«Der Zaun ist ein Versuch, Solidarität zu leben»: Ein Gespräch mit den Held*innen vom Gabenzaun
An den Gabenzäunen in der Stadt können sich Bedürftige bedienen. Wir haben mit einem Vertreter des Kollektivs dahinter gesprochen.
Die vier Gabenzäune in Basel befinden sich: Im Pärkli bei der Wettsteinbrücke, beim St. Johanns-Bahnhof, im Gundeli beim Meret Oppenheim-Platz und unterhalb der Dreirosenbrücke (Seite Kleinbasel).
Im Moment sind Nahrungsmittel, Getränke, Hygieneartikel und Tierfutter gefragt – ausdrücklich keine Kleider.
Wer seid ihr?
Das ursprüngliche “Initial”-Team besteht aus einer Gruppe Freund*innen, inzwischen sind aber noch ein paar weitere Menschen dazu gestossen, die sich aktivistisch und sehr engagiert um das Projekt kümmern. Der Grossteil von uns ist etwa 30 Jahre alt.
Wie viele Leute kümmern sich um die Zäune?
Momentan sind wir rund ein Dutzend Menschen, die sich um die Pflege der vier Standorte, Koordination und um die Kommunikation nach aussen kümmert. Neben der öffentlichen Telegramgruppe unterhalten wir mehrere standortbezogene Chatgruppen. Das ganze Projekt läuft also mehrheitlich über eine dezentrale und latent anarchistische Schiene ab. Wir haben keinen Chef und sind um Konsenslösungen bemüht, die von allen mitgetragen werden können.
Was kann man dort eigentlich alles deponieren?
Besonders gefragt sind zur Zeit ungekühlt haltbare und direkt konsumierbare Lebensmittel und Getränke, daneben vor allem Hygieneprodukte, Menstruationsartikel für Frauen, Tiernahrung und warme, witterungsfeste Kleidung. Ein paar Vorschläge sind auch auf unserer Facebook-Seite «Basler Gabenzaun» zu finden.
Wie seid ihr auf die Idee für den Gabenzaun gekommen?
Ich bin auf der Facebookseite der grossartigen Rapperin Sookee über einen Artikel zu den Gabenzäunen in Berlin gestolpert. In der reichen Schweiz trifft die Coronakrise Bedürftige, Armutsbetroffene, Sans-Papiers, Obdachlose oder Menschen, die hierher geflüchtet sind, besonders unvorbereitet. Menschengruppen also, die in “normalen” Zeiten bereits schon vulnerabel sind.
«In der reichen Schweiz trifft die Coronakrise diejenigen besonders hart, die in 'normalen' Zeiten bereits schon vulnerabel sind.»Vertreter des Gabenzaun-Kollektivs
In der gegenwärtigen Situation können zahlreiche soziale Projekte nur eingeschränkt operativ tätig sein. Da ein Grossteil von uns ohnehin arbeitsbedingt das Haus verlassen muss, kam die Idee auf, dass es sinnvoll wäre, auch in Basel ein ergänzendes, bewusst niederschwellig gehaltenes Angebot ins Leben zu rufen. So beschlossen ein paar Lieblingsmenschen und ich, D.I.Y.-mässig aktiv zu werden. Auch wenn die Corona-Pandemie gegenwärtig in aller Munde ist, existieren die grossen Probleme – wie z.B. das Massensterben an den europäischen Aussengrenzen weiterhin. Wenn die Gabenzäune in diesem Kontext natürlich auch nur ein symbolischer Tropfen auf den heissen Stein sind, so betrachten wir diese als Versuch, Solidarität zu leben.
Wie sind die Rückmeldungen der Menschen, die ihn nutzen?
Sehr positiv. Insbesondere Lebensmittel, Getränke und Hygieneartikel sind sehr gefragt. Was dabei auffällt, ist das Menschen, die sich an Zäunen etwas holen, dies sehr rücksichtsvoll machen und wirklich nur die Dinge mitnehmen, die sie wirklich benötigen.
Gibt es noch Probleme?
Leider bringen einige Menschen recht unpassende und unnütze Dinge zu den Zäunen: Sommerkleidung, Absatzschuhe, ungekochte Teigwaren, kaputte Schuhe. Obwohl wir mehrmals in Facebook-Beiträgen darauf hingewiesen haben und trotz Hinweisschildern an den Zäunen, scheint dies noch nicht so richtig bei allen angekommen zu sein. Wir gehen davon aus, dass es zwar gut gemeint ist, aber es hilft niemandem und ist kontraproduktiv. Mindestens einmal täglich schaut jemand von uns bei den Zäunen vorbei, bei Bedarf gibt es eine Aufräumaktion, wo bis zu fünf Abfallsäcke zusammenkommen. Dies kann, um ehrlich zu sein, teilweise ein wenig frustrierend sein. Wir haben für die Gabenzäune keine Bewilligung eingeholt, diese werden aber momentan geduldet, daher ist es wünschenswert, dass sich alle ein wenig mehr um Ordnung bemühen.