Kommission will Immunität von Sibel Arslan nicht aufheben

Die Basler Staatsanwaltschaft will die Basler Nationalrätin belangen. Der Vorwurf: Sie habe am Feministischen Streik 2020 an einer unbewilligten Demonstration teilgenommen. Die nationalrätliche Immunitätskommission tritt nicht auf das Gesuch der Stawa ein.

Sibel Arslan, GP-BS, spricht waehrend der Fruehlingsession der Eidgenoessischen Raete, am Mittwoch, 4. Maerz 2020 im Nationalrat in Bern.
(Bild: KEYSTONE/Anthony Anex)

Die Staatsanwaltschaft Basel-Stadt (Stawa) hätte es gern, wenn Sibel Arslans nationalrätliche Immunität aufgehoben würde. Dann könnte die Stawa die BastA!-Politikerin wegen Unterstützung einer unbewilligten Demonstration am 14. Juni 2020 belangen. Die Behörde argumentiert, Arslan habe die Polizeikräfte an Amtshandlungen gehindert, den Verkehr gestört und gegen die Covid-2-Verordnung verstossen.

Doch die nationalrätliche Immunitätskommission will davon nichts wissen. Sie hat heute getagt und einstimmig beschlossen, Arslans Immunität nicht aufzuheben.

Sibel Arslan zeigte sich gegenüber Bajour erfreut über den einstimmigen Entscheid: «Ich habe es nicht anders erwartet, freue mich jetzt aber.» Sie hat vor der Kommission geltend gemacht, dass sie an die Demonstration gerufen worden sei, um in ihrer Rolle als Nationalrätin in Absprache mit der Einsatzleitung der Polizei zwischen den Demonstrant*innen und der Polizei zu vermitteln. Sie habe dabei zur Deeskalation der Situation beigetragen und man habe sich in der Folge für ihre Vermittlungsarbeit explizit bei ihr bedankt.

Die Kommission entschied nun zu Arslans Gunsten. Begründung gemäss Medienmitteilung: «Die Kommission erachtet es als fraglich, ob die Handlungen, die Nationalrätin Sibel Arslan vorgeworfen werden, überhaupt eine strafrechtliche Relevanz aufweisen. Angesichts der ehrenwerten Absichten von Nationalrätin Arslan erkennt sie in deren Handlungen keine schwere Verfehlung. Sie kommt daher einstimmig zum Schluss, dass in diesem Fall die institutionellen Interessen des Parlaments gegenüber dem rechtsstaatlichen Interesse an der Strafverfolgung überwiegen und eine Aufhebung der Immunität unverhältnismässig wäre.»

Am 20. September 2021 wird die Rechtskommission als zuständige Kommission des Ständerates das Gesuch behandeln. 

Um was geht's genau?

Am 14. Juni 2020 gab es in Basel zwei Arten von Demos: fünf bewilligte und eine unbewilligte – alle im Rahmen des feministischen Streiks. Fünf endeten friedlich, eine eskalierte. Sibel Arslan, Nationalrätin der BastA!, nahm an diesem Nachmittag eigentlich an einer polizeilich bewilligten Aktion auf dem Theaterplatz teil. Doch dann erhielt sie ein Telefon von Demonstrant*innen: Die unbewilligte Demo sei eskaliert, sie solle bitte zwischen Aktivist*innen und Polizei vermitteln. Was Arslan auch tat. Doch die Vermittlung endete damit, dass die Polizei Arslan abführte.

Am 22. August machte der Blick bekannt, dass die Stawa Arslans Immunität aufheben will. Nationale Politiker*innen geniessen gemäss Bundesgesetz eine absolute und eine relative Immunität, dies um das Funktionieren der Bundesbehörden zu garantieren. Die absolute Immunität kann nicht aufgehoben werden und betrifft Äusserungen in den Räten und Kommissionen und schützt vor strafrechtlicher und ziviler Verfolgung. Die relative Immunität schützt Handlungen im unmittelbaren Zusammenhang mit der amtlichen Tätigkeit und Stellung und kann aufgehoben werden. Um letztere geht es bei Sibel Arslan.

Bajour war während der unbewilligten Demonstration vor Ort und hat die Diskussion begleitet:

Bajour-Herz
Für dich vor Ort ...

... dank deiner Unterstützung. Jetzt Bajour-Member werden.

Das könnte dich auch interessieren

IMG_3010

Jelena Schnüriger am 19. November 2024

Basels jüngster Larvenmacher

Waggis-, Pierrot-, Ueli- und Schnitzelbangglarven – diese und andere Kreationen entstehen im Larvenatelier von Dorian Weber. Er nennt sich Larvedörsl und ist im Alter von 31 Jahren der jüngste selbstständige Larvenmacher in Basel. Wir haben ihn in seiner Werkstatt besucht.

Weiterlesen
Frage des Tages

David Rutschmann am 19. November 2024

Lässt sich das Amt für Kultur zu sehr unter Druck setzen?

Weiterlesen
Kommentar Kulturpreis

Valerie Wendenburg am 18. November 2024

Ein rein politischer Entscheid

Die Entscheidung über eine Kulturförderung sorgt in Basel erneut für Diskussionen. Wird der Preis aberkannt, ist das kein Zeichen gegen Antisemitismus, sondern ein rein politischer Entscheid. Ein Kommentar.

Weiterlesen
Crack cocaine rocks. Crack cocaine is a highly addictive and powerful stimulant that is derived from powdered cocaine using a simple conversion process. Crack emerged as a drug of abuse in the mid-1980s. It produces an immediate high and is easy and inexpensive to produce rendering it readily available and affordable. Crack is produced by dissolving powdered cocaine in a mixture of water and ammonia or sodium bicarbonate (baking soda). The mixture is boiled until a solid substance forms. The solid is removed from the liquid, dried, and then broken into the chunks (rocks) that are sold as crack cocaine. The name "crack" refers to the sound generated during its manufacture and when smoked. Street names include: rock, hard, iron, cavvy, base, or just crack. (KEYSTONE/SCIENCE SOURCE/Science Source)

Valerie Zaslawski am 18. November 2024

Schritt für Schritt zur Kokain-Abgabe

Basel diskutiert mögliche Therapieformen für Kokain-Süchtige. Das darf als ein erster kleiner Schritt hin zu einer staatlichen Abgabe gewertet werden. Frei von Skepsis ist dieser Prozess allerdings nicht.

Weiterlesen
Foto Pino Covino

Bei Bajour als: Journalistin.

Hier weil: Das Hobby meines Mannes finanziert sich nicht von alleine.

Davor: Chefredaktorin im Lokalmedium meines ❤️-ens (Bajour), TagesWoche (selig), Gesundheitstipp und Basler Zeitung

Kann: alles in Frage stellen

Kann nicht: es bleiben lassen

Liebt an Basel: Mit der Familie am Birsköpfli rumhängen und von rechts mit Reggaeton und von links mit Techno beschallt zu werden. Schnitzelbängg im SRF-Regionaljournal nachhören. In der Migros mit fremden Leuten quatschen. Das Bücherbrocki. Die Menschen, die von überall kommen.

Vermisst in Basel: Klartext, eine gepflegte Fluchkultur und Berge.

Interessensbindungen:

  • Vorstand Gönnerverein des Presserats
  • War während der Jugend mal für die JUSO im Churer Gemeindeparlament. Bin aber ausgetreten, als es mit dem Journalismus und mir ernst wurde.

Kommentare