Basel will das Herzstück retten

Das Bundesamt für Verkehr hat hohe Mehrkosten für den Bahnausbau bekannt gegeben. Die Basler Verkehrsdirektorin Esther Keller (GLP) warnt davor, dass der Ausbau nun zum Reparaturpaket wird – gerade jetzt, wo die Klimaziele im Fokus stehen und der Druck auf den ÖV wächst.

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Unter dem Bahnhof SBB soll ein Tiefbahnhof entstehen. (Bild: Keystone)

14 Milliarden Franken mehr als budgetiert wird der nationale Bahnausbau bis 2035 kosten. Das hat das Bundesamt für Verkehr bestätigt. Diese Mehrkosten entstehen ergänzend zu den ohnehin schon budgetierten 16 Milliarden Franken.

Schockiert und besorgt äussern sich sowohl die kantonalen ÖV-Direktoren als auch nationale Verkehrspolitiker bei SRF zu diesen Neuigkeiten. Und ebenso entsetzt äussert sich die baselstädtische Bau- und Verkehrsdirektorin Esther Keller (GLP) gegenüber Bajour:  «Wenn ich ganz offen bin: Das ist für uns schwierig nachvollziehbar und so nicht akzeptabel. Es darf nicht sein, dass der nächste Ausbauschritt des Bundes ein reines Reparaturpaket wird. Unsere Region wächst, wir sind ein Nadelöhr für den Güter- und Fernverkehr.»

Gerade bei der Verlagerung vom Pendlerverkehr läge hohes Potential für die Erreichung der Klimaziele, sagt sie und betont: «Der Bund und die SBB werden Vorschläge unterbreiten müssen, wie wir mit den Grossprojekten in der Schweiz auch bei dieser schwierigen Ausgangslage vorankommen.»

Stand der Dinge

In der Region Basel stellt sich in diesem Zusammenhang sofort die Frage: Was bedeuten die Mehrkosten für das S-Bahnprojekt «Herzstück» und was ist hier eigentlich der Stand der Dinge? Das Herzstück steht in direkter Konkurrenz zu fünf anderen nationalen Grossprojekten.

Es soll den Bahnhof SBB unterirdisch mit dem Badischen Bahnhof verbinden und die direkte Zufahrt aus der trinationalen Region, dem Baselbiet, dem Elsass und Südbaden in die Innenstadt ermöglichen. Gleichzeitig soll das Herzstück dafür sorgen, dass auf den oberirdischen Strecken Kapazitäten für zusätzliche Fern- und Güterverkehrsangebote freigesetzt werden.

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Die Pläne des Bundesamt für Verkehr. (Bild: BAV)

Die Nationalrätinnen Sandra Sollberger (SVP, BL), Elisabeth Schneider-Schneiter (Mitte, BL) und Katja Christ (GLP, BS) sowie die grüne Baselbieter Ständerätin Maya Graf haben im März dieses Jahres in einer gemeinsamen Aktion parlamentarische Vorstösse in Sachen Herzstück eingereicht, um Druck auf den Bundesrat zu machen. Sie befürchteten, dass das Herzstück in der Planung des Bundes zu wenig berücksichtigt wird. 

Anfang Mai fand in Basel der Kongress «Bahn 24» statt, an dem das Bundesamt für Verkehr Einblick in den Zwischenstand der «Vorstudie Kapazitätsausbau Bahnknoten Basel» gegeben hat. Im Rahmen dieser Studie wurde die Linienführung des Herzstücks konkretisiert und herausgearbeitet, dass jeweils beim Bahnhof SBB und beim Badischen Bahnhof ein Tiefbahnhof notwendig sein wird und das Herzstück nur etappenweise realisiert werden kann. 

Mitte Mai antwortete der Bundesrat auf die Vorstösse der regionalen Parlamentarierinnen und betonte den notwendigen Nutzen des Herzstücks, der auch über die Region hinaus wesentlich sein soll und das im besten Fall ab der ersten Etappe. 

Druck auf ÖV wächst

Der Mediensprecher des baselstädtischen Bau- und Verkehrsdepartements Daniel Hofer bekräftigt auf Nachfrage von Bajour, dass die Region nicht locker lassen wird: «Auf politischer Ebene werden wir uns zusammen mit unseren National- und Ständerät*innen aus beiden Basel dafür einsetzen, dass Elemente für die Realisierung des Herzstückes wie der Tiefbahnhof Basel Eingang in die Botschaft des Bundesrates für den nächsten Bahnausbauschritt finden.» Mit dem Nein zum Autobahnausbau sei der Druck auf den Ausbau des öffentlichen Verkehrs und des Velo- und Fussverkehrs gestiegen. «Unsere Region wächst und wir wollen dieses Wachstum siedlungs- und klimaverträglich gestalten», so Hofer. 

Die nächsten Schritte werden nun die Verhandlungen mit dem Bund Anfang 2025 sein.

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Helena Krauser

Das ist Helena (sie/ihr): Helena hat Kultur studiert, um über Kultur zu schreiben, während dem Studium aber in so vielen lokalen Redaktionen gearbeitet, dass sie sich in den Lokaljournalismus verliebt und die Kultur links liegen gelassen hat. Nach Bachelor und Praktika startete sie den zweiten Anlauf zur Versöhnung mit der Kunst, ein Master in Kulturpublizistik sollte es richten. Dann kam das Leben (Kinder, Festanstellung bei der bz) dazwischen. Finally beim FRIDA Magazin gab’s dann kurz richtig viel Kultur und die Entdeckung, dass mehr eben doch besser ist. Deshalb macht sie bei Bajour jetzt beides.

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