Diversity-Ziele streichen für Trump. Richtig so?
US-Präsident Donald Trump hat angeordnet, alle Diversitäts-, Gleichstellungs- und Inklusionsprogramme aus der Verwaltung der USA zu streichen. Die neue Regelung betrifft auch Firmen, die Verträge mit dem Staat haben. SRF berichtet, dass die in Basel ansässigen Pharmafirmen Roche und Novartis, die einen grossen Teil ihres Geschäfts in den USA machen, ihre Ziele und Programme angepasst haben, «um die gesetzlichen Vorschriften einzuhalten». Roche wird keine Frauenquote bei mehr Führungspositionen anstreben – auch die Schweizer Grossbank UBS streicht dieses Ziel. Und Novartis wird keine diversen Kandidatenlisten und Auswahlgremien mehr für Positionen in den USA einsetzen. Die Firmen begründen das damit, dass der US-Markt für sie enorm wichtig ist – und sie entsprechend aus wirtschaftlicher Sicht keine andere Wahl gehabt hätten. Kritiker*innen der neuen US-Regelung erwähnen die zahlreichen Studien, die aufzeigen, dass diverse Teams zu besseren Ergebnissen kommen. Auch die Projekte von Universitäten werden durchleuchtet, ob ihre Forschungsziele mit Trumps Politik übereinstimmen: Die ETH Zürich zum Beispiel hat bereits einen Fragebogen der US-Regierung zu einem Projekt erhalten. Wie die Uni Basel auf Nachfrage schreibt, hat sie bisher kein solches Schreiben aus den USA bekommen.
Die Frage kann und darf sich gar nicht stellen
Obwohl weder Gleichstellungs, noch Diversitäts- oder Inklusionsziele erreicht sind, werden sie schon in Frage gestellt. Weil Trump dies, das und Geld sowieso. Wie «fortschritlich und weltoffen» Konzerne sowie die Stadt/Region als Zuschauerin doch sind...
Im Übrigen hat Basel Stadt relativ neu zusätzlich (zum Artikel in der Bundesverfassung) ein Gleichstellungsgesetz und es gibt den Auftrag, dieses zu erfüllen in Zusammenarbeit unter anderem mit Wirtschaft und Zivilbevölkerung. Sprich: Die Frage kann sich gar nicht stellen.
Interessant auch, dass – was in Amerika durchaus auf Widerstand stösst – hier (aus wirtschaftlichen?) Gründen bereits stattfindet/stattfinden soll. Vorwärts in die Vergangenheit kann weder der Weg noch das Ziel sein. Denn es geht nicht einfach um symbolische Konzernpolitik, es geht durchaus um gesellschaftliche Grundlagen, die alle betreffen (werden).
Steigbügelhalten für Antidemokraten und Profit über alles und Alle: Nein, danke.
Diversity ist gerade bei der Pharma wichtig
Für mich ist unfassbar, mit welcher Geschwindigkeit Trump und Co. gesellschaftlichen Fortschritt und Menschenrechte wegrationalisieren. Aber um beim Thema zu bleiben – Gendermedizin hat massiven Aufholbedarf: Ob bei Endometriose oder Herzinfarkt, um nur zwei bekannte Baustellen zu nennen. Forschung und Entwicklung sind in der Medizin auf cis-männliche Körper ausgerichtet. Das Wohlbefinden von Frauen und genderqueeren Menschen steht hinten an. Um das zu ändern, braucht es gerade in der Medizin und Entwicklung von Medikamenten Teams, die das in den Blick nehmen. Deshalb ist hier ganz besonders Diversität gefragt. Dieser Entscheid geht über die Unsichtbarmachung von Geschlechterdiversität, Inklusion und Gleichstellung hinaus. Dieser Kniefall vor Trump für die US-Profite hat ganz materielle und existenzielle Folgen für unsere Leben weltweit.
Der angesprochenen geschlechtsspezifischen Unterschiede in der Forschung und Medizin widmet sich ein Anzug, den SP-Grpssrätin Edibe Gölgeli und Konsortinnen im vergangenen Juni eingereicht haben. Sie fordern darin, dass in Basel ein Gender-Medizin-Institut in Basel eingerichtet wird. Der Anzug wurde überwiesen, die Regierung soll nun bis Dezember 2026 prüfen, ob und wie ein solches Zentrum in Basel entstehen könnte.
Eignung soll zählen
Es sollte darauf hingearbeitet werden, dass das Wissen zählt, die Eignung für den Pfosten. Ich bin 80 Jahre alt und habe damals die Diskussion über Frauenquoten miterlebt – es war genau dasselbe. Es soll keine Quotenfrauen geben und keine *Quoten, da sollte man mal eine blinde Brille anziehen und nur Fachkönnen prüfen. Dass die Pharmafirmen wegen des Geschäfts nachgeben, finde ich ok – sie sind wirklich von Amerika abhängig.
Sachlich angehen
Ob oder ob nicht derartige Programme und Quoten sinnvoll sind, muss sachlich beurteilt und entschieden werden. Fakt ist: Für eine Stelle sollten fachliche und soziale Kompetenzen ausschlaggebend sein, und weder Geschlecht noch sonst etwas. Vielleicht braucht es diese Programme und Quoten, solange dies nicht alle kapiert haben. Trump ändert seine Meinung eh alle 5 Minuten, den kann man nicht wirklich Ernst nehmen.
500 Mio Geschenk ohne Rücksicht
Dass die Konzerne kein Rückgrat haben und das Geld an die erste Stelle setzen, sollte niemanden überraschen. Dass unser Kanton ihnen über die Standortförderung 500 Mio. zukommen lassen will, ohne jegliche Erwartung (z.B. an Diversität oder Klimaziel), macht uns mitschuldig.
Nicht OB, sondern WIE ist die Frage
Sorry, die Frage finde ich uninteressant. Vielfalt kann erwiesenermassen viel Positives bewirken. Trump ist auch da schlicht ein Ignorant. Die interessante Frage ist, wie Vielfalt zum Beispiel in einer Firma integriert werden kann. Und da wird es erst spannend. Vielfalt ist im doppelten Sinne nicht einfach "nice to have". Sie ist nicht pflegeleicht. Vielleicht ist es deshalb populär zu versuchen sie einfach zu ignorieren.
Die Achse der Autokraten
Ich empfehle die Lektüre von Anne Applebaums neustem Buch. Es hilft zu verstehen, dass nur mit vereinten Kräften die Demokratischen Länder nicht von gut zusammenarbeitenden Autokraten in die Knie gezwungen werden.
Das Buch heisst «Die Achse der Autokraten». Anne Applebaum war jüngst auch in der Sternstunde Philosophie von SRF zu Gast.
Hoppla, bin ich wirklich überrascht?
War ich jemals überzeugt, dass in der Welt der Top-Shots der Anspruch an Vielfalt und Gleichberechtigung verwurzelt ist? In der demokratischen Hochburg dieser Welt, in «meiner» Schweiz? It‘s business, stupid! Money and Deal make the world go round, nothing else!
Wenn zitieren, dann richtig zitieren 👉 Die Aussage von Bill Clinton zum Gewicht der Wirtschaft im Präsidentschafts-Wahlkampf lautete wie folgt: «It's the economy, stupid!»
Die Wähler entscheiden sich für wirtschaftliche Versprechen, wenn sie in wirtschaftlich schwierigen Zeiten abstimmen; dies unabhängig des Gewichts anderer, z.B. für das persönliche Wohlergehen wichtigerer Argumente, des Mitbewerbers, der Mitbewerberin.
Geld oder Leben?
Bei dieser Frage erinnere ich mich an mein erstes Theaterstück. Eine 5-Minuten-Komödie. Aufgeführt anlässlich eines Schulfests. Vor 60 Jahren hat mit viel Applaus das Leben gewonnen.