«Wir sind seit neun Jahren zusammen. Nun können wir endlich heiraten»

Auf der Kasernenwiese feierten die Befürworter*innen der Ehe für Alle ausgelassen und gut gelaunt bei Prosecco und Picknick das Abstimmungsresultat. Was bedeutet ihnen das 'Ja'?

ehefueralle
Party, Party, Party: Die Ehe für Alle ist angenommen.

Die Schweiz hat entschieden: Neu können homosexuelle Paare alles, was auch Heteros dürfen: Ausländische Ehe-Partner*innen erleichtert einbürgern, Kinder adoptieren und mittels Samenspende ein Baby machen. Die Bevölkerung nahm die Ehe für Alle mit 64.1% Ja-Stimmen an. In Basel-Stadt fiel die Zustimmung sogar noch deutlicher aus: Fast 74% der Basler*innen stimmten dafür.

Auf der Kasernenwiese feierten die Befürworter*innen ausgelassen und gut gelaunt bei Prosecco und Picknick das Abstimmungsresultat. Wir haben mit den Feierlaunigen gesprochen und sie gefragt, was ihnen das 'Ja' bedeutet:

Ehe fuer Alle
«Wir können endlich heiraten», sagen Noemi und Silke (1. und 2. v.r.). Sie sind mit ihren zwei Kindern Lucius (l.) und Helia an das Abstimmungsfest auf der Kaserne. (Bild: Adelina Gashi)

Silke & Noemi: «Wir sind so erleichtert und glücklich! Wir haben zwar mit dem 'Ja' gerechnet, aber eine leise Angst war da trotzdem. Sechseinhalb Jahre sind wir zusammen. Und nun können wir endlich heiraten.»

Silke: «Ich konnte nicht an der Abstimmung teilnehmen, weil ich keinen Schweizer Pass habe. Wenn wir verheiratet sind, wird es mir möglich sein, mich erleichtert einbürgern zu lassen.»

Lucius: «Es ist schön zu sehen, dass die Zustimmung in der Bevölkerung so gross ist. Wäre das Resultat knapp gewesen, wäre das echt schlimm.»

Silke & Noemi: «Für die Zukunft wünschen wir uns, dass die Vorurteile weiter abgebaut werden und homosexuelle Beziehungen genauso ernst genommen werden wie heterosexuelle Beziehungen.»

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Tanja (l.) und ihre Partnerin Carole sind Mütter eines sechs Monate alten Babies. Jöö!

Carole: «So direkt von einer Abstimmung betroffen waren wir vermutlich noch nie. Es geht ums Prinzip, um Gleichbehandlung, die gleichen Rechte. Das Resultat hat hierfür ein wichtiges Zeichen gesetzt. Wir sind seit neun Jahren zusammen und leben seit mehreren Jahren in einer eingetragenen Partnerschaft. Dieser Sonderstatus war auch immer ein unfreiwilliges Outing bei den Behörden. Das ändert sich nun endlich. Und wenn wir nochmals für eine Samenspende entscheiden sollten, können wir uns zukünftig beide als Mütter eintragen lassen, das ist toll. Denn nicht die Kinder aus Regenbogenfamilien sind das Problem, sondern der Mangel an Toleranz.»

Tanja: «Wir freuen uns ausserden, dass unser Sohn heiraten kann, wen er will.»

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Von links nach rechts: Hasan, Dibya, Seraphin und Amet feiern ausgelassen das Ja für die Ehe für Alle.

Seraphin: «Wir haben richtig gute Stimmung und sind glücklich. Auch wenn wir offen dem Resultat entgegengeblickt haben, um nicht enttäuscht zu werden.»

Hasan: «Das ist ein grosser Schritt für mehr Akzeptanz. Alle Menschen sollten frei und offen leben können.»

Seraphin: «Stimmt. Die Ehe für Alle hat schon in anderen Ländern gezeigt, dass die Effekte für queere Menschen positiv sind: Es gibt weniger Mobbing, die Suizidrate nimmt ab. Ich glaube, das das damit zu tun hat, dass eine Normalisierung stattfindet.»

Amet und Dibya: «Wir hoffen, dass sich mehr Länder ein Beispiel an der Schweiz nehmen.»

Seraphin: «Ich wünsche mir, dass das erst der Anfang war. Es muss mehr passieren. Zum Beispiel die erleichterte Geschlechtsangleichung für Transmenschen. In der Stadt ist die Akzeptanz für queere Menschen grösser als im Dorf, habe ich das Gefühl. Ich lebe auf dem Land, dort spüre ich die Blicke. Hoffentlich ändert sich das in der Zukunft.»

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«Das war ein wichtiger Tag für die Schweiz» Melanie (l.) und ihr Cousin Kaj.

Kaj: «Ich weiss noch nicht, ob ich heiraten möchte. Aber es ist schön zu wissen, dass ich es nun endlich kann. Als queere Person fühlt man sich oft als Mensch zweiter Klasse. Es geht um Gleichwertigkeit. Nicht nur ein Tolerieren, sondern ein Akzeptieren.»

Melanie: «Das 'Ja' ist ein wichtiger Schritt in Richtung Gleichberechtigung. Für die Schweiz, für mich, war heute ein wichtiger Tag.»

Keine Freude am Resultat hatten die Gegner*innen der «Ehe für alle», von denen man in Basel-Stadt allerdings kaum etwas hörte. Auch das nationale Komitee hatte bis Redaktionsschluss keine Medienmitteilung veröffentlicht. Verena Herzog, Thurgauer Nationalrätin SVP und Gegnerin der Initiative, befürchtet gegenüber «SRF» weitere Forderungen in der Fortpflanzungsmedizin. Natürlich akzeptiere das Nein-Komitee den demokratischen Entscheid, doch «wenn modern bedeutet, dass man Kindern den Vater entzieht oder gar nicht erst gibt, und sie erst mit 18 Jahren erfahren dürfen, wer der leibliche Vater ist, dann ist da etwas falsch».

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