«Mein grösster Wunsch ist, mich einmal in der Woche mit jemandem treffen zu können»

Einsamkeit trifft alleinstehende Senior*innen während der Pandemie besonders hart. Martina Schieck ist dank eines Gärngschee-Aufrufs mittlerweile ein bisschen weniger alleine.

My project
Martina unternimmt gern Sachen, aber oft fehlt ihr die Begleitung.

«Vor zwölf Jahren zog ich in die Schweiz, davor lebte ich von Hartz IV in Berlin. In Basel wollte ich neu anfangen. Damals folgte ich, entgegen dem Rat meiner Familie, dem Ruf meiner Freundin, die meinte, Basel könnte eine Chance sein, mein Leben nochmals umzudrehen. 

Ich schlief zum Anfang bei ihr auf dem Sofa, bis ich von meiner Teilzeitstelle ein eigenes Einkommen hatte. Nach langer Suche fand ich eine eigene Wohnung wobei mir das Sozialamt half, sie zu finanzieren. Seit zehn Jahren lebe ich in meiner eigenen Wohnung in Basel.

«Ohne erlernten Beruf standen meine Chancen schlecht, das merkte ich schnell. Seither lebe ich von der Sozialhilfe.»
Martina suchte lang erfolglos nach einem Job

Zunächst arbeitete ich drei Jahre lang als Putzkraft. Die Stelle war aber leider befristet. Obwohl ich’s bei verschiedenen Firmen immer wieder probierte, klappte es nicht mit einer neuen Stelle. Ohne erlernten Beruf standen meine Chancen schlecht, das merkte ich schnell. Seither lebe ich von der Sozialhilfe. 

Meine damalige Freundin und ich haben uns zerstritten – wir haben keinen Kontakt mehr. Ich hatte mir überlegt, wieder zurück nach Berlin zu gehen. Aber leider fehlten mir nach wie vor die finanziellen Möglichkeiten.

«Es wäre schön, jemanden kennenzulernen, mit dem ich spazieren gehen, Ausflüge machen kann. Ab und zu einen Kaffee trinken. Das Alleinsein tut mir nämlich nicht gut.»
Martinas letzte Freundschaft zerbrach, weil sie und ihre Freundin verschiedene Meinungen über das Impfen hatten

Am meisten zu schaffen macht mir das Alleinsein. In zwölf Jahren in Basel habe ich keine langfristige Freundschaft aufbauen können, obwohl ich es wirklich versucht habe. Die letzte Freundschaft zerbrach, weil wir verschiedene Meinungen über das Impfen haben. Ich bin geimpft, sie nicht. Das ist schade, weil uns viel verbunden hat. 

Ich sage immer: ‹Mein Leben gehört meinen Künstlern und Hobbys.› Ich gehe unheimlich gerne an Konzerte. Früher ging ich mit meiner Freundin. Wegen der ganzen Impfgeschichte haben wir aber seit drei Monaten keinen Kontakt mehr.

Darum habe ich es über Gärngschee probiert. Es wäre schön, jemanden kennenzulernen, mit dem ich spazieren gehen, Ausflüge machen kann. Ab und zu einen Kaffee trinken. Das Alleinsein tut mir nämlich nicht gut.

Facebook Post Martina

Zum Glück habe ich mein GA. Ich unternehme oft Ausflüge, am liebsten in Begleitung. Allzu lange halte ich es zu Hause nicht aus, da fällt mir die Decke auf den Kopf.

Auf Gärngschee haben sich eine Menge Leute in den Kommentaren gemeldet. Zwei Personen habe ich dieses Wochenende sogar getroffen. Mit der einen Dame wird es wohl bei diesem einen Treffen bleiben – die Chemie stimmte nicht.

Mit der anderen bin ich Sonntag auf dem Weihnachtsmarkt gewesen, es war wunderschön. Wir haben gemeinsam eine heisse Schoggi getrunken. Dort kanns gut sein, dass es mit weiteren Treffen in Zukunft klappen wird.

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... und Bajour unterstützen.

Am Sonntagabend wollte ich den ersten Advent nicht alleine verbringen. Kurzerhand entschloss ich mich, an den Weihnachtsmarkt nach Zürich zu fahren. In Basel sind mir langsam aber sicher die Ausflugsideen ausgegangen. 

Mein grösster Wunsch ist, mich einmal in der Woche mit jemandem treffen zu können. Ich habe mir schon überlegt, ehrenamtliche Arbeit zu leisten. So hätte ich ein Ziel vor Augen. Gibt es nicht so etwas wie eine Gruppe für Senioren und Seniorinnen, wo man sich regelmässig zu Kaffee oder sonst einer Aktivität trifft?»

__________

Martina würde sich über jede*n, der*die sich meldet sehr freuen! Hinterlasse gerne hier einen Kommentar oder schreib an [email protected], wenn du mit Martina in Kontakt treten möchtest.

Zudem gibt es ein neues Projekt. Es heisst FinkeKafi Basel und bietet einen gemütlichen Ort im Netz zum Online-Käffele. Organisiert wird es von der IG Integration Jetzt Basel und unterstützt durch die Gärngschee-Community, wo momentan eine Spendenaktion läuft.

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Bei Bajour als: Reporterin

Davor: Zürcher Studierendenzeitung, Republik und anderes

Kann: vertrauenswürdig, empathisch und trotzdem kritisch sein

Kann nicht: Still sitzen, es gut sein lassen, geduldig sein

Liebt an Basel: Die vielen Brücken, Kleinbasel

Vermisst in Basel: Das Meer

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