Den Fans platzt der Kragen

Beim FC Basel stehen alle Zeichen auf Sturm. Ein Fanmarsch durch die Innenstadt zeigt sich solidarisch mit dem abgesetzten Spieler-Captain und droht der Clubführung im Fall von Aktienverkäufen mit Stress.

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Die FCB-Fans machen Halt in der Kleinbasler Greifengasse, zünden Rauchpetarden und singen. (Bild: Daniel Faulhaber)

Es war ein stimmgewaltiges Spektakel, das sich am Montagabend vom Barfüsserplatz ausgehend durch die Freie Strasse und von da durch die ganze Innenstadt ergoss. Ein riesiger Aufmarsch von FCB-Fans – zum Schluss waren es über 1000 – zogen durch die Stadt, skandierten Gesänge. Und stünde das Haus von FCB-Präsident Bernhard Burgener nicht in Zeiningen, sondern in der Basler Innenstadt, dann hätte dort mindestens der Boden gezittert. 

Was ist passiert? Der FC Basel spielt eine für Basler Ansprüche unterirdische Saison. Jetzt kam es auf Seiten der Fans zu einer Explosion, die sich lange aufgestaut hatte.

Der Club kam unter dem zu Beginn der Spielzeit neu eingesetzten Trainer Ciriaco Sforza nie auf Touren, flog im Schweizer Cup zuletzt mit einem blamablen 2:6 gegen das unterklassigen Winterthur aus dem Wettbewerb. Der Abstand auf den Tabellenführer aus Bern beträgt 19 Punkte – der Abstand zum Tabellenende mickrige 10. Und Clubpräsident Burgener, der für sich gerne die Metapher eines Kapitäns beansprucht, setzte sich vergangenen Sonntag ins Fernsehstudio von blue und tat, was ein Kapitän nicht tun sollte: Er wollte von einer drohenden Havarie nichts wissen, redete die Situation schön und verteidigte den Trainer. 

Als am Montag, erst Gerüchteweise auf Twitter, dann vom Club bestätigt, bekannt wurde, das einer der Identifikationsfiguren und Träger der Captain-Binde auf dem Platz, Valentin Stocker, auf unbestimmte Zeit beurlaubt wurde, da platzte den Fans, allen voran der Muttenzerkurve, der Kragen.

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Sforza: «Valentin soll in die Ferien und den Kopf lüften»

FCB-Trainer Ciriaco Sforza sagt gegenüber SRF, Valentin Stocker sei in den Ferien, er solle den Kopf lüften. 

Zum Video

Die Demonstration

Es kam zur Demonstration. Um 18:45 Uhr trat, umringt von einem Meer aus Fahnen, ein Stimmführer aus der Muttenzerkurve auf die Treppe vor der Barfüsserkirche und sagte, es sei genug, man habe sich nun monatelang darum bemüht, dass sich etwas verändert. «Aber keinen hat’s interessiert und niemand hat auf uns gehört. Und jetzt stehen wir an einem Punkt wo man denkt, es kann nicht mehr schlimmer kommen, aber trotzdem kommt es immer noch schlimmer.»

Es gehe darum, ein Zeichen zu setzen den Leuten in diesem Turm dort unten im Joggeli. Dann drängte der Redner darauf, das jede*r einzelne den Auftrag annehme, Mails an die Clubführung schreibe, und Fahnen hinaushänge, um dem Verein zu zeigen, dass man nicht mehr einverstanden sei damit, was mit dem Club passiere. 

«Und der Gipfel von dieser Geschichte und das haben wir jetzt auch schon mitgekriegt, ist, das offenbar irgendwelche Investoren-Konsortien kurz davor sind, beim FCB einzusteigen. Das ist jetzt nicht einfach irgendwas, sondern es ist offenbar so, dass dieser ganze Centricus-Scheissdreck kurz vor einem Abschluss steht hier in Basel. Die Leute sollen merken, das ist nicht mehr der FCB für den wir einstehen. Das ist nicht mehr rotblau.»

Die Rede im Video:

Centricus
Die Zeichen für einen Centricus-Verkauf verdichten sich

Was hat es mit dem möglichen Einsteigen der britischen Investorengruppe Centricus beim FC Basel auf sich? Laut der bz (Abo) verdichten sich die Zeichen für einen Verkauf von Aktien.

Zum bz-Artikel (Abo)

Dann setzte sich der Demonstrations-Zug in Bewegung und die Masse skandierte Kurvenlieder. Auch «Vali, hau sie um» war zu hören. Schmähgesänge auf den Clubchef ebenso. 

Gegen 19:45 hatte die Demonstration, die zwischenzeitlich von lediglich einem Motorrad, dann einem Polizeibus in Sichtweite begleitet wurde, das alte FCB-Stadion Landhof im Wettsteinquartier erreicht. Die Gruppe zerstreute sich. 

Die Demo blieb friedlich, Sprayereien entlang der Route gab es keine. Dennoch muss sich die Vorsteherin des Polizei- und Justizdepartements (JSD), Stephanie Eymann, die Frage gefallen lassen, warum die Behörden dermassen wenig Präsenz zeigten, wo noch vor zwei Wochen eine andere unbewilligte Demonstration unter dem Einsatz von Gummischrot aufgelöst worden war

Damals hiess es als Erklärung, eine politische Kundgebung sei der Bevölkerung nicht mehr zu erklären. Wie steht es beim JSD unter der neuen Führung um die Gewichtung des Rechts auf Meinungsäusserungsfreiheit und politische Rechte?

Die Polizei sagt auf Anfrage, es habe sich hier um eine «Spontankundgebung mit tagesaktuellem Aufhänger» gehandelt. Die Kantonspolizei habe die Kundgebung im Blick gehabt, es sei zu Verkehrsbehinderungen gekommen. Sachbeschädigungen seien keine bekannt.

Heisst: Eine Bewilligung wurde nicht eingefordert und lag auch nicht vor.

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(Bild: Daniel Faulhaber)

Die Zeichen stehen auf Showdown

Beim FC Basel stehen die Zeichen auf Showdown. Die letzte koordinierte Protest-Aktion aus den Rängen der Fans gab es im Oktober 2020. Sie trug den Slogan «Yystoo füre FCB» und hatte konstruktiven Charakter. Es ging darum, mehr Mitsprache zu erreichen, den Dialog zu suchen, einen Fuss in dieses von aussen zusehends hermetisch abgeriegelte Kartell namens FC Basel zu kriegen. Yystoo-Fahnen hingen und hängen heute noch überall in der Stadt. 

Der Aufmarsch an diesem 1. März 2021 war weniger auf Dialog aus. Das war eine Ansage. Wie lang kann Bernhard Burgener die Jalousien seiner Schiffsbrücke geschlossen halten, bis der Sturm auf dieser immer rauer werdenden See ihm die Scheiben eindrückt?

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Themeninputs und Hinweise gerne an [email protected] . Twitter: @dan_faulhaber


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Bei Bajour als: Reporter und Redaktor

Hier weil: da habe ich die Freiheit, Neues anzupacken und unkonventionell zu arbeiten, ohne über sieben Hierarchiehürden zu springen. Das ist toll. Gleichzeitig macht diese Freiheit natürlich Angst, und das wiederum schweisst zusammen. Darum bin ich auch hier. Wegen des Teams.

Davor: Bei der TagesWoche und davor lange Jahre an der Uni mit Germanistik & Geschichte.

Kann: Ausschlafen.

Kann nicht: Kommas.

Liebt an Basel: Die Dreirosenbrücke. Das Schaufenster des Computer + Softwareshops an der Feldbergstrasse Ecke Klybeckstrasse. Das St. Johann. Dart spielen in der Nordtangente. Dass Deutschland und Frankreich nebenan sind.

Vermisst in Basel: Unfertigkeit. Alles muss hier immer sofort eingezäunt und befriedet und geputzt werden. Das nervt. Basel hat in vielem eine Fallschirmkultur aus der Hölle. Absichern bis der Gurt spannt. Ich bin schon oft aus Versehen eingeschlafen.

Interessensbindung: Vereinsmitglied beim SC Rauchlachs.

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