Ehrenplatz für einen Rechtsextremisten
Die Sitzbank neben dem Unternehmen Mitte im Herzen Basels macht auf Persönlichkeiten aufmerksam, indem ihre Namen in die Bank graviert werden. Seit diesem Monat wird dort auch Manuel Corchia, rechtsextremes Mitglied der «Jungen Tat» gewürdigt.
Manuel Corchia erhält in Basel aktuell unverhoffte Ehre: Sein Name ist neben fünf weiteren Namen auf das Holz der Sitzbank beim Unternehmen Mitte an der Gerbergasse 30 eingraviert. Er befindet sich in guter Gesellschaft, platziert neben der Geschlechterforscherin und Soziologin Franziska Schutzbach und dem Bildhauer Roman Signer. Die Namen werden in regelmässigen Abständen ausgetauscht – mit dem Ziel, unterschiedliche Menschen in der Stadt ins Gespräch zu bringen.
Dass nun der Name Manuel Corchia auf der Bank zu finden ist, wirft Fragen auf. Denn Corchia ist Mitbegründer und aktives Mitglied der rechtsextremen Gruppierung «Junge Tat», er ist mehrfach vorbestraft und es wird – unter anderem wegen Rassendiskriminierung – gerichtlich gegen ihn ermittelt.
«Die Bank zeigt Namen von lebenden Personen, die die Welt repräsentieren.»Raphael Bottazzini, Künstler
Die Bank ist ein Kunstwerk namens «Bank & Stapel» im offenen Raum, das von dem Künstler und Galeristen Raphael Bottazzini kuratiert wird. Auf die Frage, warum Corchia einen Platz auf der Lehne der Bank gefunden hat, sagt Bottazzini zu Bajour: «Der Name wird mir von einem Komitee zugespielt, und ich kuratiere die Namen auf der Bank. Die Bank zeigt Namen von lebenden Personen, die die Welt repräsentieren.»
Auch kontroverse Namen erwünscht
Auf die Frage, wer hinter dem Komitee stehe, heisst es etwas vage, es seien Personen, die wüssten, wie die Bank funktioniere: «Sie können und sollen mir Namen nennen, die auch kontrovers sind. Namen, die ihnen aufgefallen sind. Dies können auch Mitmenschen im engeren Umfeld sein», sagt Bottazzini.
Da es sich um eine öffentliche Arbeit handele, sei die Bevölkerung ein Teil der Bank und ihrer Einordnung – eine soziale Betrachtung sei wichtig. Der Künstler sagt: «Vielleicht kann man die Bank als eine kleine Welt betrachten, die da steht, und darüber nachdenken, wie man mit all den Menschen umgeht, mit denen man selbst nicht im Einklang ist.»
Jeden Monat werde ein Brett mit Namen ausgewechselt, die danach im Ausstellungsraum «Artachment» in Kleinhünigen einen Stapel bilden. Auf der Website des Projekts heisst es: «Dieser Prozess ist als Langzeitprojekt angelegt und dauert an, bis der Stapel die Decke des Raums berührt. Erst dann gilt die Skulptur als abgeschlossen – und eine neue Skulptur kann entstehen.»
Breit gestreute Namensauswahl
Das Gleichgewicht beim Kuratieren sei die Schwierigkeit, wie Bottazzini hinzufügt. Denn wenn ein schwieriger Name auf der Bank stehe, würden sich noch weitere Namen daneben befinden, die ebenfalls wirken. «Es liegt im Auge des Betrachters, welche Geschichte man hineininterpretiert.»
Im Projektbeschrieb steht, die Passant*innen, die vorbeigehen oder auf der Bank Platz nehmen, können sich über die Namen Gedanken machen und in Interaktion mit den Menschen treten, die hier in den Vordergrund gehoben werden. Es soll an Namen und Ereignisse erinnert werden, «die zum gegebenen Zeitpunkt für Kollektiv und Individuum eine Relevanz hatten, bemerkens- oder einfach nur merkenswert waren.» Dass es dabei aufgrund der scheinbar willkürlichen und breit gestreuten Namensauswahl auch immer wieder zu Irritationen komme, sei nicht nur intendiert, sondern eine Zwangsläufigkeit.
«Wir haben kein Mitspracherecht bei der Wahl der Namen.»Daniel Häni, Mitbegründer und Gesellschafter vom Unternehmen Mitte
Daniel Häni, Mitbegründer und Gesellschafter vom Unternehmen Mitte, hatte bis zur Anfrage von Bajour keine Kenntnis von der neuen Namensgravur. Er sagt auf Nachfrage: «Wir haben kein Mitspracherecht bei der Wahl der Namen. Vom Unternehmen Mitte aus gibt es auch keine Art von Identifikation mit den Personen, die dort genannt werden.» Auch die Stiftung Edith Maryon hat keinerlei Einfluss auf die Bank, die sich direkt vor ihrem Eingang befindet.
Die Personen, die namentlich genannt sind, werden weder darüber informiert, noch gefragt, ob sie einverstanden sind, die Bank mit anderen Personen zu schmücken. Wie sie darauf reagieren, zusammen mit Manuel Corchia genannt zu werden, wird sich zeigen. Wenn es das Ziel des Kunstprojekts ist, Irritationen hervorzurufen, so ist dies gelungen. Ob das Mitglied der «Jungen Tat» tatsächlich «die Welt repräsentiert», ist hingegen zumindest fraglich.