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#gärngschee

So sieht eine Heldin aus

In diesem Internet zeigen sich viele Menschen solidarisch. Schön, gut und recht – aber kommt da überhaupt etwas zustande? UND OB. Wir haben ein paar geglückte «Matches» zusammengetragen.

03/16/20, 06:51 PM

Aktualisiert 03/16/20, 07:10 PM

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Der erste Match kam über Whatsapp zustande. Ein junger Herr, wohnhaft im Bachletten Quartiert bietet mit einer Nachricht an die Redaktionsnummer 079 555 25 25 seine Hilfe an, das war am Freitag. Freitag, erinnerst du dich? Das war der Tag, an dem der Bundesrat die Massnahmen ein erstes Mal drastisch verschärfte. Schulen schloss. Veranstaltungen begrenzte. 

Heute kommt uns das vor, als sei es Wochen her.

Wenig später meldet sich eine Frau an eben jene Nummer. Ihre Mutter, eine über 80 jährige Frau, wohne im Bachletten Quartier und sie, ebenfalls Mutter von vier Kindern, könne nicht helfen. Ob Bajour vielleicht jemanden vermitteln könne?

Redaktorin Franziska Zambach führt akribisch Buch über Hilfebietende und Hilfsuchende. Sie gab der Frau die Nummer des Herrn, der, wie der Zufall es wollte, nur zwei Strassen von der älteren Dame entfernt wohnt. 

Er zeigte sich bereit zu helfen und ging einkaufen. Die Tochter der Hilfsbedürftigen, eine Lehrerin, bedankte sich darauf überschwänglich per Telefon: Sie könne im Gegenzug Kinder hüten, falls Bedarf herrsche. Und Zambach schrieb kurz darauf in den Redaktionskanal: «We have a Match :)»

Die Vernetzung verläuft in erster Linie autonom

Ein Grossteil der Vernetzungen zwischen Hilfesuchenden und Hilfebietenden läuft über Facebook.

Liz Isler ist E-Rolli Fahrerin und nicht so mobil. Ihr Mann gehört zur Hochrisiko-Gruppe und braucht einmal wöchentlich eine Injektion, aber die Spitex kann die Hilfe zur Zeit nicht leisten. Liz’ Eintrag auf der Facebook Gruppe erhielt 54 Kommentare. Kerstin Quark, die sich als diplomierte Pflegefachfrau vorstellt, bietet Hilfe an und kurz darauf postet Isler:

«Ihr seid GENIAL DANKE! Habe jemanden gefunden. Danke an alle.»

Liz. Iisler (auf Facebook)

So ergeht es den meistens Posts, die nach Hilfe verlangen. Innert kürzester Zeit erhalten sie ein Update. ERLEDIGT. Auch dem Hund von Eveline Siegenthaler wurde geholfen. Der leidet unter Arthrose am Vorderbein und musste wegen starker Schmerzen ins Tierspital, wofür gleich drei helfende Händepaare in die Bresche sprangen

Auf jeden Fall bedankt sich Siegenthaler kurz nach Absetzen des Hilferufs bei Tamas Karli, Susi Fasnacht und Hakan Yildiz für «die schnelle Hilfe unserer Amiga ins Tierspital Basel».

Michael Burkhardts Vater, wohnhaft im 4058 wurde auch geholfen, und das nicht zu knapp. Er wohne nicht in Basel, schreibt Burkhardt, und könne den Vater wegen Ansteckungsgefahr nicht besuchen. Andere boten Hilfe an. Kurz darauf schreibt Burkhardt.

Während sich die Hilfesuchenden auf Facebook selbst verknüpfen, klingelt auch bei Redaktorin Franziska Zambach immer wieder das Telefon. Die Flyeraktion in den Quartieren hat dafür gesorgt, dass die Information mit dem Hilfsangebot auch langsam in die Stadtteile und Bevölkerungsschichten sickert, die nicht in den Sozialen Netzwerken vertreten sind.

So konnten am Sonntag Sebastian Ramseier und Frau Affolter verknüpft werden. Ramseier hatte per Whatsapp seine Hilfsbereitschaft signalisiert, Frau Affolter bat kurz darauf per Mail um Begleitung auf dem Weg zur Therapie. Und alles klappte super. Die beiden gingen gemeinsam zu Fuss zur Therapie – Schutzmassnahmen inklusive.

Es ist schwer, über alle gelungenen Dienstleistungen im Bild zu bleiben. Manche Hilfeempfänger*innen löschen ihre Posts auf Facebook wieder, nachdem sie jemanden gefunden haben. Und das ist auch gut so. Dass weiterhin vielmehr Hilfebietende auf der Seite der Gruppe zu finden sind, ist ebenfalls kein Problem, schreibt eine Userin richtigerweise, denn der Ausnahmezustand wird noch länger anhalten. Hilfe wird gefragt bleiben. 

Noch mehr Anekdoten aus der Vermittlungskartei

Sibylle Forcart, 83 Jahre alt, schrieb per Mail an [email protected]. Sie könne nicht mehr aus dem Haus, könne ohnehin nicht so gut laufen. Die Haushalthilfe komme von ännet der Grenze, die Familie müsse Distanz halten. Ansteckungsgefahr. Ob jemand für sie einkaufen könne? 

Wir suchen Hilfsbereite, Postleitzahl 4052, und stossen unter diesem Schlagwort auf der «Gärn gschee»-Facebookgruppe bald auf Cäcilia Mangelmann. Ob sie helfen könne? Sie kann!

Einen Tag später ruft Frau Forcart. nochmal auf die Redaktion an. Sie habe mit Cäcilia Mangelmann verabredet, dass die ihr am Donnerstag ein paar Lebensmittel vorbeibringe. «Mit Gemüse und Fleisch bin ich bis dahin versorgt.» Wie sie das mit der Bezahlung machen, das werde sie noch überlegen, aber fürs erste wolle sie sich bei all den helfenden Menschen da draussen bedanken. Ihr sei auf jeden Fall, sehr freundlich gedient. 

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Ihr wollt helfen, oder Hilfe in Anspruch nehmen? In unserem Informationsblatt findet ihr die wichtigsten Fragen und Antworten.

Gibt es irgendwelche ganz besonderen Vorsichtsmassnahmen? Darüber orientieren die Profis vom Roten Kreuz hier.

Du willst über den Stand der Dinge und über den weiteren Verlauf der «Gärn gschee – Basel hilft» Gruppe informiert bleiben? Alles Wichtige dazu erfährst du in unserem allmorgendlichen Basel Briefing. Hier kannst du es abonnieren. 

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