Steuerpaket: Bürgerlicher Bumerang?
Die Steuersenkung ist nicht nur Millionen schwer, sondern auch strategiepolitisch tricky. Wenn die Bürgerlichen überborden, liefern sie der Linken einen Steilpass. Eine Einordnung.
Die Bürgerlichen träumen schon lange davon. Jetzt sehen sie endlich die Chance: Sie wollen die Steuern senken und haben diverse Vorstösse eingereicht. Die Regierung hat eine entsprechende Vorlag ausgearbeitet
. Nun hat das Paket die nächste Hürde genommen: Die Wirtschaftskommission stimmt mit 11 zu 2 Stimmen zu.
Sie fordert allerdings zwei 20 Millionen teure Ergänzungen: Sie will den mittleren und oberen Einkommenssteuersatzes um je 0,75 Prozentpunkte senken und die Sozialabzüge um 400 Franken pro Person erhöhen. Dies zusätzlich zu den 68 Millionen Franken schweren Entlastung, welche die Regierung vorschlägt.
Basta und Grüne haben bereits Kritik geäussert und angekündigt, das Referendum zu ergreifen, wenn das Paket so durch den Grossen Rat kommt. Ihnen geht die Entlastung der Gutverdiener*innen und Vermögenden zu weit. Dem Gewerbeverband dagegen zu wenig weit, er nennt die Vorlage einen «mutlosen Kompromiss». Einigermassen positiv äussern sich GLP bis SVP über die «längst fällige Steuerentlastung».
Nur eine Partei hat noch nichts gesagt: Die SP äussert sich erst im September. Das ist eine Frage des Dienstwegs, zuerst muss die Fraktion befragt werden und die tagt erst im Herbst. Was die grösste Partei Basel-Stadts zu sagen hat, dürfte aber interessant sein.
Hui
Für die SP ist die Ausgangslage nämlich ein bisschen tricky.
Nachdem die Regierung im März ihren Vorschlag präsentierte, ging die SP-Führung von null auf hundert in die Opposition und drohte mit dem Referendum. Mittlerweile ist sie etwas zurückgekrebst in der öffentlichen Kommunikation.
Der Grund ist die politische Konstellation: Das Finanzdepartement ist in den sozialdemokratischen Händen von Tanja Soland. Allerdings haben die Bürgerlichen in Finanzfragen die Mehrheit im Parlament, weil die GLP für die Steuersenkung ist. Sie haben also machtpolitisch einen Vorteil und das in einer Zeit, in der Basel-Stadt Jahr nach Jahr Überschüsse verzeichnet hatte, und das sogar während der Pandemie. Gegen weniger Steuern zu argumentieren, ist also nicht ganz einfach.
Kommt hinzu: Im Paket ist für alle etwas dabei. Die tiefsten steuerbaren Einkommen profitieren, weil der Steuerfreibetrag sinkt - mehr Menschen mit tiefen Einkommen werden gar keine Steuern bezahlen müssen. Ein altes Anliegen der Linken. Auch bereits verbilligte Kassen-Prämien können inskünftig von den Steuern abgezogen werden, was ebenso Niedrigverdienerinnen zugute kommt.
GAB kann nicht verlieren
Durchs Band alle Einkommen werden tiefer besteuert. Und auch ein Zückerli für die Vermögenden gibts, deren Steuern ebenfalls leicht sinken werden. Das ist der Knackpunkt aus sozialdemokratischer Sicht, hinzu kommt: Die zirka 25 Prozent der Haushalte, die gar keine Steuern zahlen, weil sie zu wenig Geld dafür haben, profitieren nicht. Es wird ihnen aber auch nichts weggenommen.
Andererseits hat sich die Basler Bevölkerung in der jüngsten Vergangenheit sehr offen gegenüber, nennen wir sie «Klassenkampfthemen», gezeigt. 2019 nahm sie die Topvedienersteuer an, die jetzt durch die vorgelegten Steuererleichterungen laut Basta und Grünen geritzt wird. Letztes Jahr folgte die angenommene Mindestlohninitiative (also der Gegenvorschlag). Es ist also fraglich, ob die Bevölkerung es akzeptiert, wenn die hohen Einkommen und Vermögen zu stark entlastet werden. Hier muss dann also der bürgerlich dominierte Rat die Grenzen spüren.
Unter dem Strich haben also sowohl die Bürgerlichen, wie auch die Linken etwas zu verlieren. Die Wirtschaftskommission schreibt denn auch im Bericht, es sei ihr ein «ein grosses Anliegen, dem Grossen Rat eine breit abgestützte Lösung vorzulegen». Man spürt dem – an sich trockenen – Schreiben an, dass gerungen wurde. In mehreren Punkten hat es offenbar Protest von der einen oder Seite gegeben, dann wurde man sich aber im Sinne des Kompromisses fast einig (mit zwei Ausnahmen).
Kein Problem ist die Sache für Grüne und Basta. Sie haben niemandem im Regierungsrat und können sich mit einem Referendum profilieren. Wirklich verlieren können sie also eigentlich nicht.
... kommen die lieben Member bei uns an.❤️