ID-Pflicht: Ja oder Nein? Das Fan-Lager ist gespalten
Sicherheitsdirektorin Stephanie Eymann (LDP) will ab kommender Saison für alle Spiele der Super League personalisierte Tickets einführen, um die Sicherheit an Fussballspielen zu erhöhen.
Kommen Fussballbegeisterte ab nächstem Jahr nur noch mit personalisiertem Ticket ins Stadion? Darüber entscheiden heute die kantonalen Bewilligungsbehörden. Die Aussichten auf das Vorhaben der Konferenz der Kantonalen Justiz- und Polizeidirektorinnen und -direktoren (KKJPD) sind erfolgversprechend. Stephanie Eymann, Vorsteherin des JSD Basel-Stadt, zieht mit und hat sich am 19. November bei der Versammlung der KKJPD ebenfalls für die Ausweispflicht in der Super League ausgesprochen. Damit wolle man Gewaltausschreitungen einen Riegel schieben und Täter*innen erfolgreich zur Verantwortung ziehen.
Im Grossen Rat stösst sie damit auf wenig Begeisterung. Weder bei den Bürgerlichen noch im linken Lager. Thomas Gander, SP-Fraktionschef, sieht keinen Handlungsbedarf: «Basel-Stadt fährt bei dieser Thematik seit jeher einen anderen und erfolgreichen Kurs», sagte er gegenüber der bz. Ähnlich sieht es FDP-Grossrat Luca Urgese, der Eymanns Vorhaben nicht unterstützt. Zustimmung erhält die Sicherheitsdirektorin hingegen von Joël Thüring, SVP-Grossrat.
Was halten die FC Basel Fans von der Idee, in Zukunft auf personalisierte Tickets zu setzen? Wir haben uns vor dem Spiel gegen Karabach FC bei ihnen umgehört.
Roland und André verfolgten das Spiel aus Sektor A
«Grundsätzlich haben wir kein Problem damit. Wir fragen uns aber, ob die Tickets dann noch austauschbar sind und wenn ja, ob das dann nicht mühsame Bürokratie bedeuten würde. Abzuschätzen, obs dann weniger Randale gibt, ist noch schwierig. Wichtig finden wir jedenfalls, dass die Tickets weiterhin übertragbar bleiben. Ohne grossen Aufwand. Die ID-Pflicht wird uns aber auch in Zukunft nicht davon abhalten, an einen Match zu gehen.»
Andy und Bruno sassen im Sektor D
«Die personalisierten Tickets sind eine absolut blöde Idee. Die Ausschreitungen verschieben sich so einfach. Gewaltexzesse werden dadurch nicht verhindert. Wer Ärger will, sucht den dann eben vor dem Stadion. Das passiert ja jetzt schon. In England liefs nicht anders. Warum sollte Basel bei so etwas mitmachen? Wir sind schliesslich nicht Teil des Hooligan-Konkordats. In Basel ist es eigentlich in den letzten Jahren ruhig geblieben. Wir haben hier kein Problem. Warum müssen wir dafür abgestraft werden, wenn andere Clubs Ärger machen? Wir wollen keine ID-Kontrollen und gehen notfalls, wie schon bei Burgener, auf die Strasse, um unsere Meinung kund zu tun.»
Rolf und Hampe schauten das Spiel im Sektor C
«Wir sind für die ID-Pflicht. So weiss man, wer drin sitzt und hat eine bessere Kontrolle. Dann hört das hoffentlich auch auf mit diesen Chaoten und die Randalen werden eingedämmt. Wir würden aber gerne wissen, ob und wie die Tickets und Jahreskarten dann noch übertragbar sind. Und wie man mit denen umgeht, die sich vermummen. Es wird wohl weiterhin schwierig, die dann zu erkennen. Auch mit personalisierten Tickets.»
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Manuel wollte lieber anonym bleiben
«Personalisierte Tickets bringen nichts. Ich sehe den Sinn dahinter nicht. Damit wird keine Gewalt verhindert. Sie entlädt sich dann einfach vor dem Stadion. Genauso wenig nützt es, Gästesektoren zu schliessen. Das ist nicht der richtige Weg. Vielmehr ist es ein einfaches MIttel für Sicherheitsdirektorin Eymann, sich politisch zu profilieren.»
Patrick, Sektor D
«Man sollte überall eine ID-Pflicht einführen. Also auch bei Konzerten und anderen Veranstaltungen. Der Schwarzmarkt könnte so eingedämmt werden. Ich glaube, dass es langfristig effektiv sein könnte, wenn es sich reguliert und normalisiert hat. Geschlägelt wird aber vor allem vor dem Stadion. Ob sich das ändern wird, weiss ich nicht. Gewaltbereite gibt es immer. Aber nachher weiss man immerhin, wer drinnen ist. Es wird für Menschen mit Stadionverbot dann nicht mehr so einfach, das zu umgehen. Was das für das Übertragen von Saisonkarten bedeutet, würde mich interessieren. Das muss dann aber der Verein regeln.»
Xaver und Flavio sassen im Sektor B
«Uns würde eine ID-Pflicht nicht stören. Wir sind nicht wirklich davon tangiert, wir wollen einfach Fussball schauen. Und eine höhere Sicherheit finden wir an sich gut. Die Politik hat sich da schliesslich etwas überlegt. Trotzdem: Deshalb muss man es nicht unbedingt durchboxen. Es wäre sicher schlau, die Fanarbeit einzubinden.»
Petra und Tanja schauten das Spiel im Sektor C
«Die Idee ist Quatsch. Es sprechen verschiedene Argumente gegen eine ID-Pflicht. Es braucht sie nicht, weil sie nicht den gewünschten Effekt haben wird. Im Gegenteil. Es steigert die Aggressivität nur. Die Ausschreitungen finden dann vermehrt vor dem Stadion statt. Mal abgesehen davon, dass in Basel in letzter Zeit kaum Gewalt vorgekommen ist. Wahrscheinlich gehen dann weniger Leute ins Stadion. Und das wäre schade.»
Marc und Dani
«Wenn die ID-Pflicht durchgesetzt wird, bleibt die Hälfte des Publikums zu Hause. Aber Basel hat ja schon damals dem Konkordat eine Absage erteilt. Noch immer sitzen viele FCB-Fans im Grossen Rat. Wir hoffen, dass sie sich auch gegen die personalisierten Tickets aussprechen werden. Wir würden dann jedenfalls nicht mehr an ein FCB-Spiel und dafür aber die Junioren- oder Frauenmannschaft unterstützen.»
Christian
«Ich halte personalisierte Tickets für nicht besonders zielführend, weil ich daran zweifle, ob sie wirklich etwas bringen. Wenn so keine Gewalt verhindert werden kann, braucht es das auch nicht. Schon heute gibt es ja Massnahmen, wie Kameras. Vielmehr sollte man den Kontakt zur Fanarbeit suchen. Das würde tatsächlich etwas bewirken. Ich würde wahrscheinlich weiterhin ins Stadion. Aber wenn die Zeichen auf Boykott stehen, solidarisiere ich mich auch vielleicht.»
Babette, Peter und Peter sassen im Sektor C
«Repressionen sind nicht der richtige Weg. Es braucht keine ID-Pflicht. Die Gewalt wird es weiter geben. Dann eben vor dem Stadion. Fussball ist für alle. Sans Papiers sollten zum Beispiel auch weiter an Matches gehen können. Wenn die personalisierten Tickets kommen, streiken wir. Dann geben wir unsere Jahreskarte ab, wie schon bei Burgener. In Basel läufts doch gut. Man sollte weiterhin auf die Fanarbeit setzen.»
Der FCB spielte an diesem Abend 3:0 gegen Karabach und sicherte sich so den Gruppensieg in der Conference League. Zu reden geben wird heute aber vor allem die Entscheidung der Bewilligungsbehörden: Ausweispflicht – Ja oder Nein? Bei einem Ja, müsste sich der Regierungsrat daran machen, den Vorschlag auszuarbeiten, um ihn dann dem Grossen Rat vorlegen zu können.