Halbtax-Tarif für alle?
Die Schweiz will nicht mehr Autobahnen. So zumindest lässt sich das Nein zur Abstimmung über den Autobahnausbau, zu dem auch der Rheintunnel gehört hätte, deuten. Doch wie weiter in der Verkehrspolitik? Die Grünen Schweiz wollen auf den öffentlichen Verkehr setzen und fordern, dass es künftig nur noch einen ÖV-Tarif gibt, der dem heutigen Halbtax entspricht. Die Idee soll Personen mit geringem Einkommen entlasten und den ÖV für Menschen attraktiver machen, die bisher Bahn und Bus wenig nutzen. Sie kostet aber auch. Der Bundesrat rechnet, dass ÖV-Unternehmen 700 Millionen Franken pro Jahr verlieren würden – 500 Millionen wegen den fehlenden Halbtax-Einnahmen (ein Halbtax kostet 170 Franken pro Jahr) und 200 Millionen wegen den günstigeren Preisen. Dafür müsste wohl der Bund aufkommen also die Steuerzahler*innen. Was hältst du von der Idee?
Unwissenschaftlich
Der Ansatz, die ÖV günstiger zu machen und damit mehr Menschen zum Umsteigen zu bewegen, ist inzwischen recht gut erforscht. Beispiele gibt es in Tallinn oder Luxemburg. Die Ergebnisse sind relativ konsistent. Die zusätzlichen Nutzenden steigen eher von aktiven Fortbewegungsarten um (d.h. zu Fuss gehen und Velo fahren) und kaum vom Auto. Es handelt sich also um eine populistische Forderung, die wohl daher rührt, dass der weitere Ausbau kompliziert, langwierig und teuer ist und die Preissenkung vermeintlich einfacher. Allerdings ist zu bedenken: Weniger Einnahmen führen langfristig auch zu einem schlechteren ÖV.
Das lohnt sich ja gar nicht...
Mir fallen bei den Zahlen als erstes zwei Dinge auf.. 1. Von den ca. 7.5 Mio Menschen über 16 Jahren besitzen demnach ca. 3 Mio ein Halbtax.. Wow! 2. Für die allermeisten lohnt sich das aber gar nicht, weil wir insgesamt 500 Mio für das Abo ausgeben, aber damit nur 200 Mio an Billett-Ausgaben sparen... Ich bin sehr für die Förderung des öffentlichen Verkehrs, aber eine Verlagerung erreicht man mit dieser Massnahme meiner Meinung nach nicht. Dieses Geld investieren wir besser in die Verfügbarkeit und Zugänglichkeit von ÖV z.B. ÖV-on-demand mit Buxi-Konzepten, die mit selbstfahrenden Autos mittelfristig immer intressanter werden könnten.
Die Qualität und nicht der Preis entscheiden beim ÖV
Statt billiger zu werden sollte der ÖV besser werden. Statt den 15min Takt im Laufental in die ferner Zukunft zu verschieben, sollte dieser eher früher als später kommen. Das allein würde viel vom Auto zum ÖV bringen.
Es braucht weniger Verkehr
Ich besass jahrelang ein GA. Seit zwei Jahren „nur" noch ein Halbtax. Ich bin nebst Füssen und per Velo, ausschliesslich im ÖV unterwegs. Besitze seit 50 Jahren kein Auto mehr. Ich plädiere für sorgfältiger Inanspruchnahme von motorisiertem Verkehr. Dazu gehört für mich auch Bus, Tram und Bahn. Wo und wann immer möglich ohne Einsatz von Fremdenergie. In dieser Konsequenz bleiben die motorisierten Verkehrsträger jenen (Gewerbe, Handwerk und Gütertransport) reserviert, welche diese Infrastruktur WIRKLICH brauchen. Dies würde die Menge spürbar reduzieren, brächte auch die Staumenge allüberall, nicht nur auf den Auto-bahnen, hinunter. Deswegen braucht es nicht mehr Verkehr, noch angeregt durch billigeren ÖV. Allerdings muss der Autoverkehr entscheidend teurer werden, die Kostenwahrheit, nach Einbezug aller externer Kosten, erfordert dies zwingend. Dies wird den Umstieg zum ÖV sinnvollerweise fördern.
Rasender Stillstand
Halbtax-Tarif für alle: Auch diese Lösung entspricht einer Welt mit immer noch mehr Verkehr. Für Menschen, die rasend still stehen: Mit dem Körper unterwegs. Und mit der Seele ein Treten an Ort.