Bundesrat will Witwenrente kürzen: Ist das fair?
Der Bundesrat musste bei der Hinterbliebenenrente über die Bücher: Ein Urteil des Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte hatte eine Ungleichbehandlung der Geschlechter festgestellt, weil Witwen eine lebenslange Rente erhalten, egal ob sie Kinder haben oder nicht, während Witwer nur eine Rente erhalten, wenn sie Kinder haben und nur bis zu deren Volljährigkeit. Um diese Ungleichbehandlung zu beseitigen, schlägt der Bundesrat vor, dass Witwen und Witwer künftig bis zum 25. Altersjahr des jüngsten Kindes eine Rente erhalten sollen. Die lebenslange Witwenrente soll also gestrichen werden. Eine solche für alle Witwen und Witwer einzuführen, wäre sehr teuer geworden. Der Bundesrat argumentiert in die andere Richtung: Mit der Reform lasse sich ab dem Jahr 2035 jährlich 770 Millionen Franken einsparen. Die bereits laufenden Renten von über 55-jährigen Witwen und Witwern werden als Übergangslösung weiter bezahlt. Als Nächstes schickt der Bundesrat die Gesetzesreform ins Parlament.
An der Wirklichkeit unsere Zeit vorbei
Auch wenn es noch weniger Familien gibt in denen die Frau die Haupt- / Alleinverdienerin ist, so gibt es sie. Dann ist der Witwer eventuell von der AHV seiner verstorbenen Frau wirtschaftlich abhängig, insbesondere wenn das Schicksal früh zuschlägt. Warum macht man immer noch diese althergebrachten Geschlechterunterschiede? Wie soll es bei gleichgeschlechtlichen Paaren geregelt werden? Man könnte ja auch z.b die AHV des / der Zurückgebliebenen einfach auf den Maximalsatz aufstocken sofern die eigenen Beitragsjahre nicht reichen und zusätzlich im Falle von Kindern einen Kinderzuschlag zahlen. Damit wären kinderlose Paare nicht bevorzugt, aber dennoch abgesichert.
Unsoziale Politik des Bundesrates
Statt die Witwerrenten auf das Niveau der Witwenrenten anzuheben und damit Gleichstellung zu schaffen, will der Bundesrat bei den Frauen kürzen. Für finanziell schlecht gestellte Frauen kann dies gravierende Folgen haben, da sie nach vielen Jahren plötzlich ohne Rentenanspruch dastehen. Die Ungleichheit zwischen den Geschlechtern wird so verschärft statt verringert. Was für eine unsoziale Politik - und dies in Zeiten steigender Lebenshaltungskosten!
Jein
Es gibt unzählige Fälle, bei denen ganz klar die Witwenrente existenziell ist und unbedingt erhalten bleiben muss. Es gibt aber auch die Fälle, bei denen die Betroffenen bereits wieder 100% im Erwerbsleben stehen (mit ansprechendem Lohn), die Kinder bereits selbständig sind und gegen die 30 gehen. Dennoch gibt es jeden Monat mit ca. CHF 1200.- einen Zustupf, ohne für mich ersichtlichen Grund. Wer welche Leistung in der Kinderbetreuung erbracht hat oder ob Verheiratete beide ohne Kinder Vollzeit gearbeitet hatten wird meines Wissens nicht berücksichtigt. Da muss man die Spielregeln neu definieren. Dass diese Entscheide jedoch ausgelöst wurden, weil die Witwer die Gleichstellung verlangten, finde ich fast ein wenig beschämend. Ebenfalls beschämend finde ich, dass es bei den Bundesräten erhalten bleiben soll und die Witwenrenten auch bei kinderlosen Paaren CHF 142000.-/Jahr beträgt. CHF 142000.- für das man lediglich 5-Jahre verheiratet sein muss. Wo kann ich mich bewerben ;-) ?
Warum müssen die Witwen wieder für die fehlgeleitete Armeefinanzpolitik bluten?
Flickwerk Renten
Wie lange es wohl noch weiter gehen mag mit dem Flickwerk in Sachen Renten, wo auch Spezialisten kaum mehr den Durchblick zu haben scheinen. Und wo jede Partei behauptet, sie hätte das Ei des Kolumbus gefunden … wenn es nur alle so wie sie tun würden?