Der Basler Sommer bietet mehr als Badi
Die grossen Festivals sind down, trotzdem bietet der Basler Openair-Sommer mehr als nur Planschen. Von der Antifa tauglichen Strandparty und süssen Tikis zu Broadway-Jazz und Hollywood-Kitsch in Karossen: Bajour listet, was im Juli geht!
Tipp: Klicke nicht nur auf die Links, um das ganze Line-up der Veranstaltung zu checken, sondern bestelle gleich Tickets oder lass dich registrieren. Denn überall gelten die Sicherheitsvorgaben mit limitierten Plätzen.
Für Strandhüpfer*innen: Vengaboys in der Sandoase
Wenn die Antifa «We’re Going to Ibiza!» skandiert, treibt die politische Pophistorie besonders schöne Stilblüten. So mutierte die Eurodance-Hymne vom hohlen Sommerhit 1999 zum höhnischen Abgesang auf Österreichs Vize-Kanzler Heinz-Christian Strache. Der Rechtsaussen-Politiker hatte sich letztes Jahr auf der spanischen Insel im Rausch von Pulver und Hormonen um Kopf und Amt geredet, um eine vermeintliche russische Oligarchin zu beeindrucken. Straches Fall ermöglichte das Comeback der Vengaboys. «Up & Down» halt – um den Ibiza-Skandal passend mit einem weiteren Hit der holländischen Disco-Truppe zu kommentieren, oder «Boom, Boom, Boom, Boom!!»: «We Like to Party!»
Seit ihrem politischen Frühling animieren die Vengaboys mit ihrem Playback befeuerten Fitness-Programm wieder die grossen Feten. Der sandige Partyzipfel am Dreiländereck hätte sich keinen schöneren Start in sein Jubiläums-Weekend gönnen können. Nach dem grossen «Live»-Act ballern dann DJs Bravo-Hits von ihren Compilation-CDs.
Mitnehmen: Vor allem alles daheim lassen, was Intellekt und Stil angeht.
Anziehen: Neonfarbener Beach-Dress à la Borat und Sonnenmütze mit Getränkehalter oder Schlabber-Shirt mit Brustmuskel betonendem Rundausschnitt à la Strache.
Angeben: «Ohne David Hasselhoffs ‹Looking for Freedom› wäre die Mauer wohl nie gefallen.»
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3. bis 5. Juli: 5 Joor Sandoase (Start Freitag, 18 Uhr)
Für motorisierte Cineast*innen: Goldenes Hollywood in Pratteln
Im Cinema Drive-In läuft schon grosses Kino, bevor die Filme flimmern. Denn kaum ist die Karre nach der Autobahnausfahrt Pratteln eingereiht und aufgebockt, umschwirren Rollergirls mit Popcorn-Boys die Karossen mit Leckereien, und bis die Nacht die Leinwand freigibt, spielen regionale Bands feine Sundowner-Konzerte. Ihr Openair-Sommer ist flöten, Autokinos feiern dagegen dank dem «Lockdown light» ihr grosses Revival.
Schätzte man früher die Privatsphäre des Kino-Erlebnisses in der eigenen Karosse, ist es heute mehr wegen der sozialen Distanz, denn der Diskretion zwischen den Autos. Der cineastische Geist dreht im Cinema Drive-In jedoch nicht um aktuelle Pandemie-Thriller. In der Pratteler Agglo kommt man in den Genuss von Hollywood-Streifen mit dem gewissen Klassiker-Kitsch. Besonderen Kribbel garantieren die Late-Night Vorstellungen mit Horror-Klassikern wie das mordende Auto «Christine» oder «Jaws», die Mutter aller Hai-Paranoia.
Mitnehmen: Beifahrer*in mit Billett, wenn man nach dem Horror nicht mehr fahren kann.
Anziehen: Hier kann man auch ganz ungeniert in der Jogging-Hose aufkreuzen.
Angeben: Zu «Christine» einfach mal im 1958er Plymouth Fury in rot-weisser Speziallackierung einfahren – und das Autokino gehört dir alleine.
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3. - 29. Juli: Autokino Cinema Drive-In, Pratteln. Für Band und Filmprogramm check: cinema-drive-in.ch
Für rheinische Karibikschwärmer*innen: Coruba Soundsystem auf dem Landauer
Süsser die Bässe nie schwirren, als wenn sie aus den hölzernen Türmen eines selbstgezimmerten Soundsystems donnern. Und wenn der Day Dance mit karibischen Klängen dann auch noch bei tropischen Temperaturen unter freiem Himmel stattfindet, stehen alle Zeiger auf: Sommerfest der Superlative!
Ein Fest für die ganze Familie. Denn die Jungs vom Coruba Soundsystem haben vor den Toren Basel einen grüne Oase gefunden, mit Spiel- und Fussballplatz für alle jene, die lieber Bällen denn Bässen frönen. Und weil es sich mit leerem Magen schlecht feiert, kann man sich denn Bauch vollschlagen mit afrikanische Wraps oder der jamaikanischen Grill-Spezialität Jerk Chicken.
Mitnehmen: Bunter Hut und Vuvuzela
Anziehen: Badehorts und Flip-Flops
Angeben: «Hast du gewusst, das Bob Marley am liebsten Profi-Fussballer geworden wäre? Darum wurde Jamaikas bester Fussballer Alan ‹Skill› Cole Marleys Manager. Der schickte die Band vor der Tour in harte mit Trainingslager und auch vor den Konzerten wurden stets ein paar Bälle gespielt.»
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4. Juli, 14 bis 23 Uhr, Coruba Soundsystem mit DJ Bazooka und Claasilisque Sound, Sportplatz Landauer
Für Alternativ-Drinker*innen: Tiki Bar im Exil
Sind die Barkeeper bunter als die Cocktails, bist du wohl in der Tiki Bar gelandet. Hinter Basels heimeligstem Hinterhoftresen tragen die Männer Hawaiihemden, während die Frauen die Tanzfläche mit 7”-Singles bespielen. Doch dieses Jahr schien es nix zu werden mit süssen Drinks am Bambustresen, schwitzigen Konzerten, schleimigen Schneckenrennen und anderen Sommervergnügen rund um die Bar: Der gefährliche «Atomic Bikini« putzt zwar viele(s) weg, zum desinfizieren reicht der Shot des Hauses leider nicht. Safer Tiki war in der stickigen Ecke des Platanenhofs nicht möglich.
Aber nun wandert die Crew über die Strasse ins Humbug. Bambus und Tiki Totems bleiben drüben, doch sorgt eine Ausstellung mit den legendären Tiki-Bar-Flyern von San Remo für das Ambiente. Der Künstler spielt zum Auftakt mit Landi Bandi gleich selber auf der Bühne, danach sorgt DJane Tikita für Musik.
Mitnehmen: Dein Kumpel, der behauptet: Shots und Longdrinks seien Kinderzeug.
Anziehen: Hier ist Mann auch in kurzen Hosen gut gekleidet, solange das Hemd schön Blumig ist. Bei Frauen gehören Blüten in die Haare.
Angeben: «Die Basis der opulenten Tiki-Drinks sind Rum und Fruchtsäfte. Die beiden Cocktail-Klassiker ‹Mai Tai› oder ‹Zombie› sucht man auf der Tiki-Bar-Karte aber vergebens: Hier wird selbst bei den Cocktails eine Alternative zum Mainstream geboten.»
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10. Juli, Tiki Takes off to Humbug, 21 Uhr, Humbug
Für Treppen-Stepper*innen: Openair Festival in Riehen
Drei Openair-Konzerte an einem Wochenende: Da kommt richtig Festival-Laune auf! Lustigerweise findet die «Kulturtreppe» nicht in der Stadt sondern in der verschlafenen Agglo-Gemeinde Riehen statt.
Den Auftakt macht die Soirée d’été – die sommerliche Version der Jazz-Montage im Kleinbasler Sääli. Die äusserst versierte Hausband hat für diese Freiluft-Session einen bunten Reigen von sechs Regio-Sänger*innen geladen, welche Broadway-Klassiker und andere smoothe Jazz-Blüten intonieren.
Am Freitag gibt es dann elektronischen Pop von YAYA, die nach der erzwungen Konzert-Pause brennen, endlich ihre neuen Songs live spielen zu können. Und wenn Prekmurski Kavbojci auf der letzten Treppenstufe mit Balkanbeats, lateinamerikanischen Cumbia und indischem Banghra einmal um den Globus tanzen, steppt Riehen als Weltdorf im Taschenformat.
Mitnehmen: Dein*e Freund*in, die nur etwas Sonne und Musik braucht, um im Einklang mit der Welt über den Rasen zu drehen.
Anziehen: Das Coachella-Bohème-Dress von Pinterest.
Angeben: «Mit dem HillChill hat Riehen sogar ein Openair-Festival mit Doppelbühne, das dieses Jahr sein 20-Jahre Jubiläum gefeiert hätte.»
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23 - 25. Juli, jeweils 18.30 Uhr, Kulturtreppe, Landauer Riehen