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Glücksort

Pizza e amore: In dieser Gartenbeiz dauern die Sommerabende ewig

Aperitivo zwischen Graslilien, während die Güterzüge vorbeituckern: Das «Il Giardino Urbano» beim Bahnhof St. Johann lässt urbane Schöngeister schwelgen.

Yaël Debelle

07/02/20, 04:50 AM

Aktualisiert 07/28/21, 03:00 AM

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Fast wie in Süditalien. (Foto: @baselswizz)

Fast wie in Süditalien. (Foto: @baselswizz)

Machen Orte glücklich? Ja, manche schon. Besonders, wenn sie so liebevoll beschrieben werden wie hier: Die Basler Journalistin Yaël Debelle hat zusammen mit Co-Autor Stephan Petersen 80 Glücksorte in Basel ausfindig gemacht und diese in einem einzigartigen Stadtführer versammelt. Das Buch erschien im September 2020 und landete auf der Bestseller-Liste.

Yaël Debelle starb vier Monate nach Erscheinen des Buches. Sie hatte einen besonderen Blick für das Schöne und Spezielle. Ihre Texte waren Bijous, die Basel zum Leuchten brachten. Zu Ehren einer der «talentiertesten Journalistinnen der Schweiz» («Tachles») schalten schalten wir Yaëls 10 Lieblingsorte in Basel noch einmal auf. Und lassen uns von Yaël ein bisschen lichtes Sommerglück ins Herz tragen.

Es ist Mitternacht, die Schicht längst vorbei. Doch die Mitarbeiter wollen nicht nach Hause gehen. Sie sitzen in der Lounge zwischen Malven und Kosmeen, die Grillen zirpen, die Gleise strahlen Wärme in die Nacht. «Ich muss meine Leute oft in den Feierabend zwingen», sagt Andy Branca, Inhaber des Giardino Urbano.

Seine Outdoor-Beiz ist ein paradiesischer Garten aus Wildpflanzen und kultivierten Schönheiten, bloss einen Meter von den Gleisen des Bahnhofs St. Johann entfernt. Mal rast ein TGV aus Paris vorbei, mal tuckert ein Güterzug Richtung Süden. Im Hintergrund bläst ein Kamin Dampfwolken in den Himmel, die Flugzeuge des Euro-Airport erklimmen die Lüfte. Die weite Welt ist hier ganz nah.

Den Garten pflegt Stammgast Patrick, ehrenamtlich. Er giesst Lotus- und Passionsblumen, pflanzt Graslilien, sät Goldmohn. Und freut sich über jede Wildpflanze, die sich selbst in den Garten eingeladen hat. Dafür bekommt er den Kaffee umsonst und die «falschen» Pizzen, wenn Koch Andy versehentlich Napoli statt Funghi in den Ofen geschoben hat. Andy Branca hat in namhaften Basler Restaurants gekocht. «Aber dann hatte ich die Nase voll von dem Stress. Ich will meinen Frieden haben, mein schönes Plätzli.»

Nun ist er sein eigener Chef und begeistert mit seinen Pizzakreationen, für die er auch mal die Feigen aus dem Garten verwendet oder den Kürbis, mit feinen Kräutern mariniert. Das Olivenöl stammt aus der Plantage seiner Familie in Kalabrien. Passt zum Giardino, der ein fast süditalienisches Mikroklima hat, weil er so sonnenexponiert ist. Bei schönem Wetter ist die Beiz immer voll. Es läuft bei Branca, der nebenberuflich als Influencer arbeitet. Unter @baselswizz hat er auf Instagram rund 35.000 Follower und verdient ordentlich für paid posts. «Surreal», sagt Branca. Sehr real aber ist sein «Giardino Urbano», wo grün leuchtende Skarabäus-Käfer, seltene Holzbienen und knallrote Lilienhähnchen herumfliegen und Menschen aus Fleisch und Blut den echten Sonnenuntergang geniessen.

Wie kommst du dahin?

Giardino Urbano, Bahnhof St. Johann, Vogesenplatz 1, 4056 Basel, Eingang hinter dem Bahnhofsgebäude.
ÖV: Tram 1, Haltestelle Bahnhof St. Johann.

Das Buch

Der Bestseller «Glücksorte in Basel. Fahr hin und werd glücklich» von Yaël Debelle und Stephan Petersen, Droste Verlag, Düsseldorf. Hier kannst du das Buch kaufen.

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