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Cosplay-Familie

Zwölf Kostüme für drei Tage

Nach wochenlanger Vorbereitung präsentieren Cosplayer*innen an der Fantasy Basel ihre selbstgemachten Kostüme. Chantal ist ein alter Hase im Game. Ein Besuch bei ihrer Familie im Leimental.

05/27/22, 03:00 AM

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Die Guardians of the Galaxy-Familie an der letzten Fantasy.

Die Guardians of the Galaxy-Familie an der letzten Fantasy. (Foto: FANTASY BASEL – The Swiss Comic Con)

An diesem Wochenende sieht man wieder Spiderman, Zelda und Pikachu gemeinsam in Richtung Messegelände spazieren: Es ist Fantasy Basel. Die Messe für Comic-, Game- und Filmkultur begann am Donnerstag und dauert drei Tage. «The Swiss Comic Con» bietet alles, was das Nerdherz begehrt. Besonders beliebt und auch ausserhalb des Messegeländes sichtbar: Hunderte Menschen in aufwändig präparierten Kostümen ihrer Lieblingsfiguren, genannt Cosplay (von: costume play). 

Alles Equipment liegt bereit

Manche Cosplayer*innen machen das professionell, verdienen damit Geld. Für andere ist es «nur» ein Hobby, so auch für Chantal. Sie wohnt mit ihrem Mann Martial und zwei Kindern mit den mythologisch klingenden Namen Fehn und Fenja in einem beschaulichen Dorf im Leimental.

Von aussen sieht ihr Zuhause unverdächtig aus, aber drinnen ist die Fantasy los: Alles Equipment liegt in verschiedenen Boxen bereit, zwölf Kostüme, je drei pro Familienmitglied und Messe-Tag.

«Ich habe mich schon immer gern verkleidet», erzählt Chantal an ihrem Esstisch. Der vierjährige Sohn Fehn spielt nebenan mit einem Helikopter. «Vor vier Jahren waren wir das erste Mal an der Fantasy Basel», erzählt sie, «aber damals noch ohne Kostüm. Ich bin Perfektionistin und bastle gern, hatte dann aber Angst, unsere Kostüme würden nicht perfekt genug sein für so eine Messe – neben den ganzen Professionellen. Aber dann waren wir dort und haben gemerkt, dass das alles gar nicht so streng ist.»

Seither geht die Familie nur noch kostümiert an die Fantasy, als Figuren aus den Comic-Verfilmungen Guardians of the Galaxy, Joker und Harley Quinn oder dem Disney-Film Raya. Sie brauchen dieses Jahr die gleichen Kostüme wie letztes Jahr – mit ein paar Anpassungen, denn die Kinder sind seit dem letzten Mal gewachsen.

Manchmal brauchts Nachtschichten

Chantal erinnert sich an den Moment, als sie das erste Mal als Guardians-of-the-Galaxy-Familie an der Fantasy Basel waren. Damals war Fehn noch ein Baby. «Da sind zwei professionelle amerikanische Cosplayer zu uns gekommen und einer sagte mit Blick auf Fehn als Baby-Groot, das sei das herzigste Kostüm, das er je gesehen habe.» So etwas von den Profis zu hören, sei schon sehr besonders.

Kuscheldecke mit einer Erinnerung: Nicht nur an den Wänden in Chantals Haus hängen Fotos der verkleideten Familie.

Kuscheldecke mit einer Erinnerung: Nicht nur an den Wänden in Chantals Haus hängen Fotos der verkleideten Familie. (Foto: Michelle Isler)

Je nach Kostüm brauche sie ein paar Wochen, bis es fertig ist. «Manchmal gibt’s dann halt auch Nachtschichten, es läuft ja auch sonst immer was», lacht sie. Vieles macht Chantal selbst, manches kauft sie dazu, ein Stück Stoff da, ein paar Schuhe dort. «Ich habe schon früher immer mit meinem Omi genäht und jetzt hilft mir auch meine Mutter, wenn ich mal Rat brauche.» 

Ihre Ausbildung kommt Chantal bei den ganzen kreativen Arbeiten zugute: Sie ist gelernte Schreinerin. Um die Kostüme möglichst originalgetreu hinzukriegen, braucht’s ein scharfes Auge. «Zum Teil schau ich dann die Filme nochmals, mache Printscreens um zu sehen, wie die Kostüme aus verschiedenen Perspektiven aussehen. Aber vieles ist am Ende auch individuell interpretiert, man kriegt ja nicht alle Stoffe 1:1 oder genau in den richtigen Farben.»

«Wenn du ein Kostüm brauchst, fragst du bei uns nach.»

Die 6-jährige Fenja, ist zurück aus dem Kindergarten. Sie klingelt an der Tür – und im Haus ertönt die Titelmelodie der Kinderserie PAW Patrol. «Siehst du, sogar das haben wir», lacht Chantal. Die beiden Kinder, wirbeln im Wohnzimmer umher. Sie freuen sich auf die Fantasy, sagen sie mit leuchtenden Augen.

Auf die Frage, welches ihre Lieblingskostüme oder -figuren sind, beginnen beide aufzuzählen. Buzz Lightyear, Anna und Elsa, Paw Patrol, die Journalistin kommt schnell nicht mehr mit. Und auf was freut sich Chantal? «Wir haben eine gute Zeit als Familie zusammen und es ist sehr toll, die Kostüme der anderen zu sehen. Und du kannst deine Leidenschaft mit anderen teilen.»

Joker und Harley Quinn – Chantal liebt dieses Foto.

Joker und Harley Quinn – Chantal liebt dieses Foto. (Foto: FANTASY BASEL – The Swiss Comic Con)

Sie zeigt Fotos von den letzten Jahren und bleibt bei einem hängen, auf dem sie Harley Quinn und ihr Mann der Joker ist. «Ich liebe dieses Foto von uns. Auf diese Kostüme haben wir auch wahnsinniges Feedback bekommen, wir sind damit sogar für die Schweizer Illustrierte fotografiert worden, waren in Zeitungen und im Radio.» Danach haben sie viele Leute auf die Berichterstattung angesprochen.

Ob man sie deshalb jetzt im Dorf gut kenne? «Da bin ich nicht so sicher. Aber was die Leute hier wissen: Wenn du ein Kostüm brauchst, fragst du bei uns nach. Egal ob für Halloween, 80er-Jahre-Party oder Alice im Wunderland. Wir haben sicher was.» Sie lacht herzlich.

Es ist Zeit, sich zu verabschieden. Aber halt, eine Frage noch: Ob sie sich selbst als Nerds bezeichnen würden? Chantal wiegt den Kopf hin und her: «Vielleicht schon ein bisschen.» Beim Verlassen des Hauses fällt der Blick auf eine Fussmatte – darauf abgebildet: Groot. «Gut, ich glaube, du kannst schon schreiben, dass wir Nerds sind.» Sie grinst und winkt zum Abschied.

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