«Ich will im Nati-Shirt im Joggeli spielen»

Die Fussball-Europameisterschaft der Frauen 2025 wird in der Schweiz ausgetragen. Die Baselbieter Nati-Spielerin Lara Marti freut sich, denn so komme nicht nur ein Fest, sondern echter, attraktiver Fussball in die Stadien.

Lara Marti Bayer 04
Marti im Bayer 04-Dress am Ball.

Lara Marti sitzt im Zug. In vier Stunden, wegen Verspätungen meistens länger, reist sie von Basel nach Leverkusen an ihren Arbeits- und Wohnort. Als Aussenverteidigerin steht sie seit August 2020 bei Bayer 04 in der ersten Mannschaft unter Vertrag. Die Länderspielpause über Ostern liegt hinter ihr, weshalb sie in der Schweiz war und auch noch ein wenig Zeit hatte, ihre Eltern zu besuchen. Nun muss sie wieder zum regulären Training, wo am Wochenende bereits das nächste Spiel ansteht.

Lara Marti, Spielerin der Schweizer Fussballnationalmannschaft der Frauen, fotografiert am 22. Juni 2022 in Zuerich. (KEYSTONE/Gaetan Bally)
Zur Person

Lara Marti ist in Lupsingen aufgewachsen und hat beim FC Lausen ihr Fussballtalent entdeckt. Mit elf Jahren ist sie zum FC Liestal gewechselt, bevor sie dann ab 2014 beim FC Basel unterzeichnet hatte. Seit 2020 wohnt und spielt sie in Leverkusen. Die Bayer 04-Frauen gehören momentan zu den Top 6 der Bundesliga. In ihrer Freizeit beschäftigt sie sich nur wenig mit Fussball. «Wenn, dann nur Top-Spiele», also Champions-League-Spiele der Frauen und Männer.

Marti pendelt oft zwischen Deutschland und der Schweiz, doch dieses Mal geht sie extra motiviert zurück in ihren Alltag: Am 4. April wurde die Schweiz zum Austragungsort der Euro 2025 gewählt. «Eine mega Chance für den Schweizer Frauenfussball», findet Marti. «Um die Entwicklung zu beschleunigen, war es eine grosse Sache, dass der Schweizerische Fussballverband (SFV) und der Bund die Kandidatur unterstützt und gefördert haben.» Der SFV hatte mit aufwändig produzierten, humorvollen Videos geworben, um die Womens Euro 2025 in die Schweiz zu holen. 

Marti hofft, dass die Euro in der Schweiz zu einem grossen Fest wird und neue Mädchen für den Sport begeistern kann. Als Gastgeberin entfallen die Qualifikationsspiele für die Schweizer Nati. Daran habe Marti aber nicht als Erstes gedacht, sagt sie. Vielmehr sehe sie die Vertrautheit der Umgebung und die Nähe zur Familie als Heimvorteile. «Du weisst, wie alles funktioniert. Bist in einem Hotel, das du bereits kennst, Familie und Freunde können dich öfter besuchen und an den Spielen dabei sein.»

EM-Luft hat die 24-Jährige bereits geschnuppert. 2022 in England sass Marti auf der Bank, als die Schweiz am dritten Spieltag ausgeschieden ist. An der kommenden EM in der Schweiz möchte sie eine wichtigere Rolle im Team einnehmen. «Jetzt bin ich noch eine von den jüngeren Ergänzungsspielerinnen. Ich hoffe, dass ich mir bis dahin einen Stammplatz erarbeiten kann.» 

Marti hat gelernt, wie sie mit Druck umgeht und dass sie sich nicht unnötig mehr macht, was ihre Leistung und Ambitionen angeht. «Das Wichtigste ist, gesund zu bleiben.» Im Endeffekt liege es nicht nur an der spielerischen Leistung, sondern auch am Profil, das die Trainerin gerade für die Teamzusammenstellung suche. 

Ein Trainer*innenwechsel stellt das Frauen A-Team gerade vor Herausforderungen: Die aktuelle Trainerin Inka Grings hatte erst Anfang 2023 den Posten von Nils Nielsen übernommen. Sie muss nun innerhalb weniger Trainings das Team auf die WM-Gruppenphase im Juli vorbereiten. Marti und ihre Nati-Kolleginnen müssen sich an andere Schwerpunkte, Tagesabläufe, Trainingsidentität und Spielphilosophie gewöhnen. 

Laut Marti habe sich das Team schon gut eingelebt. «Wir sind auf einem guten Weg, aber die Abläufe sind noch nicht so perfekt abgestimmt. Es sind die Feinheiten, die in den Gruppenspielen der WM den Unterschied ausmachen können, und diese müssen wir im Juni noch optimieren.» An den Weltmeisterschaften in Australien und Neuseeland haben sich die Schweizerinnen mit Lara Marti übrigens das Ziel Achtelfinal gesetzt. Norwegen wird auf dem Papier als grösste Konkurrenz eingeschätzt. 

BILDMONTAGE - Teambild der Schweizer Fussballnationalmannschaft der Frauen, fotografiert am 4. April 2023 in Pfaeffikon SZ. Obere Reihe vlnr: Kattalin Stahl, Seraina Piubel, Fabienne Humm, Noelle Maritz, Alisha Lehmann, Naomi Megroz, Aurelie Csillag, Riola Xhemaili, Luana Buehler, Viola Calligaris. Mittlere Reihe vlnr: Andre Santos, Spielanalyst, Michel Kohler, Althletiktrainer, David Gonzales, Torhueterinnen-Trainer, Ana-Maria Crnogorcevic, Julia Stierli, Coumba Sow, Selver Hodzic, SFV-Assistenztrainer, Inka Grings, SFV-Auswahltrainerin, Melanie Pauli, Athletiktrainerin. Untere Reihe vlnr: Ella Touon, Lara Marti, Marion Rey, Sandrine Mauron, Gaelle Thalmann, Livia Peng, Lia Waelti, Geraldine Reuteler, Nadine Riesen, Meriame Terchoun. (KEYSTONE/SFV/Gaetan Bally)
Lara (Nummer 3) and the Squad.

Sollten die Schweizerinnen die Achtelfinalrunde erreichen, zählt die Nati an der Euro 2025 zu den Topteams und kann vielleicht noch mehr Publikum in die Stadien locken. Wer bis heute dem Frauenfussball kritisch gegenüber steht, dem*der rät Marti dennoch ein Spiel der Schweizerinnen zu besuchen. «Die Spiele sind auf höchstem Niveau und nur die Besten von jedem Land spielen. Dazu kommt, dass Frauenfussball noch sehr echt, zweikampfbetont ist. Es gibt keine Dynamiken, weil sich eine wichtiger fühlt als die andere.» Auch die Atmosphäre im Stadion sei eine andere als bei den Männern, viel familiärer und sportlicher. «Man muss Frauenfussball einfach eine Chance geben.» 

Mit der EM-Vergabe an die Schweiz kommt das Fussballevent auch nach Basel. Darauf freut sich die ehemalige FCB-Spielerin besonders. «Ich will im Nati-Shirt im Joggeli spielen.» Weil sie damals nur wenige Male im St. Jakob-Park gespielt hat – normalerweise spielt dort nur die Herrenmannschaft –, erinnert sie sich noch an einen Einsatz gegen Zürich im grössten Stadion der Schweiz. «Normale» Nati-Spiele finden vor allem in Zürich, Thun oder Luzern statt. Dass sie während der EM 2025 endlich wieder in Basel spielen werde, fühlt sich für Marti wie Heimat an.

giphy
Wir scoren für dich.

Werde Member. Unterstütze Bajour.

Basel Briefing

Das wichtigste für den Tag
Jetzt Abonnieren
Jetzt Member Werden

Das könnte dich auch interessieren

Kommentare