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Gärngschee

Schaum im statt vor dem Mund: Günstige Cappuccinos in Basel

Wo gibt es leckeren Cappuccino für unter 4.50 Franken? Bajour-Mitarbeiter Florian hat sich durch die Basler Kaffeewelt getrunken.

11/10/22, 01:20 PM

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Wir fanden die besten Cappuccino zum fairen Preis in Basel.

Wir fanden die besten Cappuccino zum fairen Preis in Basel. (Foto: Florian Scheller)

Wie viel ist dir ein Cappuccino wert? Und wie viel ist beim Preis ZU viel? Diese Frage stellte ich mir, als ich Mitte Oktober den Beitrag von Chefredaktor Marcel Rohr in der BaZ las. Er ärgerte sich, dass er im Hotel Euler beim Bahnhof SBB für seinen Cappuccino 6.20 Franken zahlen musste. Und zahlreiche Leser*innen-Kommentare stimmten ihm zu.

Der Ärger beim BaZ-Chefredaktor ist gross.

Der Ärger beim BaZ-Chefredaktor ist gross.

Als Praktikant sitzt bei mir der Geldbeutel auch nicht allzu locker. Also wollte ich von der Gärngschee-Community wissen: Wie geht es euch? Seid ihr bereit so viel für einen Cappuccino zu bezahlen? Und gibt es den Wachmacher nicht auch gut UND günstig?

Die Kommentarspalte füllte sich mit hilfreichen Tipps von Gärngschee-Mitgliedern.

Die Kommentarspalte füllte sich mit hilfreichen Tipps von Gärngschee-Mitgliedern. (Foto: Facebook)

Der Grundtenor bei Gärngschee ist ähnlich wie in den BaZ-Kommentaren: Über 6 Franken für den Cappuccino sind zu viel. «Eigentlich sind 5 Franken schon zu viel», meint Gärngschee-Mitglied Sandra sogar. «Das finde ich Wucher», stimmt Charlotte ihr zu. Ihre Lösung: «Dann nehm ich halt den Kafi zuhause!» Einzig Gärngscheeleserin Sabrina zeigt Verständnis und ordnet die steigenden Preise der allgemeinen Teuerung zu. Denn auch die Gastrobetriebe sind mit höheren Strom- und Lebensmittelpreisen konfrontiert.

Aber die Gärngschee-Community liefert auch zahlreiche Tipps, wo ich einen feinen Cappuccino trinken kann, ohne dass ich zu tief in die Tasche greifen muss. Also machte ich mich auf eine Odyssee quer durch die Basler Kaffee-Welt, um die besten Cappuccinos unter 4.50 zu finden (hallo Chefin, wo bleibt der Preis für Mitarbeiter des Monats?).

Ziel: Cappuccino unter 4.50 Franken. Die Reise beginnt! 

Dienstag, kurz nach Mittag. Das Essen liegt träge im Magen, aber der Auftrag ist klar: «Nimm dis Velo und gang alli Kaffi go teste, wo Gärngschee empfohle het!» 

«Geile Sache», dachte ich. «Das müssen sie mir nicht nochmal sagen.» Grinsend verabschiedete ich mich von meinen fleissigen Kolleg*innen. Der Himmel  war wolkenfrei und für einen Dienstag Ende Oktober war es sommerlich warm. Schnell die Jacke in den Rucksack gestopft, Pullover reicht und los ging das koffeinhaltige Abenteuer. Die erste Zwischenetappe befindet sich im Stücki Park in Kleinhüningen.  

Super Kaffee aber das Stücki macht die Stimmung kaputt.

Super Kaffee aber das Stücki macht die Stimmung kaputt. (Foto: Florian Scheller)

Cafe Bar Milano

Die kleine Cafe Bar Milano im Herzen des unbelebten und sterilen Stücki-Komplexes, wirkt fehl am Platz. Es könnte auch ein Café in einer belebten Fussgängerzone in einem italienischen Städtchen sein. Vielleicht traute ich mich auch deshalb nicht, am Nachmittag einen Cappuccino zu bestellen. Ich kann nicht in Worte fassen, wie es sich anfühlt, in einem schön eingerichteten Cafe in einer lieblosen Umgebung einen sehr guten Kaffee zu trinken.

Da ich einer von insgesamt sieben Gästen war, wartete ich keine zwei Minuten an der Bar auf mein Getränk. Die Bedienung fragte freundlich, ob ich noch etwas zu essen wünsche, während sie sich auf italienisch mit einer Frau unterhielt. Als ich mit meinem Tablett am Tisch ankam, auf dem gepolsterten Stuhl Platz nahm und der erste Schluck meine Seele wachküsste, liess mich die Frage nicht los, ob ich mich hier zum «Käffele» treffen würde.

Denn eigentlich spricht viel dafür: freundliche und schnelle Bedienung, super Kaffee und mit 3.50 Franken sehr preiswert. Die Antwort fiel erst nach dem letzten Schluck und lautet «nein», und das hat nichts mit der Cafe Bar Milano zu tun. Das Stücki ist schuld. Doch den Kaffee gibts auch to-go und finde ich mich eines Tages an einem Spaziergang an der Wiese, weiss ich jetzt, wo es sehr guten Kaffee gibt

Besonderheit: In einer unbelebten Umgebung einen hervorragenden Kaffee trinken. Hat schon was. 

Preis Cappuccino: 3.50 Franken

Standort: Hochbergerstrasse 70 4057 Basel 

Öffnungszeiten

  • Mo bis Sa 09:00 - 18:00

Mit dem ersten Kaffee im Bauch machte ich mich wieder auf den Weg. Das Ziel, die Markthalle. Cool Beans. 

Mit Curry in der Nase und Cappuccino im Mund sitzt man in der Markthalle.

Mit Curry in der Nase und Cappuccino im Mund sitzt man in der Markthalle. (Foto: Florian Scheller)

Cool Beans

Als ich leicht verschwitzt meinen Cappuccino bei Cool Beans bestellte, bemerkte ich die Stille in der sonst so vibrierenden Markthalle. Nur der Geruch von exotischen Gerichten erinnerte an die hungrigen Menschenmassen, die vor etwas mehr als einer Stunde ihr Mittagessen hier genossen.

Den Cappuccino bestellt, kommt wieder die freundliche Frage: «Willst du noch etwas Süsses dazu?» Ich lehnte dankend ab, immerhin befand ich mich auf einer klaren Mission. Getränk bekommen, den richtigen Platz finden, hinsetzen, Foto machen und dann probieren. Diese Reihenfolge ist wichtig als Neo-Gastrokritiker. Der Cappuccino war gut, für meinen Geschmack etwas wenig für den Preis von 4.50 Franken. Doch der leicht-fluffige Schaum, davon träum ich heute noch. Insgesamt ist das Cool Beans eine Empfehlung wert, auch die breite Auswahl an köstlichem Gebäck überzeugt, zumindest in der Vitrine. 

Besonderheit: In exotischen Gerüchen einen guten Cappuccino mit einem Schaum zum Träumen geniessen. Wo gibt's das sonst?

Preis Cappuccino: 4.50 Franken

Standort: Viaduktstrasse 12, 4051 Basel

Öffnungszeiten:

  • Mo bis Sa 08:00 - 18:00
  • So 08:00 - 15:00 (bei Events bis 17:00)  

Ausgetrunken und koffeingeladen fuhr ich mit leichtem Rückenwind und in strahlendem Sonnenschein in Richtung Gundeli. Nächstes Ziel, BackwarenOutlet an der Güterstrasse.

Um Menschen zu beobachten, genau der richtige Spot.

Um Menschen zu beobachten, genau der richtige Spot. (Foto: Florian Scheller)

BackwarenOutlet 

Um ehrlich zu sein, das BackwarenOutlet war einer dieser Orte, an denen ich schon unzählige Male vorbei ging und mit neugierigem Blick durch die verzierten Schaufenster blickte, aber nie den Mut hatte, einzutreten. Ich war also gespannt. Da die beiden Kundinnen vor mir sich in aller Ruhe jedes einzelne Gebäck erklären liessen, nutzte ich die Zeit, um mich mit der unbekannten Umgebung vertraut zu machen. 

Beim Bestellen kam dann wieder diese verführerische Frage, ob ich noch ein Gebäck haben möchte. Ich blieb standhaft. «Nur Barzahlung hier», hiess es, als ich meine EC-Karte aus dem Portemonnaie fischte. Okay, schnell in die Bank daneben gehuscht und Geld abgehoben. 20 Franken gegeben und 17 Franken wieder zurück. «Nicht schlecht», dachte ich erstaunt, «drei Franken für einen Cappuccino.» 

Es gibt nicht viele Sitzmöglichkeiten, drinnen ein kleiner Tisch und draussen drei weitere. Da nur Journalist*innen und Studierende (zweimal schuldig) die Zeit haben, an einem Dienstagnachmittag Cappuccino zu trinken, hatte ich freie Auswahl. Der Cappuccino schmeckte gut, der Schaum war durchschnittlich. Da sass ich also auf dem Trottoir und beobachtete das rege Treiben und freute mich, dass ich mit jedem Schluck eine gute Sache unterstütze. Gerne wieder

Besonderheit: Für 3 Franken einen guten Cappuccino trinken mit einer super Kulisse. Gipfeli gibt es für 50 Rappen bis 1 Franken. 

Preis Cappuccino: 3 Franken

Standort: Güterstrasse 120, 4053 Basel

Öffnungszeiten

  • Mo 07:30 - 19:30
  • Di bis Fr 06:30 - 19:30
  • Sa 07:30 - 17:30 

Nach gut einer halben Stunde fasste ich Cappuccino gefüllt den Entschluss, die nächste Etappe in Angriff zu nehmen. Auf mich wartete einer der laut Gärnschee besten Cappuccinos von Basel. Auf zum Cross Coffee beim Brausebad. 

Gefühlt wie auf einer Piazza in Italien. Das Hupkonzert blieb leider aus.

Gefühlt wie auf einer Piazza in Italien. Das Hupkonzert blieb leider aus. (Foto: Florian Scheller)

Cross Coffee 

Bei Cross Coffee angekommen, fand ich mich in einem herzigen Cafe wieder. Ein Stück Italien. «Schon wieder Cappuccino?», fragte ich mich. «Ja, vergiss die Mission nicht.» Doch wie viele Entdecker vor mir erreichte auch ich den Punkt, an dem ich schwach wurde. So bestellte ich neben dem vierten Cappuccino innerhalb von zwei Stunden😵‍💫auch die knusprig-cremige neapolitanische Gebäckspezialität Sfogliatella. 

Ich setzte mich an einen Tisch mit Blick auf die Kreuzung, draussen natürlich und irgendwie fühlte ich mich wie auf einer Piazza in Italien. Der Cappuccino hat mit 4.20 Franken ein gutes Preis-Leistungsverhältnis. Guter Schaum und viel Kaffee. Das Dolce schmeckte hervorragend und war die Sünde allemal wert. Irgendwann merkte ich, dass ich völlig die Zeit vergass und verträumt dem kontrollierten Chaos aus Velo, Auto, Bus, Tram und Fussgänger*innen zuschaute. Aber ist das nicht auch «La Dolce Vita», dass man an einem sonnigen Dienstagnachmittag die Gedanken, mit einem Cappuccino in der Hand, schweifen lässt und unbeschwert den Moment geniesst? Irgendwann erinnerte ich mich daran, dass ich nicht in Italien auf einer Piazza sass, sondern wieder zur Arbeit musste. Also schnell weiter.

Besonderheit: Ein Stück Italien in Basel. 

Preis Cappuccino: 4.20 Franken

Standort: Austrasse 128, 4051 Basel

Öffnungszeiten

  • Mo bis Fr 07:30 - 18:00

Der letzte Cappuccino wartete im Quartiertreffpunkt LOLA auf mich. Fahrtzeit mit dem Velo etwa fünf Minuten. Und wenn ich ehrlich bin, war ich auch froh, dass sich mein Abenteuer dem Ende neigte. Etwas Sorgen über meine zittrig-nervösen Hände und wackligen Beine machte ich mir schon.

Die soziale Ader trinkt bei jedem Schluck im LOLA mit.

Die soziale Ader trinkt bei jedem Schluck im LOLA mit. (Foto: Florian Scheller)

LOLA - Quartiertreffpunkt St. Johann

Das LOLA kann schnell übersehen werden. Eingenistet zwischen mehrstöckigen Wohnhäusern, an der Kreuzung zweier Quartierstrasse und mit einer grossen Terrasse wirkt das weisse Gebäude wie aus einer anderen Zeit. Da draussen eine diskutierende Gruppe und spielende Kinder die Sitzmöglichkeiten besetzten, wählte ich den Platz drinnen am Fenster. Die Einrichtung würde ich als schön und schlicht bezeichnen – mit einer grossen Spielecke für Kinder.

Nach längerer Wartezeit brachte eine Frau meinen Cappuccino auf einem kleinen Tablett. Foto gemacht, probiert, Zunge verbrannt. Abgesehen von der kochend heissen Temperatur und dem fehlenden Schaum schmeckte der Cappuccino für 3.50 Franken gut. Aber hier spielt die soziale Komponente eine grössere Rolle. Mit jedem Kaffee gibt man Geflüchteten und bedürftigen Menschen einen sicheren und guten Arbeitsplatz. Und das schmeckt verdammt gut, auch wenn der Cappuccino kein wirklicher Cappuccino war. 

Besonderheit: Der sozialste «Cappuccino» in Basel. 

Preis Cappuccino: 3.50 Franken

Standort: Lothringerstrasse 63, 4056 Basel

Öffnungszeiten

  • Mo 09:00 bis 14:00
  • Di bis Fr 09:00 bis 18:00

Die richtige Lektüre zum Cappuccino

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