Ich bin demisexuell. And I hate it!
Sascha will nicht sofort auf der Clubtoilette, aber vielleicht nach drei Dates? Wieso Sascha das Warten nervt.
Als lesbische, non-binäre trans Person hat man schon eine gute Anzahl Outings hinter sich. Treffend fand ich darum auch die Beschreibung einer Freundin, die sagte: «Als Queers haben wir eine Flatrate auf Outings.» Sie ist eine lesbische, polyamourös liebende und lebende trans Frau.
Nun denn, hier ein weiteres, zähneknirschendes Outing: Ich bin demisexuell. And I hate it!
Ich hab nichts gegen Demisexuelle, ich verstehe sie ja mega gut, es ist nur das erste Mal, dass mich eine Identität, die ich an mir feststelle und ein Wort dafür kenne, richtig 👏 hart 👏 ankackt 👏.
Aber kommen wir erst einmal, wie immer bei einem Outing, zur Begriffserklärung: Demisexualität bedeutet weder asexuell noch (allo)sexuell. Es ist sozusagen das non-binäre Geschwisterchen neben diesen beiden. Demisexualität heisst nicht, dass man keinen Sex möchte. Oder keinen Sex mag. Es bedeutet, dass man eine engere, tiefe Verbindung zu einer Person haben muss, um mit ihr schlafen zu können (oder zu wollen).
Heisst: One-Night- Stands sind eher schwierig.
Aber: Drei Dates vor dem ersten Sex, gute Gespräche, Faszination, emotionale Bindung? Ja, eh, lass uns ficken!
«Ich möchte auch One-Night-Stands haben!»
Im Englischen wird in diesem Kontext auch von «secondary sexual attraction» gesprochen. Also wenn man beschreiben möchte, dass man eben nicht auf Anhieb, beispielsweise nur wegen des Aussehens, mit einer Person schlafen möchte. Natürlich kann trotzdem eine unmittelbare sexuelle Attraktion im Spiel sein, aber um dieser Attraktion nachzugeben, muss ihr eben meistens eine emotionale Verbindung vorausgehen.
Nun zu mir und wieso mich meine Demisexualität ankackt: Ich möchte auch One-Night-Stands haben!
Ich möchte auch eine Person ansehen, einen kurzen Flirt mit ihr haben und in aller Selbstverständlichkeit zusammen in einem Bett – oder einer Clubtoilette – landen. Ich bin eifersüchtig auf Freund*innen, die sich so promiskuös auf Parties verhalten und am Laufmeter Leute mit nach Hause bringen. Ich muss da immer erst so hart eine Runde in die zwischenmenschliche Atmosphäre reinschnüffeln und reingschpüren – und bin dann erst noch mehrheitlich eher enttäuscht als angeturnt. Weil mich die Person als Person dann doch zu wenig interessiert, begeistert, anzieht.
«Bei meinen One-Night-Stand-Versuchen mit cis Männern scheitert es mithin auch regelmässig an meiner queeren Körperlichkeit.»
Es ist ausserdem so zeitaufwändig, demisexuell zu sein und Sex zu wollen! Ich arbeite 80 Prozent in der Gastronomie, schreibe zwei Kolumnen und mache sonst noch so viel Zeug nebenher, dass ich gar nicht weiss, wie, wann und in welcher guten Regelmässigkeit ich meine Dates stattfinden lassen soll – bevor ich mich im Falle guter Vibes geneigt fühlte, mit einer Person zu schlafen.
Hinzu kommt noch eine ganz andere Dimension der Eifersucht: Die meisten Menschen sind cis. Das ist auch in Sachen Dating ein riesiges Privileg. Wenn ich eine Person treffe, muss ich oft erklären, was denn jetzt dieses non-binary bedeutet. Allenfalls fühlen sich die Personen nicht hetero oder homo oder wasweissich mir gegenüber, versuchen mich auf eine der beiden Kategorien festzulegen, scheitern, sind enttäuscht und fühlen sich nicht mehr hingezogen zu mir.
Bei meinen One-Night-Stand-Versuchen mit cis Männern (und wirklich nur mit cis Männern) scheitert es mithin auch regelmässig an meiner queeren Körperlichkeit, was für mich dann besonders schmerzhaft ist.
Scheitern heisst, dass mich diese Leute durchaus äusserlich und intellektuell erst für sehr attraktiv halten. Dass sie sich aber dann auf einer körperlichen Ebene mit meinem Transkörper konfrontiert sehen, dann überfordert und in der Folge abgeturnt sind.
All das machts mir und meinen Bedürfnissen mengmol recht schwer.
Drum kackts mich an, dass ich demisexuell bin.
Du fragst Dich, wieso ich über Daten und Sex-Haben-Wollen spreche, wenn ich doch eine so tolle Beziehung mit Tyra führe? Ein letztes (in diesem Fall: euphorisches) Outing: Wir leben in einer offenen Beziehung, in der wir uns aber jeweils den Vorzug geben.
Und Du fragst Dich vielleicht noch, wieso es dafür schon wieder einen Begriff braucht? Mir hilft das, mich besser zu verstehen und mich anderen mitzuteilen. Wenn Du ähnlich fühlst wie ich, aber den Begriff demisexuell bescheuert findest: Niemand zwingt Dich, dieses Label für Dich zu verwenden.
Bye bye, bis zum nächsten Mal ❤️