Der Erasmusplatz wird beschattet

18 Mehlbeerbäume werden am Erasmusplatz mit Zürgelbäumen ersetzt, die dem Platz mehr Schatten für heisse Sommertage schenken. Barry, der Mehlbeerbaum, verabschiedet sich.

Erasmusplatz, Baustelle, Bäume
Hier könnte Ihr Baum stehen. (Bild: Ernst Field)

Neue, junge, schattenspendende Zürgelbäume anstatt ältere, dünne, beerige Mehlbeerbäume. So gestaltet die Stadtgärtnerei momentan den Erasmusplatz um. Einige der 18 Mehlbeerbäume, die den Platz vor der Johanniterbrücke zierten, werden in eine Baumschule verfrachtet, um dort das richtige Wachsen zu lernen. Denn das machte den Bäumen am Erasmusplatz Mühe, obwohl sie gesund sind.

«Der Standort ist das Problem», sagt Simon Leuenberger, Leiter Grünflächenunterhalt beim Bau- und Verkehrsdepartement (BVD). Für die Mehlbeerbäume sei es am Erasmusplatz zu heiss. Das liege am Teer und den Bussen, die Hitze abstrahlen, führt Leuenberger aus. Deshalb dürfen die Bäume ihr Glück an einem anderen Ort versuchen. Zehn kommen in eine Baumschule, damit sie resistenter werden, fünf kommen an einen anderen Standort, und drei werden «liquidiert», erklärt Leuenberger. Diese drei seien von einem Schädling befallen und würden deswegen nicht nochmal eingepflanzt. 

Mit Zürgelbäumen hat die Stadtgärtnerei schon gute Erfahrungen gemacht. Diese stehen zum Beispiel am Riehenring Spalier. Sie würden schneller als Mehlbeerbäume wachsen, sagt Leuenberger, so gebe es auch schneller Schatten. Haben Sie Mitgefühl mit den Bäumen, die weichen müssen, Herr Leuenberger? «Nein. Weil wir sie nicht fällen mussten.»

Riehenring, Bäume
Trotz Bäumen keine Allee: Der Riehenring (Bild: Ernst Field)

Laut BVD wird diese Ersatzpflanzung auf Wunsch der Quartierbevölkerung vorgenommen. So sagt Andrea, die das Lebensmittelgeschäft Lokal leitet: «Ich finde es sehr schade, dass die Bäume hier nicht gewachsen sind.» Es leuchte ihr aber ein, dass die Bäume an einem anderen Ort besser wachsen.

Nur die Betroffenen hat mal wieder niemand gefragt. 

Wie geht es den Bäumen?

Barry der Baum beim Interview
Einmal lächeln fürs Photo(synthese) (Bild: Ernst Field)

Am kahlen weiss-bemalten Mehlbeerbaum Barry* hängen noch die namensgebenden Beeren. «Giftig sind diese nicht», erklärt Barry. Ab jetzt werden diese nicht mehr hier zu Boden fallen. Denn für Barry geht es in das Hirzbrunnenschulhaus. «Leider wird die Familie Mehlbeer getrennt.» Nicht alle kommen an den gleichen Ort.

Das sei zwar schade, aber nötig, findet Barry. «Wir wollen nur das Beste füreinander. Und wenn das heisst, dass man in eine andere Schule geht, dann ist das in Ordnung. Durch den Stammbaum werden wir immer verbunden bleiben.» Um die drei Bäume, die ihren Weg in Richtung Kompost machen, trauert er.

Barry Mehlbeer wird seinen alten Wohnort vermissen, auch wenn es hier sehr heiss war. «Zum Glück haben uns die lieben Grünwesten (die Stadtgärtnerei, Anm. d. Red.) angemalt», schwärmt Barry, die weisse Farbe an den Bäume hilft nämlich gegen Sonnenbrand. «In Zukunft kann ich dann richtig aufblühen», sagt er mit einem lachenden und einem weinenden Ast.

Und was hält unser Gesprächspartner von den Zürgelbäumen? «Ich bin schon neidisch auf die neuen, die haben so grosse Baumkronen.» 

Für den ausgetopften Barry gibt es nun kein Zurück mehr an den Erasmusplatz. Er wird endgültig ersetzt. Damit ist er aber nicht unzufrieden. «Vielleicht bekomme ich ja im Hirzbrunnenschulhaus endlich die Anerkennung, die ich verdiene.»

*Der imaginäre Baum-Freund des Autors

Herz Rose
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Ernst hat als Praktikant bei Bajour gestartet, wurde dann vom Studieren abgehalten und als Trainee verpflichtet. Ernst ist mittlerweile aufstrebender Junior-Redaktor für Social Media. Wenn er nicht gerade mit dem rosa Mikrofon in der Stadt rumspringt, Glühwein testet oder Biber jagt, stellt er kluge Fragen in seinem Podcast «Ernsthafte Gespräche». 2024 wurde Ernst vom Branchenmagazin Journalist:in unter die «30 unter 30» gewählt.

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