«Entschuldigung, warum tragen Sie keine Maske?»
Ein «Gärn gschee»-Mitglied regt sich auf: Warum gibt es immer noch Maskenverweiger*innen im ÖV? Wir sind eine Runde Drämmli gefahren und haben Leute «ohne Mundschutz» angesprochen. Dabei merkten wir: Die Mehrheit hält sich an die Maskenpflicht.
Auf Facebook hat Bajour in der «Gärn gschee»-Gruppe einen Aufruf gestartet: Was sind eure Sorgen und Fragen rund um das Coronavirus? Dieser Kommentar hat besonders hohe Wellen geschlagen.
Welche Gründe haben die Maskenverweiger*innen?
Das will ich am Montag herausfinden und steige beim Eglisee in den 2er ein. Noch ist das Tram sehr leer, je weiter ich Richtung Stadt fahre, desto voller wird es. Bei der Gewerbeschule stossen noch mehr Menschen hinzu, einer trägt keine Maske.
Es ist einer von drei Jungen im Teenager-Alter. Alle sind am Handy, sie gamen gegeneinander. Zwei tragen eine Maske, der Dritte setzt sie – unterhalb der Nase – murrend auf, als ich ihn frage, warum er keine Maske trägt. «Uns fällt das Atmen schwer, die Maske beklemmt uns.» Während des Gesprächs schauen sie mich kaum an. Eigentlich wissen sie schon, dass man die Maske über der Nase tragen muss, aber da haben sie «kei Bock» drauf. Mit einem enthusiastischen «Juhuu» beenden die Drei unser Gespräch, einer hat das Game gewonnen. Umsteigen am Wettsteinplatz, Einstieg in den 34er Richtung Claraplatz.
Im Bus treffe ich auf eine Frau, die Musik hört. Sie trägt zwar eine Maske, aber sie hängt unter der Nase. Warum? «Ich bekomme sonst Kopfweh.» Trägt sie die Maske auch ausserhalb des ÖV? «Teilweise». Arbeiten mit Maske muss sie aber nicht. Am Claraplatz steige ich wieder um, jetzt in den 6er.
Im Trämli sitzt eine junge Frau und telefoniert mit hochgezogenem Bein. Die Maske hat sie zwar an, aber sie ist ans Kinn runtergezogen. Ich will sie ansprechen, aber ich kann sie ja schlecht unterbrechen. Mehr und mehr Menschen steigen ein, ich sehe die Frau erst wieder, als sie aussteigt. Nun sitzt ihre Maske – trotz Telefonat – korrekt und bedeckt sowohl Mund wie auch Nase. Auch ich steige kurz darauf beim Barfüsserplatz aus und steige in den 8er. Dann laufe ich ihr in die Arme:
«Ich traue den Informationen des Bundes nicht»Joanne, 23
Joanne ist 23. Sie sitzt neben einem jungen Mann, der mir seinen Namen nicht sagen will. Ich kann Joannes Nasenpiercing sehen, denn: beide tragen keine Masken. Sie erklärt mir: «Ich trage keine Maske, weil ich den Informationen des Bundes nicht traue.» Was genau meint sie damit? «Auf der Website des BAG steht, sie haften nicht für die Richtigkeit der Informationen.» Dabei bezieht sie sich auf dieses Schriftstück auf der Website des BAG:
Joanne traut der Forschung mit den mittlerweile zahlreichen Studien nicht, dass Masken vor dem Coronavirus schützen. Denn, die Masken «scheissen uns an», erklärt mir der Mann neben Joanne. Und ausserdem: «Sie nehmen ein Stück der Identität.» Sie sind nicht der Meinung, dass sie damit andere Menschen gefährden.
Neben den Zwei sitzt: Fari, 20 Jahre alt, trägt die Maske unter der Nase. Als ich ihn darauf anspreche, nimmt er die Kopfhörer raus. «So kann ich besser atmen, aber sonst … ähm... keine Ahnung, ist eigentlich der einzige Grund», sagt er mir.
Ich steige zurück in den 6er. Ganz hinten im Tram steigt ein älterer Mann zu. Eine Maske trägt er nicht. Als ich ihn anspreche, holt er sie aus einer Seitentasche seines Rucksackes heraus. Warum er sie nicht trägt, will ich wissen. «Vorhin habe ich sie getragen, als ich einkaufen ging», erklärt er mir. Er erkennt nicht, dass er sie jetzt auch tragen müsste. Im Gespräch merke ich, der Mann ist sichtlich verwirrt und wirkt dement. «Ich habe die Maske immer an», ergänzt er, während er sie in der Hand hält. «Längt das ihne?», fragt er mich. Ich nicke und lächle, unter der Maske. Ich komme wieder am Eglisee an und steige aus.
Nicht alle vertragen Masken
Es gab ein paar wenige Menschen, die nicht mit mir sprechen wollten. Grundsätzlich kann man aber festhalten: Ich war zur Stosszeit im ÖV und bin auf erstaunlich wenig «Maskenverweiger*innen» oder «Maskenfalschanhaber*innen» gestossen. Die meisten Basler*innen halten sich an die Maskenpflicht.
Kommt hinzu, es gibt auch Menschen, die gute Gründe haben, keine Maske zu tragen. Eine Leserin antwortet auf den Kommentar unter dem «Gärn gschee»-Post: «Zur freien Nase ghör zeitweise auch ich derzue, denn nach 10 Minute mit Maske in de ÖV oder Läde wirds mir schwindlig und sturm und ich ha Atemnot, plus e laufendi Nase.» Bei manchen Menschen führt die Maske sogar zu Panikattacken, etwa bei Menschen, die Opfer einer Gewalttat wurden und unter posttraumatischen Belastungsstörungen leiden.
Also: Gerade weil es Leute gibt, die Masken aus gesundheitlichen oder psychischen Gründen nicht tragen können, ist es umso wichtiger, dass alle andern sie konsequent tragen. So können wir gemeinsam die zweite Welle abschwächen. Und wenn jemand im ÖV keine Maske trägt, lohnt es sich nachzufragen, weshalb.