Die Nationalhymne singt sie stolz mit
Didi-Kolumnist Till Keller traf sich mit FC Basel- und Neo-Nationalspielerin Riola Xhemaili zum Gespräch. Für die 17-jährige Mittelfeldspielerin erfüllten sich viele Karriere-Träume recht früh. Bei ihrem Traum-Verein spielt sie aber noch nicht.
Riola Xhemaili ist eine der jüngsten Nati-Spielerinnen aller Zeiten. Bei ihrem ersten Einsatz am 22. September 2020 gegen Belgien wird sie für Ramona Bachmann eingewechselt. Ein besonderer Augenblick für die junge Xhemaili. «Ramona Bachmann ist, seit ich mit dem Fussball angefangen habe, mein absolutes Idol. Mit ihr in einem Team zu spielen ist ein Traum.»
Dass dieser sich bereits mit 17 Jahren erfüllt hat, konnte auch die sehr selbstbewusste und fokussierte Mittelfeldspielerin nicht erwarten. «Ich habe mir erhofft, dass es in ein paar Jahren der Fall sein wird. Umso schöner ist es, dass es bereits so früh geklappt hat. Denn ich lerne nun bereits mit 17 das, was andere erst mit 20 oder 21 lernen. Das hilft mir auch für meine Karriere beim FC Basel.»
Dabei meint sie nicht nur die Erfahrungen auf dem Feld, sondern besonders auch daneben. Sie spricht vom Auftreten in der Öffentlichkeit und im Training und hebt auch das Regenerative hervor. In diesem Aspekt kann sie von den Erfahrungen der in Spanien, England, Deutschland oder Frankreich aktiven Mitspielerinnen profitieren. Und allein die Tatsache, dass sie Ramona Bachmann und andere mittlerweile als Kolleginnen bezeichnet, ist für eine derart junge Spielerin nicht der Regelfall.
Wichtiges Debüt mit 15
Generell erfüllen sie die Auftritte im Nationalteam mit grossem Stolz. Denn Riola Xhemaili wird als Kind kosovarischer Eltern in Solothurn geboren, oft ist sie bei ihrer Familie im Kosovo zu Besuch. Xhemaili fühle sich zu 100 Prozent als Schweizerin, sagt sie. Die Schweizer Nationalhymne singe sie stets stolz mit.
Auch der Liga-Fussball in der Schweiz erfährt in dieser Saison eine grössere Wertschätzung. Die Live-Spiele im SRF und der neue Titelsponsor AXA führen gemäss Xhemaili zu einem unglaublichen Schwung und zu besseren Bedingungen im Frauenfussball. Trotz ihrem jungen Alter ist sie schliesslich schon seit bald zwei Jahren dabei, seit sie im Februar 2019 im Alter von 15 Jahren ihr Debüt in der höchsten Liga gab.
Ihre langfristige Zukunft sieht Xhemaili im Ausland. Fussballprofi könne man in der Schweiz momentan nur schwer werden. Als Traumverein bezeichnet sie den FC Chelsea, bei dem auch Ramona Bachmann aktiv war. Druck oder Stress verspürt die Basler Nummer 10 trotzdem nicht. Priorität habe momentan ihre KV-Ausbildung bei einer Basler Bank, die sie im Sommer abschliessen will.
«An manchen Tagen blende ich den Fussball komplett aus.»Riola Xhemaili
Mit dem FCB hat Xhemaili grosse Pläne: «Ich will unbedingt die Champions League erreichen.» Dazu muss das im Gegensatz zur Konkurrenz sehr junge, aber eingeschworene Team von Sébastien Bader auf einen der ersten beiden Plätze kommen. Riola Xhemaili ist dabei unumstrittene Stammspielerin. Sie überzeugt mit ihrer Präsenz im Mittelfeld und tritt mit vier Toren durchaus auch offensiv in Erscheinung. «Auch wenn ich mich selbst noch als junge Spielerin bezeichne, kann ich schon eine gewisse Erfahrung vorweisen», sagt sie. «Diese hilft mir dabei, auch anderen jungen Mitspielerinnen Tipps zu geben, wie sie sich in gewissen Situationen zu verhalten haben.»
In einer normalen Woche ohne Nationalteam hat Riola Xhemaili einen sehr straffen Zeitplan. Neben sechs Trainings mit dem FCB geht sie zur Schule und arbeitet an den Nachmittagen. Für Freizeit bleibt da nicht viel Platz. Natürlich sei dies anstrengend, für die Erfüllung ihres grossen Traums als Profifussballerin Erfolg zu haben, nehme sie das aber gerne in Kauf.
«Am Sonntag bin ich meistens bei meiner Familie in Solothurn. Da gibt es durchaus Tage, an denen ich dann den Fussball komplett ausblenden will und keine Spiele verfolge.»
Mit zehn Jahren begleitete Xhemaili ihren 30 Minuten älteren Zwillingsbruder Rion zu einem Training beim FC Solothurn. In den folgenden Jahren bildete sie mit ihrem Bruder ein gefürchtetes Mittelfeld-Duo und wechselte mit ihm zum FC Basel. Dort kickte sie als einzige Frau bis in die U16 mit den Jungs und trug sogar die Kapitänsbinde.
Den anschliessenden direkten Sprung in die erste Frauenmannschaft meistert sie bravourös. «Klar war es speziell, plötzlich mit Frauen in der Garderobe zu sein. Vorher war ich immer allein. Aber in den Jahren mit den Jungs habe ich dermassen viel gelernt, sodass ich mich schnell einfügen konnte.»
Ihr Bruder, der in der U18 des FCB kickt, spielt dabei bis heute eine prägende Rolle. So habe er sich immer für sie eingesetzt. Auch in Situationen, in denen sie als fussballspielende Frau belächelt wurde. «Er hat mich immer als Erstes gewählt, wenn es um die Team-Zusammensetzung ging. Das fanden viele mutig, doch wir haben die Antwort auf dem Platz gegeben», blickt Xhemaili schmunzelnd auf die Juniorenzeit in Solothurn zurück.
Champions League und dann ins Ausland
Xhemailis ganze Familie ist fussballbegeistert. So spielten sowohl ihr Vater als auch ihre Onkel bereits Fussball und freuten sich, als sich Riola für den Fussball und gegen den Volleyball entschied.
Und falls du dich schon die ganze Zeit gefragt hast: Der Ex-Nationalspieler Blerim Xhemaili gehört nicht zu ihrer Familie. «Ich werde gefühlt bei jedem Interview darauf angesprochen. Da ich seinen Bruder gut kenne, haben wir uns schon getroffen. Er hat mir dabei verraten, dass auch er schon gefragt wurde, ob er mit mir verwandt sei.»
Wegen ihrer guten Leistungen meldeten sich jetzt häufiger Medienvertreter*innen bei ihr. Bei den Anfragen und auch ihrem Social-Media-Auftritt unterstützt sie ihr Berater, der Ex-Profifussballer Philipp Degen. Riola Xhemaili hebt aber nicht ab wegen der vielen Aufmerksamkeit. Denn neben dem vielen Lob schätze sie auch die Kritik. Diese sporne sie an, weiter zu machen, um ihre noch höheren Ziele zu verfolgen. Zuerst das Erreichen der Champions League mit dem FC Basel. Und dann einen Transfer ins Ausland.