Glückliche Kinder statt No-shows
Am Samstag haben verhinderte Saisonkarten-Inhaber*innen erstmals Plätze für armutsbetroffene Menschen freigegeben. So kamen zum Beispiel Domenico und Anastasia zu ihrem ersten FCB-Match. Bajour hat sie begleitet.
Als Mama Giusy von der Gärngschee-Ticketbörse für nicht verwendete Saisonkarten-Eintritte hörte, hat sie sich gleich beworben. Das Prinzip der Börse ist einfach: FCB-Fans, die ein einzelnes Spiel nicht besuchen können, können ihre Sitzplätze freigeben. Wie viele das sind, darum machen die Clubs ein grosses Geheimnis, denn die jeweils genannte Zuschauerzahl entspricht der Anzahl verkaufter Eintritte. Schätzungen gehen von bis zu 25 Prozent aus. 2016 sagte der damalige FCB-Präsident Bernard Heusler, dass pro Spiel 6000 bis 8000 verkaufte Plätze leer bleiben.
Der Tag begann mit einer grossen Überraschung und Freudensprüngen: Giusy und Jim legten ihren noch schlafenden Kindern FCB-Schals aufs Bett. Beim Aufwachen fragte Domenico gleich: «Gehen wir an einen FCB-Match?» Am Fernsehen verfolgt die Familie jedes Spiel, doch im Stadion waren sie noch nie. Ausser am Joggeli-Jubiläum, als der FCB gegen Stuttgart kickte und der Eintritt kostenlos war. Vier Eintritte für ein reguläres Spiel, das passt nicht ins Budget.
Diesen Samstag waren es dank «Gärngschee rotblau» ein gutes Dutzend weniger. Und es war ein klein wenig lauter, als die Muttenzerkurve in der zweiten Halbzeit die FCB-Version von «Z'Basel an mym Rhy» anstimmte. Das ist nämlich der Lieblings-Fansong von Anastasia, entsprechend laut und textsicher sang die Achtjährige mit. Sie möchte selbst Fussballerin werden, sagt sie, ein Plan, der mit dem Spielbesuch weiter Aufschwung erhielt. Das Highlight für ihren Bruder Domenico war, als in der 61. Minute sein Idol Taulant Xhaka eingewechselt wurde. Und natürlich die fünf Tore und sowieso das ganze Erlebnis, «Es war suuuper», sagte er nach dem Spiel, «vielen Dank!».
Ein herzliches Dankeschön an die Menschen, die ihnen dieses gemeinsame Erlebnis ermöglicht haben, kommt auch von den Eltern. Sie haben sich länger überlegt, ob sie sich von einem Reporter ans Spiel begleiten lassen möchten. Und sich schliesslich, im Sinne der Aktion, dafür entschieden. «Wir hoffen, dass die Ticketbörse dadurch bekannter wird und möglichst viele andere Menschen auch davon profitieren können», sagt Giusy. Und wenn es nach Domenico und Anastasia geht, dann nicht nur andere, sondern vielleicht auch sie nochmals. «Es hat so viel Spass gemacht, hoffentlich können wir wieder mal an einen Match.»
Die Spenderfamilie möchte hingegen nicht in diesem Artikel vorkommen. «Uns ist es einfach wichtig, wenn wir eine Familie glücklich machen können», lässt der Vater ausrichten. Ganz in der Basler Mäzen*innentradition: «Me git, aber me sait nyt.»
Geben kannst auch du: Der Pilotversuch der Gärngschee-Ticketbörse läuft für die zwei nächsten Heimspiele am 24. November gegen Servette und am 30. November gegen Lausanne. Hier kannst du Plätze anbieten oder dich um freie Plätze bewerben (Bedürftigkeitsnachweis erforderlich). Oder du spendest einen Batzen ins Projekt-Kässeli.