Kanton vergibt Pacht trotz Steuerschulden
Gegen die Parterre-Gruppe gibt es aktuell Betreibungen in Millionenhöhe. Auch als die Pacht für die Basler Sportbäder vergeben wurde, gab es Ausstände bei der Steuerbehörde. Eine Bonitätsprüfung hat der Kanton nicht gemacht.
Die Parterre-Gruppe hat seit mehr als einem Jahr die Pacht für die Gastronomie in allen Basler Sportbädern inne. Bajour-Recherchen zeigen, dass es gegen die Gruppe offene Betreibungen in Höhe von mehr als einer Million Franken gibt, darunter Steuerschulden und offene Pensionskassenbeiträge.
Und auch als Parterre den Vertrag für die Pacht der Bäder bekam, hatte das Unternehmen Steuerschulden und andere Betreibungen beim Finanzdepartement. Das Erziehungsdepartement (ED), das über das Sportamt für die Vergabe verantwortlich zeichnet, wusste davon nichts. Wieso nicht? Weil es keinen Betreibungsregisterauszug angefordert, keine Bonitätsprüfung gemacht hat.
Während das ED also Verträge unterzeichnet, verschickt das Finanzdepartement (FD) munter Betreibungen raus. Die eine Hand scheint beim Kanton nicht zu wissen, was die andere tut. Wie wir von der Behörde erfahren, gibt es keine Vorschrift, die einen Austausch zwischen Finanz- und Erziehungsdepartement vorsieht, um vor einer Pachtvergabe auf mögliche Ausstände oder Schulden hinzuweisen. Wer bei Immobilien Basel-Stadt hingegen eine Wohnung mieten möchte, muss einen Betreibungsregisterauszug vorlegen.
«Weil wir bereits mit dem Parterre zusammengearbeitet haben, wurde bei der Pachtvergabe kein Betreibungsregisterauszug verlangt.»Steve Beutler, Leiter Sportamt Basel-Stadt
Parterre-CEO Peter Sterli möchte sich nicht zur Vergabe der Pacht äussern und verweist auf das Sportamt. Dort bestätigt uns der Leiter Steve Beutler, dass es keine Ausschreibung gegeben hat für die Pachtvergabe. «Wenn wir in einen Pachtvertrag gehen, soll der Kanton Einnahmen generieren, da gibt es gemäss Beschaffungsrecht keine Ausschreibungspflicht.» Es gehe schliesslich nicht um eine Beschaffung, die Kosten verursache.
Ohnehin musste alles schnell gehen. Denn als sich die früheren Pächter der Gartenbäder-Gastro zurückgezogen hatten, brauchte das Sportamt innert kurzer Zeit eine Nachfolge. Eine solche für das Gastro-Business in Badis zu finden, ist nicht einfach, handelt es sich hierbei doch um ein wenig verlässliches Geschäft: «Ein saisonaler Betrieb birgt grosse Risiken, das ist nicht zwingend ein gewinnbringendes Geschäft», erklärt Beutler.
Für das Parterre hatte gesprochen, dass das Erziehungsdepartement mit der Gruppe bereits einen Pachtvertrag für den Kiosk im Gartenbad St. Jakob am Laufen hatte. Als das Pacht-Portfolio ausgeweitet wurde, hat man sich auf die in der Vergangenheit reibungslose Zusammenarbeit verlassen: «Weil wir bereits mit dem Parterre zusammengearbeitet haben, wurde bei der Pachtvergabe kein Betreibungsregisterauszug verlangt», sagt Beutler. Er räumt ein, dass auch bei der Pachtvergabe für den Kiosk im Gartenbad St.Jakob kein Betreibungsregisterauszug verlangt wurde.
«Wir haben mit Parterre eine Lösung gefunden. Die Gruppe ist der Verpflichtung, die wir ausgemacht haben, nachgekommen.»Steve Beutler, Leiter Sportamt Basel-Stadt
So reibungslos ist die Zusammenarbeit dann aber doch nicht verlaufen. Wie Beutler auf Anfrage von Bajour bestätigt, gibt es bei den Pachten Ausstände. Das ist bemerkenswert, handelt es sich dabei doch um Kantonsfinanzen.
Sterli schuldet demnach nicht nur dem Metzger oder der Künstlerin Geld, sondern indirekt auch den Steuerzahler*innen. Beutler sagt: «Wir haben mit Parterre eine Lösung gefunden. Die Gruppe ist der Verpflichtung, die wir ausgemacht haben, nachgekommen.» Das Amt stehe mit Parterre in einer Vereinbarung, welche die gesamte Situation erfasse, dazu gehörten auch bestehende Ausstände.
Von der Parterre-Gruppe wollte Bajour wissen, wie lange diese Ausstände zurückliegen, was der Grund für sie ist und bis wann sie komplett zurückgezahlt sein werden. Sterli: «Zu buchhalterischen Interna geben wir generell keine Auskunft.»
Für die Zahlungsnot bei der Basler Gastro-Gruppe Parterre nennt CEO Peter Sterli (Bild) einen scheinbar plausiblen Grund: Die Pandemie. Ein Betreibungsregisterauszug belegt: Probleme gab es schon vorher. Auch aktuell gibt es über 100 Betreibungen gegen die Gruppe, offen sind mehr als eine Million Franken.
Hätte das ED einen Betreibungsregisterauszug verlangt, hätte es von den zahlreichen offenen Betreibungen erfahren – und bei der Vergabe womöglich anders entschieden. Zwar geht es bei der Pacht um Einnahmen und nicht um Beschaffung. Bleibt die Pacht jedoch aus, geht dem Kanton gegebenenfalls Geld verloren. So dürften diese Prozesse in Zukunft eingehender geprüft werden, wie Beutler sagt. «Eine Bonitätsprüfung dürfte in Betracht gezogen werden.» Auch bei der Vergabe der Pacht erwägt Beutler Änderungen: «Möglicherweise werden wir hier unser Verfahren ebenfalls anpassen.»
Auch die Zusammenarbeit mit der Parterre Gruppe werde überprüft. Beutler: «So wie wir alle Partnerschaften regelmässig anschauen.»
Unzufrieden mit der Gastronomie in den Gartenbädern scheinen derweil die Kund*innen zu sein. Klickt man sich beispielsweise durch die Google-Rezensionen für die Badi Bachgraben, ist von einer «Schande» die Sprache. Und von furchtbar langen Wartezeiten – 10 Minuten stehe man für ein Glacé Schlange. Der Kiosk sei unterbesetzt, nichts funktioniere.
Zu den negativen Google-Rezensionen sagt der Sportamtchef: «Rückmeldung aus dem Betrieb oder negative Bewertungen von der Kundschaft nehmen wir ernst.»
Wie geht es mit Parterre mit Blick auf die hohen Ausstände weiter? Bei einem ersten Gespräch in seinem Büro an der Theaterstrasse von Anfang August zeigte sich Sterli zuversichtlich, dass die Parterre Gruppe den Kopf in absehbarer Zeit aus der enger gewordenen Schlinge wird ziehen können. Auf Anfrage bestätigt er nun, dass einige private Mittel seitens der Inhaberschaft zur Überbrückung der Situation eingeschossen wurden. «Im Rahmen der aktuellen Herausforderungen kann ich Ihnen bestätigen, dass es auch zu dieser Massnahme kam.»
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