Dichterstress in deinem Viertel

Der Basler Strasserapper S Hot hat eine neue Single veröffentlicht, die das Zeug hat, zur neuen Leitmelodie auf der Basler Gasse zu werden. Wer ist der Mann und wer ist die Szene, für die er dichtet? Ein Text aus dem Bajour-Archiv.

Der Beat pumpt wieder düster über abgesägte Intervalle auf einem alten Klavier. S Hot fackelt nicht lange. Schickt im Video zu seiner neuen Single «Viertel» ein paar ikonische Bilder voraus um das Milieu abzustecken und powert dieser behaupteten Ghettostadt Basel dann ein neues Porträt in den Gehörgang. 

Die Single «Viertel» ist, wie man es von Rapper S Hot und Produzent Jakebeatz erwarten durfte, handwerklich solide gearbeitetes Standortmarketing von unten. S Hot macht klar, wer in seinem Viertel dichtet, nämlich er, wobei mit «mim Viertel» natürlich das konkrete Milieu (im Video zu sehen: Klybeckstrasse, Güterstrasse, Hammerstrasse, Kleinhüningerstrasse), aber auch die symbolische Heimat gemeint ist.

Mit Pfeil und Bogen: Ballern für Feingeister

Eine Heimat im Halbschatten. Verdriftete Gesichter, Bulldoggen, Autos, Männergesichter, Ketten, Muskeln, Ärger im Anflug. Die in schwarzweiss gehaltene Ästhetik erinnert an den früheren Erfolgstrack «Internationale». Beste Zeile auf «Viertel»:

«Ich bin ein Nomade, brauche Pfeil und einen Bogen, dann machts [Geräusch von vier Pfeilschüssen], direkt in deine Ohren.»

Im Vergangenen Sommer hat S Hot mit «Szene isch Basel» einen für Basler Verhältnisse beachtlichen Erfolg gefeiert. Der Hit war mehr als eine Strassenhymne. Er war auch der Slogan für eine Art neuer Jugendbewegung, die zwischen Instagram und Rheinufer mit Gewalt und Spiel kokettierte. Den zwischenzeitlich gelöschten Account gibt es wieder. Der Hype hat sich beruhigt. 

Die Autoradios aus den heruntergelassenen Scheiben verkünden es bereits: «Viertel» könnte zur neuen Strassenhymne des Sommers 2021 werden.

Wir haben S Hot im Herbst 2020 porträtiert und dabei auch gefragt: Was ist das eigentlich, Szene isch Basel und was sagt dieser Sound, diese harte Ästhetik, über die Verhältnisse der wohlerzogenen weissen Mehrheitsgesellschaft aus?

Die Autoradios aus heruntergelassenen Scheiben in den Quartieren Kleinhüningen, Klybeck, Gundeli verkünden es bereits: «Viertel» könnte zur neuen Strassenhymne des Sommers 2021 werden.

Grund genug für einen Blick ins Bajour-Archiv und diesen Text mit dem immer noch aktuellem Titel:

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Sie sind am hustlen, jagen Profit; tragen Masken, nicht wegen Covid

Ein Basler Strassenrapper schreibt eine Hymne, seine Fanbase feiert ihn bis zum Anschlag. Fest steht: Die weisse Mehrheitsgesellschaft hat diese Party mitangezettelt. Zu Besuch in einer halbdigitalen Parallelwelt aus Stolz und Vorurteil.


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Esat Akpinar alias S-Hot im Studio seines Produzenten Jakebeatz. «Soll ich den Finger zeigen? Das ist mein Markenzeichen, weisst du.» (Bild: Daniel Faulhaber)

Am Anfang steht ein Treffen mit dem Hauptprotagonisten dieser halbvirtuellen Strassenbande. Der Rapper S-Hot kommt zum Interview, wie man das erwarten durfte, in allerbester Garderobe, Bauchtasche, T-Shirt Marke Karl Kani, Sneakers und Jeans und mit einem Energydrink in den Hand. Zur Begrüssung gibts die Faust, dieser Rapper glaubt an Corona. Wir treffen uns im Studio seines Produzenten, Jakebeatz von PW Records auf dem Dreispitzareal und es ist schon toll zu sehen, was im Studio einer Basler Produzentenlegende alles so herumsteht.

Hanteln. Eine Weste, die aussieht, als könnte sie Kugeln abfangen. Ein Staubsauger. Es ist ziemlich dunkel, dabei freundlich, es gibt Kaffee und wer will, darf rauchen. Es wird viel geraucht.  

Die Sessel in diesem Studio sind tief wie schwarze Wolken. Aber Esat sitzt nicht lang, dafür ist dieser Mann nicht bekannt. Er ist zirka eins fünfundziebzig gross, breiter gebaut als noch vor fünf Jahren und sein Körper hat diese Binnenspannung, die auf der Strasse auch schon als Zeichen für Stress gelesen wurde. Kreuz nach oben, Kopf leicht nach vorne. Wie eine eingespannte Feder, die jederzeit springen kann. Ein raumgreifender Typ, so viel steht fest.

Zu heftig, zu düster, zu ausländisch irgendwie

Der Kleinbasler Strassenrapper S-Hot, mit bürgerlichem Namen Esat Akpinar (29), hat hat mit dem Rapper Gurbet aus Muttenz einen Hit rausgehauen, der innerhalb eines Monats knapp 60’000 Klicks auf Youtube kassiert. 

«Die Schweiz ist einfach nicht ready für harten Sound von lokalen Acts. Hier kannst bestenfalls über Blümchen rappen, dann wirst du überall gebucht.»
Esat Akpinar alias S-Hot

Aber in einer Basler Öffentlichkeit wird der Track «Szene isch Basel» einfach weggeschwiegen wie unter SUV-Fahrer*innen der Klimawandel. Gewagte Vergleiche sind eines der Stilmittel dieses Sounds. Aber vor allem, so der Verdacht, ist das was S-Hot da liefert dieser Stadt zu heftig, zu düster, zu ausländisch irgendwie. Zu asozial. 

Das war früher schon so. Aufgewachsen ist Akpinar in Kleinhüningen, seine türkischen Grosseltern sprachen kaum Deutsch. Erste Erfolge als Rapper S-Hot hatte er mit Anfang 20, sein erstes Album «Rumble in the Jungle» belegte zwischenzeitlich Platz 1 der Schweizer HipHop Charts. Aber das Echo in den Medien blieb immer bescheiden und vor allem mit den Live-Auftritten wollte es nie richtig klappen. S-Hot wurde einfach nicht gebucht. Und so blieben seine Hits immer vor allem: Gleissende Sternschnuppen auf Youtube. 

Die Karriere im Internet ist umso erstaunlicher, weil der Inhalt dieser Musik genau das Gegenteil behauptet: Ultrarealität. Strassenfieber. Masse.

Man kann es aber auch anders wenden, und dann ist hier gar nichts erstaunlich, sondern dann ist diese Karriere einfach die logische Konsequenz einer Machtverteilung, in der immer noch dieselben Gatekeeper sagen, was Platz hat und was nicht. Esat sagt, «die Schweiz ist einfach nicht ready für harten Sound von lokalen Acts. Hier kannst bestenfalls über Blümchen rappen, dann wirst du überall gebucht.» Als Beispiel dafür nennt er die Titelzeile bei Primenews, Ende Juni: «Die Realität in Basel ist kein brutaler Strassen-Rap-Film.»

Jungs wie S-Hot fragen sich derweil: Woher wollen die das wissen?

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(Die Wohnblocks in der Nähe der Claramatte tauchen auf Instagram immer wieder als Symbole für Kleinbasler «Szene»-Orte auf, auch in den Videos von S-Hot und anderen Strassenrappern sind sie immer wieder zu sehen.) Foto: Daniel Faulhaber.

Über seine Vergangenheit redet Esat Akpinar nicht so gern, aber in den Kleinbasler Coiffeursalons und Teilen der FCB-Kurve weiss man, dass es mit der Trennung zwischen dem Autor Esat und Werk des Strassenrappers S-Hot nicht so weit her war. Es gab eine Zeit, da war der auf-die-Fresse-Rap buchstäblich. Er war bekannt für seine Rechte, nicht für die Reime, schrieb die TagesWoche 2015, ein Jahr später wurde sein eigener Coiffeur-Salon überfallen

Warum? 

Sagt S-Hot nicht. Er sagt stattdessen: «Ich rappe über Dinge, die ich gesehen habe, die andere gesehen haben. Ich muss mich nicht verbiegen, um in Stimmung zu kommen, Rap ist für mich kein Lifestyle. Ich bin einfach so, weil ich so aufgewachsen bin.» 

Seine erste Zeile auf Szene isch Basel:

Chill im Park. Joint. Läuft. Bulle lönd nid schnuufe, George Floyd. 

S-Hot: «Die Leute sagen mir, dein Rap ist zu heftig, dein Rap ist zu krass, Alter, aber das ist die Realität. Bulle lönd nid schnuufe, George Floyd. Das ist echt!» S-Hot sagt, er mache keine Themensongs, also keine Musik, deren Message bei A beginne und dann ist Schluss bei Z. Es geht um die Stimmung. Und die Stimmung ist gerade nicht so gut unter jenen, die den Tod von George Floyd nicht einfach als verstörendes Video auf Instagram, sondern auch als Angriff auf ihre eigene Existenz sehen. 

Check. Jacke vo Belstaff. Amcas schliiche im Tesla. 

Amcas, das ist türkisch für Onkel. Oder für Polizei. Und dieses Schleichen, oder im Dialekt, «schliiche» ist bereits ein stehender Begriff geworden auf Instagram. Die Texte von S-Hot sind stilprägend, Versatzstücke seiner Texte tauchen auf dem sozialen Netzwerk überall auf. 

mir pumpe die Gwichter

im mim Viertel

verdrifteti Gsichter

in mim Viertel

heftigi Geschichte

im mim Viertel

ich bi do dr Dichter

im mim Viertel

(In mim Viertel, aus: Hyänen Tape.)

Au mir sind am Hustle.

Wie stark sich eine ganze Menge junger Menschen in Basel mit solchen Zeilen identifiziert, lässt sich seit einigen Wochen an einer schnell wachsenden Instagram-Community ablesen. Der populäre Account «Szene isch Basel» hat mittlerweile über 16’000 Follower*innen und die Geschichte dahinter ist schnell erzählt: Ein Kumpel von Esat, Tek, betreibt diesen Account schon länger, ab Anfang Juni heisst er «Szene isch Basel». Tek sammelt dort Videos, die ihm zugeschickt werden. Es sind rohe, verwackelte Videos, sie zeigen Polizeikontrollen, Schlägereien auf der Strasse, Verwirrte, Besoffene, Eingeschlafene – kurz: Brüche in der Normalität. Abnormales.  Wir haben Jugendliche im Klybeckquartier, am Rheinufer, am Hafen auf diesen Account angesprochen, die meisten kennen ihn. Einer von ihnen, Iray, 16 jahre, sagt: «Szene, das ist so ein Wort für Stress, Probleme, Criminal Lifestyle. In Basel gehts schon mehr ab als in anderen Städten, weisch, man muss schon aufpassen.» «Szene» als Begriff gab es schon länger, aber «Szene isch Basel» ist ein richtiggehender Slogan geworden, eine Art Codewort. 

  • Die Zahl der Strafanzeigen in Basel-Stadt ist zwischen 2018 und 2019 um 3 Prozent gestiegen, ein Vergleich mit anderen Städten sei aufgrund unterschiedlicher Ausgangslagen wenig sinnvoll, schreibt das Bundesamt für Statistik

Das online-Medium Primenews hat Ende Juni als erstes über den Instagram-Account berichtet und herausgefunden, dass die Zeile «Szene isch Basel» aus einem alten Track von S-Hot stammt, Internationale (2016). «Das stimmt», sagt S-Hot, «aber mit dem Account hab ich nichts zu tun. Als ich den entdeckt habe, hatte der schon 10’000 Follower. Ich hab dann einfach mit Gurbet und Jake sehr schnell reagiert und diesen Song rausgebracht, Szene isch Basel. Dieser Track hat eingeschlagen wie eine Bombe. Das ist kein Sommerhit, das ist eine verdammte Strassenhymne.»

Gegen die Polizei, für den Zusammenhalt

Im Hintergrund von fast jedem Video auf diesem Instagram-Account ist S-Hots und Gurbets Song zu hören. Die realen Szenen in diesen Videos werden unterpowert mit der Aggression der Musik – und die digitale Parallelwelt, von der eingangs die Rede war, driftet hier also in die Realität hinüber. Plötzlich ist gar nicht mehr so klar, was hier echt ist und was inszeniert. 

Verbindend ist für alle Teilnehmenden an dieser «Szene»-Erzählung ein Banditengefühl und eine Outlaw-Identität, die sich nach aussen gegen die Polizei richtet und nach innen über Codes für Zusammenhalt sorgt. 

Die Polizei sagt auf Anfrage:

  • Die Dauerpräsenz gezückter Mobiltelefone bei Einsätzen gehört zum Alltag der Blaulichtorganisationen, seit es Smartphones gibt. In der Aus- und Weiterbildung der Mitarbeitenden der Kantonspolizei Basel-Stadt wird darauf hingewiesen, dass die Polizeiarbeit oft auf öffentlichem Grund stattfindet und dort Polizeieinsätze von Passanten unter Wahrung der Persönlichkeitsrechte und ohne Hinderung einer Amtshandlung gefilmt oder fotografiert werden können.

Hat die Polizei zuletzt bei Kontrollen vermehrt den Ausspruch «Szene isch Basel» gehört?

  • In wenigen Einzelfällen wurde der Ausspruch gehört.

Zurück zur Szene. Was ist das für ein Zusammenhalt, der sich über harte, wilde Reime und teilweise persönlichkeitsverletzende, teilweise grenzüberschreitende Szenen im Alltag definiert?

Die HipHop- und Männlichkeitsforscherin Heidi Süß hat sich viel mit Strassenrap auseinandergesetzt, in Hildesheim hat sie zu Transformationsprozessen im deutschen Hip Hop promoviert. Wir erreichen sie am Telefon, schicken das Video von S-Hot und sie sagt, das sei erstmal ziemlich gut gemacht.

Süß: «Diese Kamerafahrt über den Strassenblocks, diese typische Kamerasicht von unten in die Gesichter, die eine Unterlegenheit der Betrachter*innen erzeugt, das ist typisch. Und dass die Tonspur immer wieder zurückfährt und man das Schreien der Männer im Video hört und die realen Motorengeräusche der Autos am Dreh – das ist auch so ein Stilmittel, das hat meines Wissens nach die 187 Strassenbande in den deutschen Rap gebracht. Und 187 ist stilprägend. Gut möglich dass sich die Basler an das anlehnen.» 

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Süß sagt, im Strassenrap gehe es massgeblich um die Rückeroberung einer fremdbesetzten Identität.  Diese fremdbesetzte Identität besteht aus Vorurteilen und Klischees, die vor allem an jungen, migrantischen Männern kleben wie Dreck an den Hacken. Aggressiv, potent, gefährlich. «Also nimmt man diese Sichtweise und überspitzt sie to the fullest», sagt Süß, indem man eben diese migrantische, muslimische, vermeintlich vormoderne «Kanaken-Männlichkeit» erst recht verkörpert. Und wenn dann einer richtig gross wird, einer wie Haftbefehl, dann kann das durchaus ein Gefühl der Selbstermächtigung auslösen. Die Repräsentationsverhältnisse ändern sich.» 

Ausserdem lässt sich mit der Aneignung dieser Stereotype ordentlich abkassieren und das wiederum ist eine ebenso konsequente wie intelligente Form der Teilhabe am Diskurs

Rapper wie Haftbefehl nehmen die ihnen zugeschriebenen Rollen an, kehren sie um, führen sie auf, und kassieren damit auch das Geld der guterzogenen Gymnasiast*innen aus den sauberen Innenstädten, die etwas von der Streetcredibilty abhaben wollen. Tek, der Typ mit dem Instagram-Account, macht das auch. Er verkauft jetzt T-Shirts mit dem Slogan Szene isch Basel. Wir wissen zwar nicht, wieviele davon im Umlauf sind – aber im Logo prangt der Rocheturm wegen Skyline und Grossstadtgefühlen. 

Sultan blibt di Ikone

Jugend uff Flugmodus, alles Pilote

mir sind am hustle, jage Profit 

und trage Maske nid wäge Covid

(aus: Szene isch Basel)

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Bislang wurde sowohl der Account, als auch das Video von S-Hot als Aufführung von Stereotypen gesehen: Als Selbstinszenierung von jungen, vor allem migrantischen, vor allem männlichen Usern, die Stress machen. Titelzeile bei 20 Minuten, Ende Juni: «Wegen Tek (22) schauen auf Instagram alle Prügelvideos».

Aber wie Süß für uns die Rap-Identitäten als Rückeroberung von Rollenbildern analysiert, so kann auch der Boom rund um Szene isch Basel als eine Art Selbstermächtigung gelesen werden. 

Wir geben euch Azzlacks

Just in diesem Basler Sommer, als die Zeitungen und Teile der Politik eimerweise Übelkeit über Menschen, die «fremd» aussehen, auskippen, und die Beschreibung «Menschen mit leicht dunklem Teint» in manchen Kreisen zum Synonym für buchstäblich ungewollte Existenzen wurde, in diesem Sommer explodiert auf der anderen Seite eine selbstbewusste Banditenidentität, die sich an kriminellen Rollenbildern ergötzt. Und die mit Szene isch Basel den Criminal Lifestyle als positives Selbstbild feiert. Das eine hat doch mit dem anderen direkt nichts zu tun, wird man sagen. Aber die Links sind da und diese Wut, die Ablehnung, die Auflehnung kommt nicht aus dem Nichts. Stichwort Bulle lönd nid schnuufe, George Floyd.

Ihr, die Mehrheitsgesellschaft, macht uns zu Azzlacks, wir geben euch Azzlacks. Das ist die Message. Die Message funktioniert übrigens auch in Liestal, in Zug, in Luzern, in Zürich. «Szene»–Accounts sind mittlerweile in vielen Schweizer Städten aufgetaucht (und manchmal wieder gelöscht worden). Und selbst wenn dort keine «Bettelbanden»-Debatte dreht, sorgt schweizweit eine Begrenzungs-Initiative für Bilder, die Menschen in reine, weisse, zugehörige und andere Kategorien unterteilen. Nicht-weisse Kategorien, die ganz offensichtlich als Gefahr dargestellt werden.  

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So viel zum gesellschaftlichen Kontext dieser Szene-Erzählung, er ist die eine Seite der Medaille. Auf der anderen stehen die Fragezeichen zu Esat Akpinar, dem Typ mit einer unzimperlichen Vergangenheit und der Frage: Was ist mit den Geschichten von früher? «Ich habe ein paar Dinge getan, die ich nicht mehr tun würde», sagt Akpinar. «Wir alle haben unsere Geschichte. Aber ich muss mich vor niemandem rechtfertigen, ausser vor mir selber.»

Wenn man sich in der Szene umhört, bei Veranstalter*innen, bei Radiohosts und Hip-hop-Journalist*innen, dann zeigt sich, dass diese Fehler ihre Spuren hinterlassen haben. Oder dass S-Hot sich seinerseits nicht um Auftritte gekümmert hat. Weder bei der BScene noch beim JKF hat er sich jemals beworben, erfahren wir auf Anfrage. Beide Festivals fragen die Acts nicht an, es läuft umgekehrt. Pablo Rasputin, der Host des legendären Virus Bounce Cypher sagt, S-Hot habe ihm bei einem Besuch vor einigen Jahren wörtlich gesagt, wenn er ausserhalb von Basel nicht stattfinde, sei ihm das scheissegal.  

Jetzt ist er glücklich

Verengte Blickwinkel und Vorurteile sind Teil dieser zersplitterten Karriere, aber S-Hot ist sicher nicht einfach das Opfer der Verhältnisse, so viel steht fest. 

Es ist spät geworden im Studio auf dem Dreispitz, aber S-Hot spielt uns noch einen Track seines kommenden Albums vor, «Hyäne Tape» soll es heissen. Ein weiterer Titel auf Angriff, im Stil bleibt sich der Rapper treu. Aber persönlich, so hat man den Eindruck, ist S-Hot ruhiger geworden. «Ich bin zur Zeit sehr, sehr glücklich», sagt S-Hot zum Abschied, er stecke zwar weiterhin viel Zeit in die Musik. Aber seine Energie muss er jetzt neu einteilen. 

Im Februar kam seine Tochter zur Welt. «Das ist das Schönste, was mir passiert ist.» Auf Instagram zeigt er sich voller Liebe, zum Foto schreibt er: MEIN LEBEN ❤️.

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Kontext: Die Deutsche Journalistin Miriam Davoudvandi hat in einem Spiegel-Gastbeitrag beschrieben, warum der Aufstieg des Rappers Haftbefehl für junge Migrant*innen so wichtig ist - trotz seiner sexistischen Sprache. Insbesondere der letzte Punkt, sexistische Sprechweisen, die auch in S-Hots Texten nicht ausbleiben, konnten in diesem Text nicht thematisiert werden. Link zum Text im Spiegel: «Weil er unsere Sprache spricht.»

Dieser Essay von Martin Seeliger auf der Seite der deutschen Bundeszentrale für politische Bildung thematisiert 
«Rap und Gegenidentitäten in der Mehrheitsgesellschaft». 


Der Account Szene isch Basel ist mittlerweile unter leicht abgeändertem Kürzel wieder da. Der Betreiber schreibt auf Instagram:

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Fauli

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Themeninputs und Hinweise gerne an [email protected] . Twitter: @dan_faulhaber


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Bei Bajour als: Reporter und Redaktor

Hier weil: da habe ich die Freiheit, Neues anzupacken und unkonventionell zu arbeiten, ohne über sieben Hierarchiehürden zu springen. Das ist toll. Gleichzeitig macht diese Freiheit natürlich Angst, und das wiederum schweisst zusammen. Darum bin ich auch hier. Wegen des Teams.

Davor: Bei der TagesWoche und davor lange Jahre an der Uni mit Germanistik & Geschichte.

Kann: Ausschlafen.

Kann nicht: Kommas.

Liebt an Basel: Die Dreirosenbrücke. Das Schaufenster des Computer + Softwareshops an der Feldbergstrasse Ecke Klybeckstrasse. Das St. Johann. Dart spielen in der Nordtangente. Dass Deutschland und Frankreich nebenan sind.

Vermisst in Basel: Unfertigkeit. Alles muss hier immer sofort eingezäunt und befriedet und geputzt werden. Das nervt. Basel hat in vielem eine Fallschirmkultur aus der Hölle. Absichern bis der Gurt spannt. Ich bin schon oft aus Versehen eingeschlafen.

Interessensbindung: Vereinsmitglied beim SC Rauchlachs.

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