Liebesgrüsse aus Basel
Sean Connery war nicht nur James Bond – sondern auch Fussballtalent und leidenschaftlicher Fussballfan. Didi-Kolumnist Beni erzählt die Geschichte seines verziehenen Hochverrats.
Auch das noch. Sean Connery ist tot. Ausgerechnet jetzt. Ein Virus hält die Welt in Atem, Gesellschaften sind gespalten, eiserne Vorhänge werden heruntergelassen und kalte Kriege drohen. Ausgerechnet jetzt stirbt Sean Connery, der Mann, der als James Bond die Welt rettete.
Bond-Filme sind die beste Krisenbewältigungsstrategie. Das Gute siegt am Ende über das Böse. Die Welt ist in Ordnung. Alles Gut.
Sean Connery war mit seinem Charme, seinem Witz und seinem guten Aussehen der perfekte Bond. Die bz Basel ernannte ihn zum «letzten Ritter unserer Zeit». Er machte den Geheimagenten durch seine «proletarische Bodenständigkeit» erst zu einer grossen Identifikationsfigur.
Tatsächlich wuchs Sean Connery als Sohn eines Fernfahrers und einer Reinigungskraft in ärmlichen Verhältnissen in Edinburgh auf. Er arbeitete früh als Milchmann und Bademeister, um seine Familie finanziell zu unterstützen.
Es ist nur logisch, war das Arbeiterkind Connery ein grosser Fussballfan. Nach seinem Tod am 31. Oktober 2020 berichteten diverse Medien über seine fussballerischen Fähigkeiten. Connery spielte beim schottischen Amateurclub Bonnyrigg Rose Athletic FC und machte dabei eine gute Falle. Eine so gute, dass 1953 Matt Busby, Trainer von Manchester United, auf ihn aufmerksam geworden sei und ihm einen Profivertrag angeboten habe. Der 23-jährige Connery sei hin und her gerissen gewesen, hätte aber die Vernunft über das Herz siegen lassen und sich für die Schauspielerei und gegen den Profi-Fussball entschieden. Kein schlechter Entscheid aus heutiger Sicht.
Statt bei Manchester United Titel zu holen, blieb Connery dem Fussball in der Provinz treu. Bonnyrigg ist eine Kleinstadt südlich von Edinburgh und spielt aktuell in der fünftklassigen Lowland Football League. Ein Blick auf die Teams dieser Liga lässt das Herz des Fussballnostalgikers höher schlagen. Sieben von 17 Teams wurden vor 1910 gegründet. Connerys Bonnyrigg Rose Athletic FC ist mit Gründungsjahr 1881 der älteste.
Papa Connery war ein Katholik aus Glasgow. Celtic Glasgow hiess sein Club. Es war der Vater, der diese Fan-Liebe an klein-Sean weitergab. Als Sean bereits als James Bond-Darsteller die Welt eroberte, war er in den 1960er- und 1970er-Jahren regelmässiger Gast im Celtic Park. Er erlebte die Hochphase von Celtic Glasgow und des schottischen Fussballs hautnah mit. In den Jahren 1966 bis 1974 reihte Celtic neun Meistertitel aneinander und gewann 1967 den Europapokal der Landesmeister.
Connery und Celtic: Das passte. Es war eine Liebe des damals «berühmtesten Schauspielers der Welt» zu «einem der besten Clubs der Welt», schwärmt The Celtic Star in seinem Nachruf.
Trotz seiner Weltkarriere blieb Connery seiner schottischen Heimat eng verbunden. Beruflich stand er als Bond im Dienst ihrer Majestät. Anders privat, da setzte er sich als Patriot und Mitglied der Scottish National Party für die Unabhängigkeit Schottlands von der englischen Krone ein. Eine von Connery mitgegründete Stiftung zahlt unter anderem Ausbildungsbeiträge an junge Schott*innen aus finanzschwachem Haus.
«Rest in peace Sean, you’ll never walk alone.»Celtic-Supporter trauern um Sean Connery
Sein Status und sein Engagement machten Connery zu einer Ikone. Deshalb überlebte er auch einen fussballerischen Hochverrat unbeschadet. Das ging so: Connery freundete sich mit David Murray (Besitzer der Glasgow Rangers von 1988 bis 2011) an und besuchte fortan regelmässig Spiele im Ibrox-Stadion. Schlimmeres als einen Wechsel vom katholischen Celtic zu den protestantischen Rangers gibt es im europäischen Fussball kaum.
Trotz dieses Seitenwechsels wird auf Fan-Sites von beiden Clubs aus Glasgow das Leben von Connery gewürdigt. In süffisantem Ton heisst es auf Rangers News, dass Connery im Alter weiser geworden sei. Und die Celtic-Supporters verabschieden sich mit: «Rest in peace Sean, you’ll never walk alone.»
Ruhe in Frieden, Sean. Dein Charme und dein ansteckender Optimismus werden uns fehlen. Unser einziger Trost: Man lebt nur zweimal.