Wie haben Sie es mit der Kultur?
Am 3. März wird entschieden, wer neu den Stuhl im Präsidialdepartement besetzt und das Dossier Kultur unter sich hat. Die Kulturpolitikgruppe der Visarte hat den Kandidaten auf den Zahn gefühlt.
Die Fragen stellt die Kulturpolitikgruppe der Visarte Region Basel. Visarte ist der Berufsverband der visuell schaffenden Künstler:innen, der Kurator:innen und der Architekt:innen in der Schweiz.
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Regierungsrat und Parlament nahmen sich mit der Erhöhung der Kulturpauschale zum Ziel, die freie Kultur zu fördern. Zu Beginn stand fest: Freie Kulturschaffende wissen bereits Synergien sinnvoll zu nutzen, sowie Dienstleistungen und Plattformen anzubieten. Also sollten diese eine Planungssicherheit erhalten. Doch von den 23 formal bewilligten Gesuchen wurden insgesamt über zwei Millionen Franken beantragt – bei einem gesamten Förderbudget von nur 560’000 Franken. Nun stehen mehrere Angebote vor dem Aus, darunter sogar solche, die gefördert wurden, aber nicht genug Geld erhielten. Es wird klar, dass das zur Verfügung stehende Geld für die Kunsträume und Dienstleistungen der Freien Szene noch nicht reicht, sofern man eine Annäherung an faire Honorare für Kulturschaffende erreichen will.
Zur Unterstützung der Freien Szene
Welche Möglichkeiten sehen Sie, um Kunsträume und Dienstleistungen für die Freie Szene besser zu unterstützen? Oder konkret gefragt: Wie könnte die finanzielle Unterstützung der Freien Szene nicht nur mit einem Trinkgeld, sondern substanziell verbessert werden?
Conradin Cramer: Die Umsetzung der Trinkgeldinitiative bringt eine zusätzliche massgebliche Unterstützung für die alternative und junge Kultur in Basel-Stadt. Basel steht damit im nationalen und internationalen Vergleich sehr gut da. Als Mitglied des Regierungsrats stehe ich hinter dieser Kulturpolitik, will sie weiterführen und Kulturausgaben auch bei knapper werdenden Mitteln verteidigen.
Mustafa Atici: Mit der Annahme der Trinkgeldinitiative 2020 hat der Kanton verschiedene Massnahmen umgesetzt, die einer Stärkung der «Alternativ- und Jugendkultur» dienen sollen. Von diesen Massnahmen profitiert auch die sogenannte «Freie Szene» in unterschiedlichen Kultursparten. Ich gehe davon aus, dass die Abteilung Kultur diese Massnahmen auf ihre Wirksamkeit und Sinnhaftigkeit überprüfen wird, und allfällige Korrekturen bei Bedarf vornehmen wird. Mir ist es ein grosses Anliegen die Kulturstadt in ihrer gesamten Breite zu fördern. Dass der Kanton die Umsetzung der Trinkgeldinitiative mit einer Budgeterhöhung umsetzen konnte, ist keine Selbstverständlichkeit. Entscheidend ist dabei aus meiner Sicht, dass vermieden werden konnte, dass es zu einem Verteilkampf zwischen den mehr oder weniger etablierten Kulturinstitutionen und -sparten kam. Das wäre mir als Regierungspräsident auf jeden Fall auch in Zukunft ein zentrales Anliegen: Wie können wir die staatliche Kulturförderung so ausrichten, dass wir neue, innovative Formate und Initiativen in ihrer ganzen Breite und Vielfalt unterstützen können – und gleichzeitig die bewährten und erfolgreichen Kulturinstitutionen, die zurzeit sehr viele finanzielle Mittel binden, nicht hängen lassen müssen? Ich höre sehr wohl die Forderung nach mehr Verteilgerechtigkeit. Ich höre aber auch die Forderung nach einer stärkeren Fokussierung in der Kulturpolitik. Ich bin überzeugt, dass sich der Kanton im Rahmen der Formulierung des nächsten Kulturleitbildes sehr genau mit diesen Fragestellungen auseinandersetzen muss. Wir können dabei aber nicht davon ausgehen, dass die Kulturbudgets beliebig weiterwachsen können.
Jérôme Thiriet: Ein breites, vielfältiges und hochstehendes Kulturangebot ist entscheidend für die Lebensqualität – mein zentrales Wahlkampfthema – unserer Stadt. Sie ist zudem ein wichtiger Standortfaktor unserer Region mit ihrem hohen Anspruch. Entsprechend habe ich mich auch als Parlamentarier immer für Kultur engagiert – z.B. in der Kulturgruppe des Grossen Rats und mit einem Budgetpostulat für die Umsetzung der Trinkgeldinitiative. Aus der Praxis weiss ich, dass eine berechenbare Finanzierung nicht nur für die Kunstschaffenden, sondern auch für die Verwaltung und Öffentlichkeit sehr wichtig sind. Entsprechend wäre es mir sehr wichtig die entsprechenden Grundlagen zu schaffen, um nachhaltiges Arbeiten zu ermöglichen.
– Mustafa Atici, SP
Sind Sie bereit, zusammen mit den Kulturverbänden nach Lösungen für die Freie Szene zu suchen?
Cramer: Selbstverständlich würde ich als Regierungspräsident zusammen mit der Abteilung Kultur einen engen Austausch mit den Kulturverbänden pflegen und nach guten Lösungen suchen.
Atici: Ich kann sehr gut nachvollziehen, dass derjenige Teil der Kulturschaffenden, die weniger von staatlicher Förderung profitieren, auf ihre oft sehr prekäre ökonomische Situation hinweisen. Ich denke, da müssen wir als Gesellschaft sehr genau hinschauen. Es macht Sinn, Fördergefässe und deren Entwicklung im Dialog mit den betroffenen Verbänden zu diskutieren. So wie dies bei den Erhöhungen im Rahmen der Trinkgeldinitiative ja auch gemacht worden ist. Als Regierungspräsident wäre ich auf jeden Fall bereit, gemeinsam mit der Abteilungsleitung Kultur, eine Gesprächskultur zu pflegen, die einen direkten und regelmässigen Austausch mit den Kulturverbänden ermöglicht.
Thiriet: Ja, als Regierungsrat ist mir der direkte Dialog mit allen Anspruchsgruppen sehr wichtig. Nur so lassen sich tragfähige und breit akzeptierte Lösungen finden.
Zu Kunst im öffentlichen Raum
In Basel soll nun eine Stelle für Kunst im öffentlichen Raum geschaffen werden. Worauf werden Sie bei dieser Stelle Wert legen?
Cramer: Der Bereich der Kunst im öffentlichen Raum hat viel Potential für eine Mitwirkung der Bevölkerung. Es würde zudem Basels Bedeutung als Kunst- und Kulturstadt entsprechen, sich hier aktiver zu positionieren.
Thiriet: Vielfalt, Qualität und dabei insbesondere auf Lebensqualität, welche allen Menschen unserer Stadt Freude bereitet. Kunst am Bau sollte nicht Selbstzweck sein, sondern den Menschen Freude bereiten und sie im Idealfall aktiv einbeziehen.
– Jérôme Thiriet, Grüne
Was werden Sie unternehmen, damit das Kulturprozent auf öffentliche Bauten, das längere Zeit Usus war, nun gesetzlich verankert wird?
Cramer: Ein gesetzlich verankertes Kunstprozent bei öffentlichen Bauten gibt es in Basel nicht. Es wird jeweils fallweise entschieden, ob bei einem Bauprojekt ein damit verbundenes Kunstprojekt Sinn macht. Dieses Vorgehen halte ich auch weiterhin für richtig.
Atici: Zu diesen zwei, sehr konkreten Anliegen kann ich aus dem Stand heraus keine fundierte Antwort geben. Ich teile aber ihr Anliegen, dass wir im Bereich Kunst im öffentlichen Raum und am Bau Handlungsbedarf haben, denn diese frei zugängliche Kultur bringt die bildende Kunst der Bevölkerung näher. Ich sehe da viel Potential.
Thiriet: Für Gesetze ist bekanntlich das Parlament, der Grosse Rat, zuständig. Einen entsprechenden Auftrag würde ich mit Freude umsetzen, so dass möglichst viel gute Kultur Einzug in unserer Stadt realisiert werden kann.
Zur Idee einer Kulturtaxe
Auch Tourist*innen profitieren von Basels grossem Kulturangebot. Sie leisten eine Kurtaxe, aber noch keine Kulturtaxe. Ein kleinster Anteil an den Übernachtungskosten könnte bereits zur Sicherung unserer lebendigen Stadt beitragen. Was halten Sie davon und wie würden Sie die Idee anpacken?
Cramer: Die Einnahmen aus der Gast-Taxe fliessen in die Erstellung und den Unterhalt der touristischen Infrastruktur. Mit der ebenfalls aus der Gast-Taxe finanzierten BaselCard haben Gäste seit 2018 auch vergünstigten Eintritt zu attraktiven Kultur- und Freizeitangeboten. Eine Erhöhung der Gast-Taxe oder eine Umverteilung zu Lasten der touristischen Infrastruktur würde die Attraktivität der Stadt für Touristinnen und Touristen schwächen – das möchte ich vermeiden.
Atici: Das ist eine interessante Idee. Wäre ich Regierungspräsident würde ich einen entsprechenden Vorstoss aus dem Parlament gerne prüfen.
Thiriet: Ich halte diese Idee für sehr bedenkenswert
– Conradin Cramer, LDP
Wann werden Sie das Gespräch mit den Kulturverbänden über diese und weitere Fragen aufnehmen?
Cramer: Sollte ich als Regierungspräsident gewählt werden, würde ich den verschiedenen Kulturverbänden zu den sie beschäftigenden Fragen selbstverständlich für Gespräche zur Verfügung stehen.
Atici: Zur Frage nach dem Austausch mit den Kulturverbänden habe ich mich bereits oben geäussert.
Thiriet: Sollte ich zum Regierungspräsidenten gewählt werden – dieser ist ja für die Kulturförderung verantwortlich – würde ich mir zuerst einen Überblick über den Gesamtbereich Kultur verschaffen und im Rahmen dieses Lernprozesses mit allen potenziell Betroffenen zusammensitzen.
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