Die Werbekampagne der Versicherung Smile polarisiert. Insbesondere das Plakat «Ex getroffen. Mit Auto» hat für empörte Reaktionen gesorgt. Kritisiert wird, dass damit die Opfer von Femiziden verhöhnt würden – insbesondere, weil erst im April eine junge Frau in Solothurn überfahren wurde; die Staatsanwaltschaft hat gegen den mutmasslichen Fahrer ein Verfahren wegen vorsätzlicher Tötung eingeleitet. Der Feministische Streik Zürich («Ni Una Menos») hat gemeinsam mit Campax eine Website aufgesetzt, von der aus man mit einem Klick eine vorformulierte Mail an die Marketingchefin von Smile schicken kann. Wie Tamedia berichtet, wurde auch eine Beschwerde bei der Schweizerischen Lauterkeitskommission eingereicht. Ein Sprecher vom Smile-Mutterkonzern Helvetia sagt, die Werbung wollte «pointiert und humorvoll» sein.

2023-09-14 Frage des Tages-2

Ist das Smile-Plakat frauenverachtend?

Die Werbekampagne der Versicherung Smile polarisiert. Insbesondere das Plakat «Ex getroffen. Mit Auto» hat für empörte Reaktionen gesorgt. Kritisiert wird, dass damit die Opfer von Femiziden verhöhnt würden – insbesondere, weil erst im April eine junge Frau in Solothurn überfahren wurde; die Staatsanwaltschaft hat gegen den mutmasslichen Fahrer ein Verfahren wegen vorsätzlicher Tötung eingeleitet. Der Feministische Streik Zürich («Ni Una Menos») hat gemeinsam mit Campax eine Website aufgesetzt, von der aus man mit einem Klick eine vorformulierte Mail an die Marketingchefin von Smile schicken kann. Wie Tamedia berichtet, wurde auch eine Beschwerde bei der Schweizerischen Lauterkeitskommission eingereicht. Ein Sprecher vom Smile-Mutterkonzern Helsana sagt Tamedia, die Werbung wollte «pointiert und humorvoll» sein.

1353 Stimmen
Michelle Isler
Michelle Isler
Moderation
Top antworten
Beatrice
14. September 2023 um 07:16

Interpretationsspielraum

So viele Menschen wie es gibt, so viele Interpretationen sind möglich. Der Interpretationsspielraum des Plakats ist riesig. Deshalb würde ich es pragmatisch sehen: Es ist nicht eindeutig, es ist nicht umwerfend, es ist irgendwie langweilig, es könnte vielleicht besser sein, ergo abhaken und wegschauen. Es gäbe so viel Wichtigeres auf der Welt als dieses Plakat.

Esther
14. September 2023 um 08:12

Wo ist das Problem?

Als Autofahrerin bin ich logischerweise davon ausgegangen, dass Frau am Steuer sitzt und jemanden angetroffen hat. Ich habe grundsätzlich keine Gewaltphantasien, weshalb ich nicht an einen Zusammenprall gedacht habe. Die Empörung kommt vor allem von Frauen, die sich grundsätzlich benachteiligt fühlen. Auf jeden Fall ist der Versicherung eine erfolgreiche Werbung gelungen, weil darüber diskutert wird. Und das finde ich nicht gut.

Barbara
Antwort auf Basel Briefing

Ich bin eine Frau und ich dachte bei Ex an einen Mann. Spontan dachte ich bei „mit Auto getroffen“, dass ich im Auto war, als ich ihn traf, als nächstes, dass ich ihn damit getroffen habe, dann dass seine „Neue“ ein Auto ist.

Das erste fand ich langweilig, das zweite Kinderwitzniveau, das dritte realistisch.

Mir scheint, eine Mehrheit denkt bei „Ich“ an einen Mann. Das finde ich problematisch.

Laura Fernández
CEO Supertext / Nationalratskandidatin GLP BS

Wenn Humor schief geht.

Kreative und gelungene Werbung zeichnet sich durch eine paar Merkmale aus: Sie ist durchdacht, originell, überraschend, verständlich, mutig, unterhaltend, authentisch und vielleicht gar humorvoll. In diesem Fall hat Smile versagt.

Wieso? a) es ist nicht lustig b) es ist missverständlich c) ein Schaden an einer Person, ob Frau oder Mann, ist grundsätzlich schlecht.

Um solche Fauxpas zu vermeiden, lohnt es sich Pretests zu machen. Humor ist wirklich nur lustig, wenn niemand dabei verletzt wird. Auch unbeabsichtigt nicht.

thomas wilde
14. September 2023 um 10:56

derdiedas Ex

Mir ging es ähnlich wie Mirjam und Claudia. Vielmehr, bei dem vorliegenden Ex habe ich sofort einen Mann im Kopfkino gesehen. Und da jede*r von uns andere Bilder abgespeichert hat, sollte man* vielleicht, bevor man* in Empörung ausbricht, diesem Umstand Rechnung tragen. Ich habe schon bessere Werbung gesehen, aber vor allem auch schlechtere.

Claudia
14. September 2023 um 05:06

Mann? Frau?

Übersehe ich etwas? Wo ist den ersichtlich dass es sich bei „Ex“ um eine Frau handelt?

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Flavio Spaini
Baut in Basel Wohnungen 🤯

Schlechter Witz: Ziel 100% erreicht

Smile hat mit einem flachen Witz das Maximum erreicht: eine Diskussion mit grosser Medienpräsenz ("No publicity is bad publicity"). Es ist fragwürdig, diese Werbung, die nicht per se genderspezifisch ist, als Plattform für ein ernstes Thema wie Femizid zu nutzen. Die Diskussion wird sich nun darauf konzentrieren, warum der Mann automatisch als Täter und die Frau als Opfer angesehen wird. Die Sympathien für die Causa Femizid werden dadurch nicht stärker; im Gegenteil: das Anliegen wird dadurch verwässert, weil die Bevölkerung durch diese Aktion bereits für den nächsten Aufschrei desensibilisiert wurde. Ich befürchte, dass die Leute in jenen Momenten an diese eingängige Werbung zurückdenken, die Augen kurz verdrehen und sich wieder mit anderem ablenken.

Mirjam Gasser
Fachstelle für Gleichstellung Stadt Zürich

Nicht geschlechtsspezifisch

Das Plakat ist nicht explizit geschlechtsspezifisch. Wir würden es deshalb nicht als sexistisch beurteilen. Die Werbung suggeriert in ihrer Zweideutigkeit Gewalt als Lösung, was wir als sehr problematisch erachten.

Quelle: Tamedia

Eric Zeller, Mediensprecher Helvetia Versicherung
Eric Zeller
Sprecher der Helvetia Versicherung (Mutterkonzern)

pointiert und humorvoll

Die Werbung von Smile möchte pointiert und humorvoll sein. Das gelingt in vielen Fällen gut, in einigen weniger gut – auch weil unterschiedliche Menschen unterschiedliche Dinge lustig finden. Es ist nie Ziel der Smile-Werbung gewesen, jemanden zu diskriminieren. Mit der Werbung sollen auch nicht tragische Ereignisse wie Femizide relativiert oder lächerlich gemacht werden. Aus unserer Sicht ist das hier auch nicht der Fall: Die Werbung lässt offen, ob ‹der Ex getroffen› oder ‹die Ex getroffen› wurde und ob überhaupt eine Personen zu Schaden gekommen ist.

Feministisches Streikkollektiv
Ni Una Menos
Feministisches Streikkollektiv Zürich

Die Gewalt an Ex-Partner*innen wird erwiesenermassen fast ausschliesslich von Männern ausgeübt. Wir sehen dies als Ausdruck einer patriarchalen Gesellschaft. In der Schweiz wurden in diesem Jahr bereits 15 Frauen von ihren (Ex-)Partnern ermordet. Durchschnittlich jede Woche überlebt eine Frau einen versuchten Feminizid. Oftmals ist die Angst vor dieser tödlichen Gewalt der Grund, warum Frauen in gewaltvollen Beziehungen bleiben. Wir können darum über solche «Witze» nicht lachen. Wir wollen uns lebend.

Innerhalb eines solchen Kontextes vermittelt die Werbung, es sei legitimEx-Partner*innen mit Gewalt zu begegnen (die sich faktisch in unserer Gesellschaft, wie erwähnt, fast immer gegen Frauen richtet). Wir finden die Werbung sexistisch, weil sie auf diese Weise patriarchale Gewalt verharmlost und legitimiert. Zusätzlich kritisieren wir, dass smile vom Leid, das solche Gewalt tagtäglich bei Frauen verursacht, Profit schlagen will.

Sibylla Jundt
Antwort auf Basel Briefing

Eine Totalkatastrophe diese Werbung! Ein Schlag ins Gesicht für alle Frauen und alle fortschrittlich denkenden und lebenden Menschen auch hier in der Schweiz. Es ist unglaublich, dass so eine Werbung überhaupt veröffentlicht wird. Wie dumm und unterschwellig gewalttätig muss man sein, um so eine Werbung vertreten zu können. Mit Humor hat dies null und nix zu tun. Das hat eher mit Sadismus zu tun. (Im Sinn von: Freude an einer vermeintlich humorvoll gemeinten Aussage zur Gewalt an einem vis-à-vis.)

Peter
14. September 2023 um 19:20

interpretation

Also

Ich verstehe das „getroffen“ im Sinne: die / den ex zum Sex getroffen und zwar mit dem Auto

Die überfahre -Variante fiele mir niemals ein.

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