Was soll eigentlich diese blöde Liebesgeschichte?

Geht es um Liebe sind Hollywood-Blockbuster einfach gestrickt: Der Mann angelt sich auf seiner Heldenreise die Frau seiner Träume. In manchen Fällen ist dieses Schema sogar besonders doof. Das Beispiel «Wonder Woman».

Kultzgrün

Dieser Artikel wurde am 26. März 2022 zuerst bei Kultz publiziert. Kultz gehört wie Bajour zu den verlagsunabhängigen Medien der Schweiz.

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(Bild: Warner Bros. Entertainment)

Im Jahr 2017 fegte mit Patty Jenkins DC-Comicverfilmung der Amazonen-Kriegerin Diana Prince feministischer Wind durch die Kinosäle. Stark, unabhängig und furchtlos präsentierte sich die von Gal Gadot verkörperte Wonder Woman. Eine Kämpferin, die auf einer abgeschotteten Fraueninsel aufwuchs, gleichzeitig aber von der Welt abseits ihres Geburtsortes fasziniert war.

Schon damals gab es aber einen Störfaktor in der actionwuchtig-schwungvollen Handlung: Ihr Love Interest, der Pilot Steve Trevor. Den braucht es Null Komma Null in einer mit ordentlich Frauenpower versehenen Prämisse, zumal hier auch Null Komma Null Funkensprühen rüberkommt.

Nur kurzes Aufatmen

Wenn überhaupt, hätte hier der Liebeswahn umgedreht gehört, so dass sich die gute Diana ihren Prinzen aussuchen darf. Aber nein, eine Wahl hat sie nicht und erobert werden muss sie auch noch. Der bittere Nachgeschmack dieses Über-den-Haufen-werfens der eigenen vielversprechenden Idee lässt nach, als Steve Trevor irgendwann – natürlich aufopferungsvoll – vom Himmel stürzt

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Nicht totzukriegen: Wonder Womans Schwarm Steve Trevor. (Bild: Warner Bros. Entertainment)

Aber leider hält dieses Aufatmen nur bis zur Fortsetzung, die 2020 auf die Leinwände kam. In «WW84» und einem in die 1980er-Jahre verlegten Setting, «darf» Wonder Woman in ihrer Freizeit gerne einmal ein paar trottelige Kaufhausdiebe dingfest machen und ansonsten hübsch gestylt im Museum staubige Artefakte untersuchen, wenn sie nicht gerade traurig und einsam vor ihrem Glas Wein sitzt.

Liebe Hollywood-Schreiberlinge: Couragierte Heroinen kommen alleine ganz gut klar.

Genau so stellt man sich eine emanzipierte Frau – dazu noch amazonische Superheldin – vor: Ihrem seit 70 Jahren (!!) toten One-Night-Stand Steve immer noch hinterher weinend und ihn sich sehnlichst herbeiwünschend. War die Love-Story schon in Teil 1 so glaubwürdig wie der Wunschstein, der den guten Steve wieder aus dem Reich der Geister auferstehen und in einen anderen Körper fahren lässt, wird die leidenschaftslose Sinnfreiheit hier sogar noch gesteigert. Zu allem Übel verliert die arme Diana dann auch noch ihre Kräfte, damit Steve sie abermals «retten» kann.

Ihrer Arbeitskollegin Barbara Minerva soll es nicht anders ergehen: Ein schüchterner, doch liebenswerter Wissenschaftlerinnen-Nerd zu sein, ist nichts, worauf Frau im Leben stolz sein könnte. Nein, als solche ist es natürlich viel erstrebenswerter, in erster Linie den Männern gefallen zu wollen. Liebe Hollywood-Schreiberlinge: Couragierte Heroinen kommen alleine ganz gut klar. Bitte merken, damit es die nächste Gurken-Liebesstory nicht vom Hirn aufs Papier schafft.

Kultzgrün

Dieser Kultz-Artikel wurde im Rahmen des «Innereien»-Kulturprojektes der Albert Koechlin Stiftung produziert. Hier erfährst du mehr darüber. Und hier geht es zur offiziellen Webseite: www.innereien.ch.

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