Leonhardskirchplatz

Lukas
Leonhardskirchplatz an einem Spätsommernachmittag. (Quelle: Lukas)

Liebe Marie,

einen Ort, den ich dir in Basel schon immer zeigen wollte, ist der Leonhardskirchplatz. Zu deiner Orientierung: er liegt oben auf dem Leonhardsberg, wohin man gelangt, wenn man vom Barfüsserplatz aus dem Lohnhofgässlein folgt. Schräg gegenüber dem Platz fährt das 3er-Tram durch und noch etwas weiter befindet schon die Musikakademie. Ich bin mir sicher, die würde dir als Klarinettenspielerin gut gefallen.

Mit anderen Worten liegt er sehr zentral aber doch ein bisschen verborgen in der Basler Altstadt.

Schüler*innentexte

Was gibt es im Winter Schöneres, als sich auf wärmende Sonnenstrahlen aus dem Sommer zu besinnen und an seine eigene Jugend zu denken?! Sieben Schüler*innen des Gymnasiums am Münsterplatz, alle um die 18 Jahre alt, haben im Sommer kurze, kreative Texte zum Thema «Verweilen in Basel» geschrieben. 

Dafür haben sie öffentlich zugängliche Plätze in Basel aus Ihren Augen und anhand Ihrer Sinne, Gedanken und Erinnerungen beschrieben. Sie verpacken die Plätze kreativ in Sprache und nehmen die Leser*innen mit in ihre Leben, ihre Sorgen und Wünsche. 

Das Ergebnis ist ein Blick in die Gefühlswelt und die Realität vieler Jugendliche. Gern veröffentlichen wir bei Bajour die Texte.

zu allen Texten

Das ist auch der Grund, weshalb ich diesen Platz so schätzen gelernt habe. Als ich nämlich noch in die Sekundarschule Holbein ging, nahmen wir uns in der Mittagspause oft beim «Za Zaa» am Barfüsserplatz eine Pide und schlenderten an den mittelalterlichen Häuser vorbei. Ehe wir es uns versehen hatten, waren wir schon am Leonhardskirchplatz angekommen, wo wir uns auf eine der vier Bänke setzten. Dort hatte man gerade so zu fünft Platz, wenn man eng zusammenrückte. So sassen wir also da wie die Spatzen aneinandergereiht und schmausten. Und ja, Spatzen gibt es dort genug. Die sind ganz schön gewitzt und schaffen es jedes Mal, die ein oder andere Krume zu erhaschen, selbst wenn man es sich vornimmt, dem Vogel nichts zu geben. Etwas beneide ich die kleinen Luftkünstler schon, so frei wie die sind.

Bei schönem Wetter waren die Bänke aber meist schon besetzt. So wichen wir auf die Brüstung aus, die den Platz Richtung Osten hin begrenzt. Diese fällt steil ab, sodass man eine tolle Sicht über die Dächer Basels hat. Allerdings muss ich dir gestehen, dass ich immer ein mulmiges Gefühl hatte, wenn die Jungs und ich uns auf die Brüstung setzten. Habe ich ihnen aber nie gesagt. Vielleicht auch, weil ich den Nervenkitzel mochte. An Sommertagen war der rote Bundsandstein, auf welchem wir assen, oft sonnengewärmt. Heiss ist war jedoch nie, da die alten Linden genügend Schatten spenden. Auch weht ab und zu eine kühle Brise.

Wenn man seine Augen über den Platz schweifen lässt, so kann man Vieles entdecken. Auffällig ist sicherlich das im Boden eingelassene Labyrinth im gekiesten Teil des Platzes. Es ist symmetrisch angelegt und schmiegt sich um die zwei alten Linden, die im Zentrum stehen. An manchen Tagen kann man Leute beobachten, die dort Yoga machen. Eine dieser Yogalehrerinnen meinte mal zu mir, dass das Labyrinth ein Kraftort für sie sei.

Ich finde das hat etwas. Vor der rund eintausend Jahre alten Leonhardskirche fühle ich mich ehrfürchtig. Die gotische Architektur passt zum Platz.

Schaut man etwas weiter, so sieht man eine bronzene Statue.

Sie zeigt Rudolf Riggenbach, einer der ersten und bedeutendsten Denkmalpfleger Basels. Er setzte sich während der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts für den Erhalt zahlreicher historischer Bauten ein. Dank ihm haben wir noch so eine schöne Altstadt und ich finde, dass merkt man auch, wenn man sich am Leonhardskirchplatz aufhält. Eine grosse Basler Persönlichkeit war er also und seine Anhänger verpassten ihm den liebevollen Spitzamen «Dinge-Dinge», weil er beim Sprechen oft das Füllwort «e Ding» benutzte, wenn ihm ein Begriff nicht einfallen wollte. Lustig, nicht?

Wenn du mich also das nächste Mal besuchen kommst, muss ich dir unbedingt diesen Ort der Magie zeigen! Ich hoffe, dir und Grég geht es sonst gut. Bin auf deine Antwort gespannt!

Fühl dich feste gedrückt

Lukas

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