Die SP macht auf Opposition

Finanzdirektorin Tanja Soland hat keine andere Wahl. Sie muss die Steuern senken. Aber sie präsentiert einen Kompromiss, der auch Menschen mit kleinem Budget zugute kommt. Warum also geht ihre Partei auf die Barrikaden? Ein Kommentar.

Tanja Soland
Tanja Soland jongliert mit dem Steuerpaket zwischen Linken und Bürgerlichen.

Die Basler Regierung schlägt vor, die Steuern um 68 Millionen Franken zu senken. Finanzdirektorin Tanja Soland hat am Freitag das entsprechende Paket vorgestellt. Auf die Idee ist sie nicht selbst gekommen: So will es der Grosse Rat, der mehrere Vorstösse überwiesen hat. 

Das Steuerpaket, das die Finanzdirektorin präsentiert hat, trägt die Handschrift der neuen Regierung. Deren Mehrheit ist spürbar nicht mehr rotgrün. So schlägt die Regierung eigenhändig vor, die Vermögensteuern für Wohlhabende «moderat» zu senken. 

Unbenannt

Die Vermögenssteuer bleibt im kantonalen Vergleich immer noch hoch. Es geht aber offenbar mehr ums Gefühl als ums Geld: So sagte Finanzdirektorin Tanja Soland heute vor den Medien: «Es ist toll, dass Vermögende hier wohnen und zum Standort beitragen.» Die Mobilität bei diesen Personen sei hoch, «die Regierung will ein Zeichen aussenden und Wertschätzung ausdrücken.» 

Gefühlt zwei Stunden nach Veröffentlichung des Pakets gingen die Sozialdemokrat*innen auf die Barrikaden. Dem Steuerpaket «fehle die Ausgewogenheit», schrieben sie

Die Vermögenskonzentration in Basel-Stadt sei bereits «massiv». «Unter 0.5 Prozent  der Steuerpflichtigen besitzen über 50 Prozent des Vermögens.» Bleibe die Vermögenssenkung Teil des Pakets, dränge sich ein Referendum auf.  

Fragt sich: Zu welchem Preis?

Das angedrohte Referendum ist ein Angriff auf die eigene Finanzdirektorin. Und aus SP-Sicht auch nicht sehr klug. 

Denn es handelt sich um einen Kompromiss. Die Vermögenssteuersenkung klingt jetzt erst mal eher nach grünliberal als nach sozial. Das Zugeständnis an die Bürgerlichen ist spürbar. (Die Regierung hat seit den letzten Wahlen keine rotgrüne Mehrheit mehr).

Aber Soland hat einiges für Menschen mit tieferen Einkommen rausgeholt. Menschen, die Prämienverbilligung kriegen, können die Krankenkassenkosten wieder von den Steuern abziehen. 1500 Haushalte hätten dadurch 300 bis 400 Franken pro Jahr mehr auf dem Konto, sagte Soland - und zwar Haushalte, die gerade noch genug verdienen, um Steuern zu zahlen. «Für diese Menschen ist das viel Geld», sagte sie.

Von der Einkommenssteuersenkung profitieren alle Basler*innen, aber vor allem der Mittelstand, also Einkommen bis 200'000 Franken. Höher ging Soland hier mit Absicht nicht: «Die Regierung wollte nicht die Topverdienersteuer rückgängig machen, welche die Bevölkerung angenommen hat.»

Es stimmt also nicht, dass «Steuergeschenke an einen kleinen, privilegierten Teil der Bevölkerung» gehen, wie die SP behauptet.

Aus sozialdemokratischer Sicht kommt hinzu: Die SP hat drei Personen in der Regierung. Wenn sie sich jetzt benimmt, als wäre sie in der Vollopposition, schwächt sie damit ihre eigene Finanzdirektorin, deren sozialdemokratischer Kompass unbestritten ist. 

Aus sozialer Sicht ist es schwierig, die Verantwortung über die Ausgabenkontrolle, bzw das einflussreiche Finanzdepartement zu haben. Stellt sich die Frage: Kann die Basler SP mit dieser Verantwortung umgehen?

Offenbar haben auch nicht alle Sozialdemokrat*innen Freude am angedrohten Referendum der Parteispitze. Finanzpolitikerin Michela Seggiani twitterte:

Und Mitglied Stefan Kunz schrieb:

Als nächstes geht das Steuerpaket in die Wirtschafts-und Abgabekommission und wird dann im Grossen Rat behandelt. Thomas Gander, Fraktionspräsident der SP, sagte zu Bajour: «Wir positionieren uns jetzt für die Verhandlungen, und zeigen relativ differenziert auf, welche Bedingungen erfüllt sein müssen, damit der Kompromiss für uns tragbar wird.»

Die SP sei nicht stur gegen jegliche Steuersenkungen. Aber sie müssten «gerecht» sein. «Wir wollen jetzt nicht ein 100 Million Franken schweres Steuerpaket schnüren und deswegen an ein Defizit herankommen.» Zum Kontext: Die budgetierten Überschüsse bewegen sich aktuell zwischen 50 und 80 Millionen Franken pro Jahr, also weniger, als das Steuerpaket kosten soll. 

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