Wann streicheln sich Schweizer*innen während Corona am liebsten die Tulpe?

Harte Fakten und ein bisschen Spass zum Thema Sex in schweren Zeiten.

Dieser Text hätte zur Abwechslung mal wieder ein bisschen Sexytime in die sonst so strenge Bajour-Agenda tragen sollen. Du weisst schon, so eine lockere Umschau unter pornografischen Stilblüten. Aber dann ZACK, THEMENBRUCH kam es am vergangenen Wochenende in mehreren Schweizer Städten zu diesen «Gibt-es-Corona-wirklich-oder-steckt-Bill-Gates-dahinter?»-Sit-ins.

Journalist*innen suchten hernach auf Twitter händeringend nach Antworten, der DISKURS suchte Halt: Wie soll man dieser wachsenden Gruppe raunender «Man-wird-ja-wohl-noch-fragen-Dürfer*innen begegnen?

Wir haben einen Vorschlag, wie man denen begegnen könnte. Mit Regel 34.

Regel 34 gilt als eine der einflussreichsten Regeln und Gesetze des Internet (sagen immerhin CNN und The Washington Post). Und wenn ich das richtig interpretiere, dann stützen sich viele dieser meditierenden Fuchsfellträger*innen mit ihren Zweifeln an Covid-19 auf ebendieses Internet und nischige Informationskanäle abseits des Mainstreams. Der Ursprung von Regel 34 ist nicht abschliessend geklärt, tut nichts zur Sache, sie lautet:  

Wenn etwas existiert, dann gibt es Pornografie davon («if it exists, there ist porn of it» oder auch «there is porn of it, no exceptions»). 

Auch sehr geil:

Wir haben die Regel im Nachgang der Demos vom Wochenende auf das Stichwort Corona angewendet. 

Liebe Skeptiker*innen, ihr müsst jetzt stark sein: 👏Corona 👏 gibt 👏es 👏wirklich👏.

Denn es gibt Porn of it. Genau genommen ergibt die Trefferzahl für den Suchbegriff «Corona» auf Pornhub, immerhin einem der weltweit grössten Anbieter pornografischer Inhalte, 1173 Treffer. Der Suchbegriff Quarantäne erzielt gar 8229 Hits. Viele davon waren einfach alte Videos, die neu verschlagwortet wurden.

Besser wurden sie dadurch nicht, die meisten blieben wirklich mies, wie folgende komplett jugendfreie Bildstrecke beweist. Augen auf und durch:

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Sind ziemlich sicher: Zwei im Schutzanzug.
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Onaniert gleich in einen Gummistiefel (und du musst das nicht unbedingt gesehen haben): Der Mann in Gelb.
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Und du glaubst nicht, was dann geschah.
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Nein! Doch! Ooh!

Regel 34 ist eigentlich keine Regel im Sinne einer Anleitung, sondern eine Beobachtung und die ist eigentlich ziemlich interessant. Die Beobachtung lautet: Es gibt nichts da draussen, was der Mensch nicht sexualisiert. Nichts. Und jetzt ist eben ein Virus auf der Hitliste, Corona!

Der Mensch, dieses seltsame Tier, sexualisiert Katastrophen und holt sich einen drauf runter. Weil: Was Angst macht, macht geil (gilt nicht für alle). Blogger*innen nennen das die Erotisierung der Furcht, was erstmal komplett unsinnig klingt, aber Studien erhoben tatsächlich einen Zusammenhang zwischen gesteigertem Stresslevel und sexueller Erregung.

Kurzer Test an dieser Stelle: Warst du schon mal auf der Achterbahn Crazy Mouse auf der Herbstmesse und hattest neben tollem Herzklopfen und schwitzigen Händen auch diesen seltsamen Rollerboner? 
Na, siehst du. Harte Fakten überall. 


Fakt ist auch: Seit Ausbruch der Corona-Krise und einem Anstieg allgemeiner Verunsicherung sind die Zugriffszahlen auf Pornhub massiv gestiegen. Selbstbefriedigung als Bewältigungsstrategie für Existenzängste? Klingt komplett logisch. «Angstzustände haben das Potenzial, sexuelle Erregung zu steigern», schreibt das US-Magazin «Psychology Today».

Und weisst du, was am 13. Januar 2018 in Hawaii passiert ist, nachdem sich die Nachricht von einem bevorstehenden Nuklearangriff als falsch herausstellte?

Eine Viertelstunde nach Entwarnung verzeichnete Pornhub auf Hawaii einen Anstieg der Seitenzugriffe um 48 Prozent über dem üblichen Durchschnittswert.

Jetzt aber genug der Weltgeschichte und ab ins Jetzt, zur Schweizer Self-Love in Zeiten von Corona. Hier sehen wir zunächst, wie die Zugriffskurve der Nutzer*innen aus der Schweiz Mitte März errigierte, lel.

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Die hier gezeigten Zahlen stammen aus der Statistik-Abteilung der Seite Pornhub. Ganz recht, Pornhub publiziert Statistiken, genauso wie es neuerdings Dokumentationen produziert und sich damit einen seriösen Anstrich zu verpassen versucht. Eine Imagepolitur ist fällig, denn das Netzwerk sieht sich mit schweren Vorwürfen konfrontiert: Die Seite mache Profit mit sexuellem Missbrauch und kontrolliere den hochgeladenen Content nicht genug. Eine Online-Petition fordert darum, die Seite abzuschalten. 

Bleiben wir trotzdem kurz bei diesen Zahlen, weil wir sonst keine haben. Der Traffic gingt mit Corona auch in der Schweiz durch die Decke, aber interessanter ist dabei eigentlich der Blick auf die stündlichen Zugriffe auf Pornhub. Der zeigt: Schweizer*innen streicheln sich die die Tulpe bevorzugt um 10 Uhr morgens.

Da fragen wir uns zweierlei.

Erstens: Wer um alles in der Welt sagt so etwas wie «sich die Tulpe streicheln»?

Über (vor allem nicht-männliche) Selbstbefriedigung zu sprechen ist gesellschaftlich immer noch tabuisiert, das Vokabular ist überschaubar. Um das zu ändern, hat das deutsche Magazin Ze.tt eine Liste mit Begriffen für weibliche Masturbation zusammengetragen und neben «die Mandoline zupfen» gehört eben auch «sich die Tulpe streicheln» zur Liste praktischer Vokabeln zur Beschreibung weiblicher Lustförderung.

HALLO, FOKUS: Zweitens wollen wir bei vertiefter Auseinandersetzung mit der Statistik wissen: Wer bitte streichelt sich die Tulpe um 10:00 Uhr morgens? 

Ganz recht: Die Schweizer*innen. Ihr dachtet, rund um die Uhr ist «wank o’clock»? Falsch, sagen wir, und wir haben die Zahlen:

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Sieht auch aus wie ein Rollercoaster: Die Kurve der Zugriffe auf Pornhub aus der Schweiz verteilt auf 24 Stunden am Tag.

Was wir hier sehen, sehr verehrtes Publikum, ist blanke Onarchie (altgriechisch für: unkontrollierte Selbstbefriedigung). Die Daten auf Pornhub zeigen, dass die Zugriffskurven nach Tageszeiten verteilt in den meisten Ländern ähnlich verlaufen. Aber in der Schweiz, dieser versauten Nation, herrscht die grösste Abweichung im internationalen Vergleich.

Pornhub schreibt: «Traffic in Switzerland was up 5.2% above average on March 12th, but our statisticians found some of the largest hourly traffic changes from Swiss visitors.» Morgens um 7:00 Uhr z.B. fällt die Zugriffszahl gegenüber einem durchschnittlichen Tag um minus 19,4 Prozent, dafür peakt der Wert wie gesagt schon um kurz nach 10 Uhr um plus 18,9 Prozent.

Wie müssen wir das verstehen? Lasst die Interpretationsspiele beginnen! Wann sind zum Beispiel eure Morgensitzungen durch? Circa um 10:00 Uhr? So viel zum Thema Homeoffice.

Andererseits, und das ist doch was Schönes, hätte man gerade der Schweiz diese ganz und gar undurchschnittliche, ungezügelte Onarchie gar nicht zugetraut. Die USA, um nur ein Beispiel zu nennen, zupfen im Durchschnitt um einiges arbeitsmarktkonformer die Mandoline (wer sagt so was?).

Der Peak liegt hier tagsüber um ca. 13:00 Uhr. In der Mittagspause. Ein Sexlife so aufregend wie weisser Toast von Walmart.

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Während der Tageszeit peakt die Nutzung in den USA um ca 13:00 Uhr. Also schön in der Mittagspause, um den Workflow nicht zu unterbrechen.

Wir kommen langsam zum Schluss unserer Tour de Libido. Falls jetzt noch jemand mit dem ollen «Bestimmt-sind-das-alles-Männer-die-zu-Pornhub-wichsen»-Einwand hinter dem Ofen hervorblubbern will – nein, es sind nicht nur Männer:

Das wars aus der Abteilung Krisenbewältigung.

Bitte gehen Sie mit den verabreichten Informationen sorgfältig um und verraten Sie uns um Himmels Willen nicht an andere Journalist*innen. Sonst wirft man uns wieder vor, Bajour sei nicht demokratierelevant. Danke fürs Interesse und die Teilnahme an unserem Quiz. Sie helfen uns damit, den Service zu verbessern.

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Themeninputs und Hinweise gerne an [email protected] . Twitter: @dan_faulhaber


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Bei Bajour als: Reporter und Redaktor

Hier weil: da habe ich die Freiheit, Neues anzupacken und unkonventionell zu arbeiten, ohne über sieben Hierarchiehürden zu springen. Das ist toll. Gleichzeitig macht diese Freiheit natürlich Angst, und das wiederum schweisst zusammen. Darum bin ich auch hier. Wegen des Teams.

Davor: Bei der TagesWoche und davor lange Jahre an der Uni mit Germanistik & Geschichte.

Kann: Ausschlafen.

Kann nicht: Kommas.

Liebt an Basel: Die Dreirosenbrücke. Das Schaufenster des Computer + Softwareshops an der Feldbergstrasse Ecke Klybeckstrasse. Das St. Johann. Dart spielen in der Nordtangente. Dass Deutschland und Frankreich nebenan sind.

Vermisst in Basel: Unfertigkeit. Alles muss hier immer sofort eingezäunt und befriedet und geputzt werden. Das nervt. Basel hat in vielem eine Fallschirmkultur aus der Hölle. Absichern bis der Gurt spannt. Ich bin schon oft aus Versehen eingeschlafen.

Interessensbindung: Vereinsmitglied beim SC Rauchlachs.

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