Papa hat Lust, zu tanzen
Vor einer Woche kam die ersehnte Nachricht: Besitzerwechsel beim FCB – David Degen übernimmt die Aktienmehrheit von Bernhard Burgener. Didi-Kolumnist Benedikt Pfister blickt auf den emotionalen 11. Mai zurück.
Ausnahmsweise durften meine Kinder am letzten Dienstag bereits am Nachmittag Netflix schauen. Hoch im Kurs steht aktuell die Serie «Kleine Prinzessin». Die Folge, die an der Reihe war, hiess «Ich will nicht tanzen». Während sich die kleine Prinzessin dagegen wehrte, in den Ballett-Unterricht zu gehen, verzog ich mich in die Küche. Es war 15 Uhr. Der FC Basel hatte zur Pressekonferenz gerufen.
Der FCB hatte am Vortag angekündigt, dass es zu einer Einigung zwischen Bernhard Burgener und David Degen gekommen sei. Ich befürchtete das Schlimmste! Obwohl die meisten Medien die Einigung so interpretierten, dass David Degen der Sieger sein müsste, war ich überzeugt: Bernhard Burgener verkauft den FCB an eine Briefkastenfirma.
Ich habe mir in solchen Angelegenheiten einen Zweckpessimismus angeeignet. Ich rechne immer mit dem Schlimmsten, damit ich keine böse Überraschung erlebe. In Zeiten, als der FCB noch Champions League spielte, waren so auch 0:7-Klatschen in München einigermassen erträglich. Das Schöne an meinem Zweckpessimismus ist, dass ich sehr oft positiv überrascht werde.
Tatsächlich fühlte sich meine Spannung vor dem 11. Mai so an wie damals bei wichtigen Spielen. Die Nervosität und die Anspannung stiegen im Vorfeld ins Unermessliche. Die Chats liefen heiss. Wie geht es weiter, wenn der FCB tatsächlich an eine Briefkastenfirma verkauft wird und ein ausländischer Investor einsteigt? Totaler Widerstand oder Schulterzucken?
Im Verlauf des Montags wurden erste Namen herumgereicht: Wer wird mit Degen beim FCB einsteigen? Sollte der Alptraum mit Alleinherrscher Burgener tatsächlich zu Ende gehen? Meine Skepsis wich, als am Dienstagmorgen die Medien Vollzug meldeten: Degen übernimmt. Die Anspannung wich einem wohligen Kribbeln.
Die Nachrichten in den Chats wurden zuversichtlicher. Kurz vor der Pressekonferenz informierte der Club offiziell über den Besitzerwechsel. Eine Riesenlast fiel von den Schultern.
Ich sass also in der Küche und schaute gebannt auf mein iPhone. Ich fühlte mich, als würde der FCB die Young Boys mit 5:0 aus dem Stadion fegen. Der neue Besitzer David Degen sprach von Transparenz, Offenheit und Ehrlichkeit, von Demut, von Einigung statt Spaltung. Es werde keine Alleinherrschaft mehr geben, der Verwaltungsrat der Holding werde breit aufgestellt, die Aktien auf mehrere Schultern verteilt.
Was für eine Veränderung! Statt einer britischen Investmentfirma, die in saudi-arabischem Geld ertrinkt, sitzen neu unter anderem im Verwaltungsrat: Eine ehemalige FCB-Spielerin, ein aktiver Fasnächtler, ein ehemaliger FCB-Meistertrainer und der Präsident einer lokalen Partei. Präsident des Verwaltungsrats soll ein ehemaliger Spieler der FCB-Aufstiegsmannschaft von 1994 werden. Respekt, David Degen!
Klar, der FCB wird jetzt nicht automatisch Serienmeister. Aber darum geht es gar nicht. David Degen zeigt Respekt und sagt Sätze wie: «Der FCB ist ein Kulturgut, das wir pflegen müssen.» Der FCB macht wieder Freude. Ich bin heiss auf die neue Saison. Ich habe Lust, zu tanzen.