Dem Nein zum Trotz
Während die Politik nach dem Abstimmungssonntag erstmal fleissig analysieren muss, was auf die abgelehnten Stadtklima-Initiativen folgen kann, kommen aus der Zivilgesellschaft bereits erste Vorschläge, wie das Stadtklima verbessert werden kann, ohne alle Strassen aufreissen zu müssen.
Auch in Basel können linke Vorlagen zum Klima an der Urne versenkt werden, wie die abgelehnten Stadtklimainitiativen zeigen (Bajour berichtete). Dabei betonten im Abstimmungskampf selbst die bürgerlichen Gegner*innen der Vorlage, dass sie mehr Grün in der Stadt toll fänden.
Wenn also alle mehr Stadtklima-Massnahmen wollen – nur eben nicht mit so ambitionierten Zielvorgaben, wie es die Initiativen forderten – wie könnte ein Weg hin zu mehr Grün aussehen?
«Wir haben keinen Plan B, den wir einfach aus der Schublade ziehen können», sagt Tonja Zürcher. Die Basta-Grossrätin ist Sprecherin von «Umverkehr», dem Verein, der nicht nur in Basel, sondern in neun weiteren Schweizer Städten solche Stadtklima-Initiativen einreichte. Das Ergebnis müsse nun erstmal analysiert werden – und alle Zusagen zu mehr Stadtklima aus dem bürgerlichen Lager, die im Abstimmungskampf fielen, zusammengetragen werden.
Ein Vorschlag, dem Zürcher einiges abgewinnen kann, sind die zuletzt vieldiskutierten verkehrsberuhigten Superblocks nach dem Vorbild von Barcelona, wie sie von der Quartierbevölkerung initiiert wurden. «Wir werden schauen, dass darauf jetzt ein Fokus gelegt und die Umsetzung beschleunigt wird», sagt Zürcher. Denn der Grosse Rat hat bereits vor einem Jahr einen entsprechenden Pilotprojekt-Vorschlag gutgeheissen, umgesetzt wurde noch nichts.
«Wahrscheinlich war die Zielvorgabe zu abstrakt. In Zukunft werden wir also wieder mehr auf konkrete Projekte setzen», sagt Zürcher. Wenn der grosse Wurf scheitert, muss es halt doch wieder das hyperlokale Kleinklein sein.
Dem Basel Institut für angewandte Stadtforschung (BIAS) mahlen die politischen Mühlen zu langsam. Der Verein setzt auf mehr Geschwindigkeit und testet derzeit mit seinem Projekt «Klimapioniere» entsprechende Stadtklima-Sofortmassnahmen auf dem Gleisbogen-Areal. Das Gelände der Christoph-Merian-Stiftung auf dem Dreispitz ist quasi ein Labor dafür, wie man in der ganzen Stadt schnell mehr Grün möglich machen kann.
Und das sogar auf Flächen, die gar nicht entsiegelt werden können, zum Beispiel weil sich Tiefgaragen darunter befinden. An solchen Stellen könnte ein «Hygro-Skin» kleine Wäldchen schaffen: In einem Rahmen aus Recycling-Asphalt werden Platten aus Hanf und Flachs verlegt, die dann mit Pflanzensubstraten befüllt werden. Die Hummus-Teppiche können beliebig bepflanzt werden. Regenwasser kann darin gespeichert werden, die Verdunstung wirkt sich kühlend auf die Umgebung aus.
Kühlung in der überhitzten Stadt könnte auch durch weitere Massnahmen erreicht werden. Auf dem Gleisbogen wird ausprobiert, wie gut an Orten, an denen keine Bäume gepflanzt werden können, trotzdem natürliche Schattenlauben entstehen können. Konkret werden Weinreben an einem Gittergerüst hochgezogen. Noch sind die Pflänzchen recht klein, bevor sie irgendwann mal ein schattenspendendes Blätterdach bilden können.
Relevant ist auch die Erhaltung der Biodiversität in der Stadt. Das BIAS experimentiert hier mit kleinen Trocken-Biotopen im Gleisbeet, das in ihrer Umsetzung mit Alterde aus der Region und verschiedenen Pflanzen und Sträuchern wirklich zum Savannen-gleichen Beet wird. Oder auch beim Insektenkiosk, einem mobilen Pflanzenkübel. Diese sind nicht nur eine Tankstation beim Durchflug von Insekten, sondern laden auch Menschen zum Ausruhen auf der hölzernen Sitzfläche ein.
Das Spezielle: Die einzelnen Projekte wurden erst im vergangenen Frühsommer umgesetzt – und sollen beweisen: Das Stadtklima kann man ganz schnell aufbessern, man muss es nur wollen.
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