basel ist vieles international: von der Universität bis zum FCB, von der Musikschule/Schola cantorum bis zur Messe Basel - und zum Zolli. Zahlreiche Unternehmen sind international tätig, zum Beispiel die in Basel wenig bekannte Eurofima, die sich an der Rittergasse versteckt und Eisenbahnwaggons finanziert.

Viel bekannter und gut sichtbar ist hingegen die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) mit ihrem Turm am Bahnhofplatz. Soeben sind wir wieder an diese von 63 Zentralbanken und ähnlichen Einrichtungen getragene Institution erinnert worden, weil sie die Ergebnisse ihres Wettbewerbs für einen zweiten Turm bekannt gemacht hat. Vor einer Woche konnte man die 11 Modelle der eingegangenen Vorschläge an einem Tag der offenen Tür besichtigen. Aber die wenigsten Baslerinnen und Basler wissen, was im imposanten Turm neben dem Bahnhof SBB gearbeitet wird.

Die BIZ wurde 1930 zur Neuregelung der deutschen Reparationszahlungen aus dem Ersten Weltkrieg gegründet und erhielt hier ihren Hauptsitz. Warum aber ausgerechnet Basel?

Zunächst Hotel, dann bis 1977 Sitz der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ). Ihr gehört auch das Botta-Gebäude am Aeschenplatz.
Zunächst Hotel, dann bis 1977 Sitz der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ). Ihr gehört auch das Botta-Gebäude am Aeschenplatz.

Eine der möglichen Antworten fällt für Basel nicht unbedingt vorteilhaft aus und meint, man habe die Bank fernab von grossen Metropolen, sozusagen in einem ruhigen Provinznest unterbringen wollen. Andererseits war der Sitz begehrt. Die Briten wollten ihn in London haben, was aber Frankreich nicht gefiel. Die Franzosen schlugen Brüssel vor und rechneten damit, dort genügend Einfluss zu haben. Auch Amsterdam war kurz im Spiel. Schliesslich einigten sich die Gründungsmitglieder auf die neutrale Schweiz und innerhalb der Schweiz auf die zu Frankreich wie Deutschland nahe gelegene Grenzstadt Basel mit ihren guten Zugverbindungen. 

Untergebracht war die BIZ zunächst im Grand Hôtel et Savoy Hôtel Univers gegenüber dem Elsässer Bahnhof. Hier kooperierten während des Zweiten Weltkrieges die Vertreter der beiden Kriegsparteien erstaunlich problemlos, allerdings verteilt auf verschiedene Stockwerke. Die BIZ stand damals unter der Direktion eines Amerikaners und wickelte ebenfalls problemlos Devisengeschäfte für das NS-Regime mit den USA und Grossbritannien ab.

Georg Kreis
Zum Autor

Georg Kreis ist Historiker und emeritierter Professor für Neuere Allgemeine Geschichte und Geschichte der Schweiz an der Universität Basel. Bis Mitte 2011 leitete er das Europainstitut Basel und bis Ende 2011 präsidierte er die Eidgenössische Kommission gegen Rassismus (EKR). Kreis war während mehrerer Jahre Vize-Präsident der FDP/BS.

Seit 1977 ist die BIZ am Centralbahnplatz untergebracht. Der von Martin Burckhardt entworfene Turm hätte ursprünglich 82 Meter hoch werden sollen, wegen Einspruch des Heimatschutzes und aufgrund einer Volksabstimmung wurden die Pläne angepasst und die Höhe auf 70 Meter reduziert.

In der BIZ am Centralbahnplatz fand ab 1994 ein Teil der Vorarbeiten für die Einführung des Euro statt. Zudem kommen hier jedes Jahr alle Mitglieder der BIZ zu ihrer Generalversammlung zusammen.

Als die BIZ 2005 ihr 75-Jahr-Jubiläum beging, öffnete sie erstmals in ihrer Geschichte für zwei Wochen der breiten Öffentlichkeit ihre Türen und informierte das Publikum mit der Ausstellung «This is the BIZ» über die Tätigkeit der ansonsten sehr auf Diskretion bedachten Bank. Dies wiederholte die Bank 2021 anlässlich ihres 90-jährigen Bestehens.

Die natürlich international zusammengesetzte Wettbewerbsjury, in der auch der Basler Stadtarchitekt Beat Aebersold Einsitz hatte, entschied sich einstimmig für einen gemeinsamen Entwurf von ELEMENTAL (Santiago, Chile) und Nissen Wentzlaff Architekten (Basel, Schweiz).
Die natürlich international zusammengesetzte Wettbewerbsjury, in der auch der Basler Stadtarchitekt Beat Aeberhard Einsitz hatte, entschied sich einstimmig für einen gemeinsamen Entwurf von ELEMENTAL (Santiago, Chile) und Nissen Wentzlaff Architekten (Basel, Schweiz). (Bild: BIZ)

Und kürzlich gewährte sie anlässlich des Wettbewerbs zum zweiten BIZ-Turm Einblick in die Zukunft des Unternehmens. In der Ausstellung «From Building to Campus» wurden dem Publikum die eingegangenen Vorschläge für den Erweiterungsbau gezeigt und zugleich die Bedeutung der BIZ wieder bewusst gemacht.

Am Wettbewerb beteiligten sich auch namhafte Architekten wie Chipperfield und Herzog & de Meuron (ausnahmsweise erfolglos). Die Basler Bevölkerung dürfte sich vor allem für das äussere Erscheinungsbild des Neubaus interessieren. Für die Bauherren hingegen sind auch andere Aspekte wichtig, insbesondere die Binnennutzung, aber auch die Energie- und Isolationsfragen sowie die Konservierung des alten Baumbestands auf dem Gelände.

Bereits Mitte 2023 war klar, dass das Projekt von Elemental (Santiago, Chile) und Nissen Wentzlaff Architekten umgesetzt wird. Das Kuratieren der Ausstellung nahm aber etwas Zeit in Anspruch, und die Realisierung des Baus wird noch mehr Zeit in Anspruch nehmen. Auf das 100-Jahr-Jubiläum der BIZ im Jahr 2030 dürfte es kaum reichen. Wenn alles gut geht, sollte von 2027-2031 gebaut werden.

Die Anwesenheit der BIZ in Basel hat einen konkreten Einfluss auf die Wirtschaft der Nordwestschweiz und damit auch auf den kantonalen Staatshaushalt. Dank dem Status als BIZ-Standort wird Basel in der internationalen Welt wahrgenommen. So erhielt die Stadt ab 1988, als hier die Eigenkapitalanforderungen international geregelt wurden, einen Platz in der internationalen Bankenwelt, indem die Abkommen «Basel I, II, und III» betitelt wurden. Im BIZ-Jubiläumsartikel im Basler Stadtbuch von 2005 hiess es dann auch mit maliziöser Ironie: «Andernfalls würde man aus der Schweiz nur Zürich und Genf kennen.»

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