Über Ladina, Liebeskummer und meine erste Begegnung mit der Offstream-Beauty

GG Margaux hatte seit Monaten keinen Sex. Jetzt sucht sie eine Frau. Für die Offstream-Beauty schreibt sie sogar ein Gedicht – doch sie anzusprechen traut sie sich dann doch nicht.

Sex Kolumne Steffi GG Margaux vögelt sich durch die Welt

Als Jennifer mich Anfang 2019 von heute auf morgen, nach vier Monaten Beziehung, für eine andere Frau verliess, hat mich die ganze Welt überfordert. Ich weinte viel, ass tagelang nichts und schwor mir, mich nie wieder zu verlieben.

Vor den Scherben meines Herzens sitzend, suchte ich nach Ablenkung.

An einer LGBT*-Party in Zürich traf ich auf sehr viele Gin Tonics – und auf Bambi.

Bambi hat vermutlich mit zwölf aufgehört zu wachsen, denn sie reichte mir bis knapp zum Schlüsselbein. Sie hatte langes, blondes Haar, ein freches Lächeln auf den Lippen und ein Funkeln in den blauen Augen. Ich sagte Dinge, die ich nüchtern nie gesagt hätte, wie zum Beispiel «Natürlich bsuech ich dich in Solothurn!», damit ich sie weiterhin küssen konnte so viel ich wollte.

Wir tauschten Nummern aus und folgten uns gegenseitig auf Instagram, denn ich wollte Bambi nicht mit mir nach Hause nehmen.

Wir sahen und schrieben uns nie wieder.

«Mein zerschreddertes Herz holte mich wieder ein, mindestens so aufdringlich wie Ladina und doppelt so naiv wie Bambi.»

Auf HER traf ich auf Ladina. Ladina wohnte und arbeitete in Basel, hatte leuchtend grün gefärbte Haare und ihre Augen waren so stechend blau, da konnte Bambi einpacken. Ich liess durchblicken, dass ich frisch getrennt und noch nicht über den Berg war, aber Ladina war das wurscht.

Eine Woche nach Bambi trafen wir uns über ein von der Lesbenorganisation organisiertes Treffen mit grob geschätzt 15 anderen Frauen in Basel. Und Ladina zog alle Register. Sie versuchte mich mit den Früchten aus ihrem Drink zu füttern, berührte mich immer wieder ungefragt und tanzte mich so aufdringlich an, dass ich das Weite suchte.

Ich schrieb ihr nie wieder. 

Mein zerschreddertes Herz holte mich wieder ein, mindestens so aufdringlich wie Ladina und doppelt so naiv wie Bambi.

It’s a jungle out there.

Eine weitere Woche später war Offstream Jubiläumsparty im Papiersaal in Zürich. Trashige Musik, grelles Licht und bunte, wunderschöne Menschen: hach, ich liebe es. Aus Rücksicht auf meine Leber (und weil ich keine Ahnung hatte wie ich mit den öffentlichen Verkehrsmitteln nach Hause kommen sollte) fuhr ich mit dem Auto hin.

Gegen zwei Uhr morgens sah ich SIE und vergass spontan das Atmen. Ich war zu schüchtern um sie anzusprechen, die Traube Frauen um sie herum, machte es auch nicht einfacher und so starrte ich sie einfach nur an wie eine Blinde, die zum ersten Mal die Sonne sieht.

«Da war etwas an dir, wofür es keine Worte gibt. Oder ich kenne sie noch nicht, wer weiss das schon.»

Einige Monate später schrieb ich zum ersten Mal über SIE:

Auf den ersten Blick...

... war da nur Neugierde. Du hast getanzt, ein Bier in der Hand. Natürlich Bier. An diesen Partys trinken die Frauen Bier oder Vodka. Es war schon zwei Uhr morgens, ich sah dir an, dass du müde warst. Mässig begeistert hast du dich zu trashigem Pop bewegt, meistens im Rhythmus, ab und zu ausserhalb. Man hat es aber nur bemerkt, wenn man genau hingesehen hat. So wie ich.

Da war etwas an dir, wofür es keine Worte gibt. Oder ich kenne sie noch nicht, wer weiss das schon.

War eine der Frauen neben dir deine Freundin? Waren all diese Frauen neben dir deine – festen – Freundinnen? Irgendwie ist in unserer Welt alles möglich, wie kann es aber dann sein, dass es unverhältnismässig viel schwerer ist dich anzusprechen?

Ich konnte kaum den Blick von dir wenden. Aber ein sehr kluger Mann in einer sehr coolen Serie sagte einmal: «Nothing good happens after 2am.»

Also ging ich nach Hause, nüchtern, mit meinem Auto aber ohne konkreten Plan wie ich aus dieser verdammten Stadt rauskomme.

Zu Robbie Williams «Go Gentle» rasteten meine Synapsen aus und kreierten gefühlt dreissig Gedichte für dich und das noch vor der Autobahneinfahrt.

Heute kenne ich deinen Namen. Es war Zufall, ich schwör's. Es spielt keine allzu grosse Rolle, denn wenn nur ich weiss, wer du bist, du aber nicht weisst, wer ich bin, sind 50% des Spiels schon verloren.

Also bleibst du für den Moment, oder für immer, meine Offstream-Beauty.

«Es gibt Menschen, die einen dennoch irgendwie berühren, ohne etwas zu tun oder zu sagen.»

Natürlich hatte ich immer noch Liebeskummer wegen Jennifer. Es vergingen noch einige Monate, bis ich auch nur ansatzweise sachlich darüber reden konnte, wie und warum sie mich verlassen hatte.

Scheinbar gibt es aber Menschen, die einen dennoch irgendwie berühren, ohne etwas zu tun oder zu sagen. Über das Warum denke ich bis heute nach. Brauchbare Antworten habe ich bis heute nicht.

Jänu. Was kommen soll, wird kommen, und ich kümmere mich darum, wenn es soweit ist.

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GG Margaux ist zu Hause, wo ihre «Inspiration ist und wo ihr Herz ein wenig schneller schlägt; Basel, Zürich, Bern, Luzern», wie sie sagt. Das ist, wenn sie ehrlich ist, einfach ein Euphemismus für den Aargau, wo sie eigentlich lebt. Auf der Suche nach IHR tindert sie sich aber auch durch Basel.

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