Kleinbaslerin durch und durch

Anita Treml Nidecker soll die erste Präsidentin der IG Kleinbasel werden. Wer ist die Frau, die ganz Kleinbasel zu kennen scheint?

Anita Treml Nidecker
Sie ist bereit für den Job. (Bild: Ernst Field)

Im regnerischen Wetter steht Anita Treml Nidecker mit einem Glace der Gelateria di Berna und ihrem Velohelm in der Hand vor dem KLARA. Für das Gespräch gehen wir hinein, draussen ist es zu ungemütlich. Ganz entspannt isst sie ihr Eis fertig, danach kann’s los gehen.

Treml Nidecker ist in Basel keine Unbekannte. Als langjährige Geschäftsführerin der Brauerei Fischerstube stand sie immer wieder im Rampenlicht. Letztes Jahr ging sie in Pension und übergab das Geschäft an Adrian Baumgartner.

Aber Treml Nidecker ist keine, die still sitzen bleiben kann. Nach ihrer Pensionierung will sie jetzt wieder Verantwortung übernehmen. Und das kann sie vermutlich bald. Der Präsident der Interessengemeinschaft Kleinbasel, André Auderset, tritt ab, der Vorstand schlägt Treml Nidecker als Nachfolgerin vor. Neben Cello spielen, spazieren gehen und Freundinnen treffen bleibe genug Zeit sich dem Amt der Präsidentin der IG Kleinbasel anzunehmen, sagt Treml Nidecker mit einem Schmunzeln.

Ihre Arbeit bei der Brauerei Fischerstube qualifiziere sie für diesen Posten. Dort habe sie zum Beispiel viel mit dem Detailhandel zu tun gehabt und ein grosses Netzwerk aufgebaut. Als ehemalige Gewerblerin kenne sie deren Bedürfnisse. Ausserdem erklärt Treml Nidecker: «Ich habe gelernt mit Behörden zu verhandeln und stand auch in der Öffentlichkeit.» Dieses Wissen werde ihr in diesem Posten helfen.

Anita Treml Nidecker 2
«Im KLARA fühle ich mich wohl» (Bild: Ernst Field)

Das klingt selbstsicher. Aber wird Anita Treml Nidecker überhaupt gewählt? «Ich habe keine Angst, nicht gewählt zu werden», sagt sie zuversichtlich. «Ich würde mich freuen, ich denke es gibt viel zu gestalten.» Treml Nidecker ist bekannt und bislang gibt es keine Gegenkandidatur. Die Chancen stehen gut. Und wenn es wider Erwarten nicht klappen sollte, wüsse sie sich anders zu beschäftigen, hängt sie rasch an.

Beliebt scheint Treml Nidecker auch zu sein. Während des Gesprächs hallt es laut «Anita» durchs KLARA. Ein Mann kommt an den Tisch winkt Treml Nidecker zu, sie freut sich, grüsst ihn, aber erwidert schnell: «I gib grad e Interview». Zum Abschied sagt der Mann noch «bis im Sommer wieder». Er arbeite beim FLOSS, dem Festival, das im Sommer jeweils auf dem Rhein stattfindet. Die Brauerei ist Co-Sponsorin des Events. Auf dieses Engagement ist Treml Nidecker stolz, sie sei ein grosser Fan vom FLOSS. Deren Mitarbeiter scheinbar auch von ihr.

IMFLUSS
Das Festival auf dem Rhein. (Bild: IMFLUSS Samuel Bramley)

Mehr Austausch gewünscht

Für was will Treml Nidecker sich denn einsetzen? Ihr erklärtes Ziel sei, die IGK zu stärken und für die Zukunft zu rüsten. «Jede*r Präsident*in will das», ergänzt sie, aber Treml Nidecker sind zwei Punkte dabei wichtig: Sie möchte die IGK öffnen und eng mit Partnerorganisationen zusammenarbeiten «Ich möchte die Kreativwirtschaft mit einbeziehen und natürlich neue Mitglieder gewinnen.», präzisiert Nidecker. Unter den Begriff Kreativwirtschaft fallen beispielsweise Grafiker*innen, Architekt*innen, aber auch Künstler*innen und Designer*innen. Diese seien in der IGK nämlich noch untervertreten.

Im Kleinbasel will Anita Treml Nidecker dem Gewerbe zuliebe vermehrt Orte zum Verweilen schaffen und beleben. So sollen die Geschäfte wieder Kund*innen anziehen können. Denn der Detailhandel leide seit der Pandemie noch stärker unter dem Wachstum des Onlinehandels, aber auch unter den vielen Baustellen. Den Weg dafür sieht sie zum Beispiel im Stadtbelebungsfonds des Kantons. Dieser Fonds unterstützt Projekte, welche die Attraktivität der Basler Innenstadt als Ausgeh-, Shopping- und Tourismusstandort fördern. Dort könne man noch Vorschläge für das Kleinbasel einbringen. «Das ist eine tolle Chance», sagt Treml Nidecker. «Jetzt brauchts Ideen und Leute, die sie umsetzen», sagt sie begeistert.

Auf die Frage wie ihre Kandidatur fürs IGK-Präsidium zustande kam, antwortet Anita Treml Nidecker knapp: «ich wurde angefragt». Dass sie die erste Frau an der Spitze der IGK wäre, scheint für sie keine grosse Rolle zu spielen. «Meine Qualifikationen waren für den Vorstand sicherlich wichtiger, als mein Geschlecht», kommentiert Treml Nidecker. Sie nimmt aber an, der Vorstand sei sicherlich auch stolz eine Frau vorschlagen zu können.

Das Kleinbasel im Herzen

Ihr Leben verbringt Anita Treml Nidecker hauptsächlich im Kleinbasel. Wenn sie in eine Buchhandlung will, oder eine der grossen Kulturinstitutionen besucht, geht sie auf die andere Rheinseite. «Ich habe aber schon Freundinnen und Freunde im Grossbasel», sagt Treml Nidecker und lacht. Sie geht gerne dem Rheinbord entlang oder in die Langen Erlen. «Ich schätze die Lebendigkeit und die Durchmischung im Kleinbasel», schwärmt sie.

Kleinbasler Rheinufer
Der Blick aufs Kleinbasel. (Bild: © Kanton Basel-Stadt: www.bs.ch/bilddatenbank)

Schon früher habe sie sich durch ihre Arbeit fürs Kleinbasel stark gemacht. «Ich habe mich für die Kulturwerkstatt Kaserne eingesetzt und wir waren in der Brauerei Fischerstube eine Wegbereiterin für die Brauszene», betont sie. Ausserdem habe sie mit dem Festbierantsich Ende November einen Kleinbasler Anlass geschaffen.

Dass sie die Anfrage des IGK Vorstands angenommen hat, liege aber auch an Treml Nideckers Schwiegervater. Hans-Jakob Nidecker war der Gründer der Brauerei Fischerstube. Er engagierte sich zum Beispiel jahrelang für den Erhalt und die Soziokulturelle Nutzung der Kaserne. Treml Nidecker erinnert sich an etwas, das er zu ihr gesagt hatte: «Wenn jemand die Möglichkeit hat, soll er oder sie sich für die Gesellschaft einsetzen.» Das habe sie sich zu Herzen genommen. «Ich hätte mich nach der Pension auch zurückziehen und mein Leben geniessen können», meint Treml Nidecker, sie habe aber beschlossen, für Basel zu engagieren .

Die Zukunft wird zeigen, ob sie mit der IGK noch mehr fürs Kleinbasel erreichen kann.

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