Die Hälfte der Basler*innen ist auf Kurzarbeit
Nur im Tessin sind noch mehr Menschen für Kurzarbeit vorangemeldet. Ist das schlimm?
Auf den ersten Blick sind die Zahlen erschreckend: Fast jede*r zweite Arbeitnehmer*in in Basel-Stadt ist auf Kurzarbeit vorangemeldet! Im Baselbiet ist es nur jede dritte erwerbstätige Person (33,5 Prozent). Schweizweit wurden bisher 37 Prozent der Schweizer Arbeitnehmenden von den Unternehmen für Kurzarbeit vorangemeldet. Das zeigen die Zahlen des Staatssekretariats für Wirtschaft Seco.
Fragt sich: Warum sind in Basel-Stadt so viele Menschen auf Kurzarbeit?
«Nicht alle der erwähnten 94‘000 Personen arbeiten in Basel-Stadt.»Brigitte Meyer, Amt für Wirtschaft, Arbeit und Soziales BS
Anruf bei Brigitte Meyer, Generalsekretärin beim Amt für Wirtschaft, Arbeit und Soziales. Sie bestätigt zwar: Rund 4'800 Firmen haben für 94'000 Personen Kurzarbeit angemeldet. Bei knapp 200'000 Einwohner*innen ist das fast die Hälfte.
Grossfirmen: Mitarbeitende in der Schweiz, Kurzarbeit in Basel
Doch: «Nicht alle der erwähnten 94‘000 Personen arbeiten in Basel-Stadt.» Es handele sich teilweise auch um auswärtige Arbeitsplätze von Firmen, die ihren Hauptsitz in Basel-Stadt haben, erklärt Meyer. Beispiele dafür sind die Modekette Tally Weijl, der Grossverteiler Coop, die Grossbank UBS sowie internationale Holdingfirmen im Versicherungs- und Transportgeschäft. Auch wenn deren Mitarbeitenden in der Schweiz verteilt arbeiten, werden sie in Basel-Stadt für Kurzarbeit angemeldet.
«Betroffene Branchen sind in der Stadt stärker vertreten.»Martin Eichler, Konjunkturforscher BAK Economics
Ein weiterer Faktor ist die wirtschaftliche Struktur Basels. In der Stadt gibt es deutlich mehr Branchen, die wegen des Lockdowns blockiert waren, erklärt Konjunkturforscher Martin Eichler von BAK Economics: der Tourismus, das Gastgewerbe und der Detailhandel sowie verschiedene Dienstleistungen, die nicht erbracht werden konnten. «Diese sind in der Stadt stärker vertreten als auf dem Land». Auch Industriebetriebe würden durch die unterbrochenen Zulieferketten leiden, sagt Eichler.
Unsicherheiten für Grenzgänger*innen
Auf die Frage, ob die 32'000 Grenzgänger*innen in Basel-Stadt als Manövriermasse in wirtschaftlich schwierigen Zeiten missbraucht werden könnten, meint Martin Eichler: «Dies ist sehr unterschiedlich, je nach Person und Tätigkeit.»
Da aber in vielen der arbeitsintensiven, direkt vom Lockdown betroffenen Branchen zahlreiche Grenzgänger*innen arbeiten, sei im Durchschnitt mit einer überdurchschnittlichen Betroffenheit der Grenzgänger zu rechnen. «Dies dürfte bei der Kurzarbeit aber kaum eine Rolle spielen, sondern ist relevanter für die Entwicklung der Zahl der Arbeitslosen», sagt Eichler.
Region Basel steht nicht schlecht da
Insgesamt sei der Ausblick für die Region Basel jedoch nicht allzu schlecht, so Eichler. «Es lässt sich festhalten, dass die Nordwestscheiz auch stark von der aktuellen Krise betroffen ist, aber aktuell klar am wenigsten stark von allen Schweizer Regionen.»
Der Grund sei die Pharmaindustrie als Faktor dafür, dass die Region Nordwest-Schweiz weniger stark betroffen sei. «Die Pharma-Industrie ist hoch-produktiv», sagt der Konjunkturforscher. Dies wirke sich stärker auf die Wirtschaftsleistung (Bruttoinlandprodukt BIP, Anm. d. Red.) aus als auf den Arbeitsmarkt. Indirekt trage der Pharmasektor so aber auch zu einer stabileren Entwicklung des Arbeitsmarktes bei. Der Roche-Turm mag derzeit zwar fast leer sein, doch die Mitarbeitenden der Basler Pharma arbeiten von zuhause aus mit Volldampf voraus.