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Mobility Go

Sharing ist – nicht immer auch – Caring

Mobility Go wird in Basel eingestellt, obwohl Sharing gerade das Wort der Stunde zu sein scheint. Der Umwelt kann das offenbar recht sein.

05/30/22, 06:17 PM

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Mobility Go ist in Basel bald Geschichte. (Quelle: Mobility)

Mobility Go ist in Basel bald Geschichte. (Quelle: Mobility)

Du willst in die Stadt, doch es regnet: Zack, nimm ein Mobility Go und gut ist. Die Autos stehen in der Stadt herum, man kann sie spontan buchen, um von A nach B zu gelangen. So, wie die E-Bikes oder Elektrotrottis. Das ist super praktisch, aber bald vorbei. Wie das Unternehmen Mobility letzte Woche mitteilte, wird es sich am Rheinknie anfangs Juni vom Konzept des sogennanten Freefloating-Carsharings verabschieden.

Der Grund: Es fehlt an öffentlichen Parkplätzen. Kund*innen suchen zum Teil lange – und jede Minute zählt, wird doch aufgrund der Mietdauer und nicht aufgrund der Kilometerzahl abgerechnet. 

Skandal! Skandal? Immerhin ist die geteilte Mobilität eines der grossen Ziele der im Januar verabschiedeten kantonalen Mobilitätsstrategie. Demnach soll der motorisierte Individualverkehr reduziert werden. Und Personen, die über kein eigenes Auto verfügen, fahren insgesamt weniger. Verkehrsdirektorin Esther Keller (GLP) hatte sich Sharing-Lösungen bereits im Wahlkampf auf die Fahne geschrieben

Fixe Parkplätze

Zur Klärung: Es geht hier nur um das Freefloating-Angebot, also diejenigen Autos, die auf allen öffentlichen Parkplätzen abgestellt werden können. Das klassische Carsharing mit fixen Standorten soll hingegen bleiben. Es soll sogar ausgebaut werden. Der Kanton lud die Bevölkerung am Montag dazu ein, ein kostenloses viermonatiges Mobility-Test-Abo (im Wert von 43 Franken) zu lösen.

Reservierte Parkplätze stellen für das Freefloating-Angebot keine adäquate Lösung dar.

Niocole Ryf-Stocker, Kommunikationschefin des Verkehrsdepartements

Sollte der Kanton demnach nicht alles unternehmen, um der Bevölkerung die für das Freefloating-Carsharing benötigten Parkplätze zur Verfügung zu stellen? 

Auf Nachfrage schreibt die Kommunikationschefin des Verkehrsdepartements, Nicole Ryf-Stocker: «Reservierte Parkplätze stellen für das Freefloating-Angebot keine adäquate Lösung dar.» Das Freefloating lebe gerade davon, dass ein Fahrzeug nicht an einem bestimmten Standort abgestellt werden müsse – egal, ob es sich dabei nun um einen offiziellen Mobility-Standort oder um einen reservierten Parkplatz handle. 

Und Parkplätze sind wegen der restriktiven Parkplatzpolitik in Basel ohnehin knapp. Der Platz beschränkt. So seien flächendeckende Parkplätze für Freefloating-Angebote, die nur sporadisch genutzt werden, «wenig sinnvoll», meint Ryf-Stocker weiter. Politisch gehe der Wille ohnehin klar in Richtung weniger Parkplätze im öffentlichen Raum. Dafür müssten sich Menschen vermehrt Fahrzeuge teilen, dies gelte auch für Velos. Durch das Teilen seien die Fahrzeuge zudem mehr unterwegs und würden nicht geparkt rumstehen.

Stefan Roschi, Mediensprecher bei Mobility, meint zur Parkplatzproblematik: Das Thema sei immer wieder diskutiert worden. Grundsätzlich hätte der Kanton nichts dagegen, das Unternehmen zu unterstützen. «Es sind jedoch auch politische Prozesse damit verbunden. Insbesondere im Stadtkern bräuchte es einige Standplätze mehr, was nicht so einfach wäre.»

So soll die achtjährige Erfahrung in Basel genutzt werden, um für die Zukunft Möglichkeiten zu entwickeln, welche die Flexibilität des Freefloating-Carsharings mit der Zuverlässigkeit des stationsgebunden Carsharings kombinierten.

Freefloating-Angebote sind aus ökologischer Sicht nicht unbedingt förderlich.

Anne-Kathrin Bodenbender, Mobilitätsforscherin

Auch die Wissenschaft zeigt sich in Bezug auf Freefloating-Angebote zurückhaltend. Studien zeigen: Je mehr Mobility-Autos eine Stadt hat, desto eher verzichten die Bewohner*innen auf ein eigenes Fahrzeug. Dabei ist das Modell mit den fixen Parkplätzen wirksamer, ein stationsbasiertes Mobility-Fahrzeug ersetzt 11 Privatautos, ein Freefloating-Fahrzeug nur 4.

Freefloating-Fahrzeuge seien für die Umwelt «nicht unbedingt förderlich», sagt deshalb die am Basler Planungsintitut Rapp tätige Mobilitätsforscherin Anne-Kathrin Bodenbender. Der Nahverkehr in der ohnehin nicht sonderlich grossen Stadt Basel sei gut ausgebaut, weshalb es grundsätzlich keinen Grund gäbe, mit einem Auto vom Neubad ins Kleinbasel fahren zu müssen. Freefloating-Angebote könnten aber Anreize schaffen, sich aus Bequemlichkeit gegen den ÖV oder das Fahrrad zu entscheiden. Und für das Auto quasi vor der eigenen Haustür. 

Auto ist Auto

Das eigene Auto ersetzen würden Freefloating-Angebote zudem kaum. Für weitere Strecken seien sie wenig attraktiv. Denn: Ausserhalb des Perimeters kann man nicht stehen bleiben. 

Auch Verkehrswissenschafter Ueli Haefeli vom Institut Interface fände es sinnvoller, ein dichtes Netz von klassischen Carsharing-Stationen in der Stadt und Umgebung einzurichten. Und die Handhabung flexibel zu gestalten. Aus der Forschung weiss er, dass Menschen Sharing-Angebote nutzen würden, wenn sie in ihrer Nähe verfügbar wären. Wenn die Anbieter*innen aber das Gefühl hätten, in manchen Stadtgebieten keine Stationen zu errichten, weil keine Nachfrage vorhanden sei, beisse sich die Katze in den eigenen Schwanz. 

Aber auch Haefeli gibt zu bedenken: Mobility bleibt ein «Auto-Angebot» und ist deshalb «nicht uneingeschränkt förderungswürdig». 

Am sogenannten Sharingday, den die Stadt Basel am 4. Juni auf der Mittleren Brücke begehen wird, soll die Bevölkerung neben Mobility denn auch nicht-motorisierte Sharingunternehmen aus der Region kennenlernen, wie zum Beispiel Pick-e-Bike oder Velospot.

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