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Bolzplatz

Echt jetzt?!

Im Fussball wird Heimat immer wieder betont. Man will «echte» Basler und «echte» Schweizer auf dem Platz. Didi-Kolumnist Rafi Pfister fragt sich, echt jetzt?

10/02/20, 01:36 AM

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Die Masse der Bristol City-Fans ist still. Bis der Typ rechts vorne, Bierbauch und zu enges Trikot, mit dem Gesang beginnt. Immer rauschender hallt es durch die Kurve, bis schliesslich 1000 Personen singen: «We want to go home, we want to go home – Birmingham's a shithole!»

Ich musste damals, als ich 2019 in Birmingham war, lachen. Ja, das ist britischer Humor und – sorry für alle Peaky Blinders-Fans – Birmingham ist tatsächlich nicht unbedingt von unglaublicher Schönheit geprägt. Seine Heimat kann man sich schliesslich (nicht) auswählen.

Unruhe am Stammtisch

Heimat wird im Fussball immer wieder betont. Man will «echte» Basler* und «echte» Schweizer* auf dem Feld. Das trägt dann beinahe schon irrwitzige Züge, wie beispielsweise 2018, als die Schweizer Nati für die WM 2018 ein wirklich gutes Team aufstellte und man dennoch immer wieder hörte: «Ach, das sind doch keine richtigen Schweizer.»

Umso lauter werden diese Stimmen, wenn sich Spieler wie Andi Zeqiri womöglich für ihre zweite Heimat entscheiden.  An den Stammtischen wurde vom «Balkan-Block» geredet.

In den Anfängen des internationalen Fussballs war das noch ganz anders: Da spielten in der Schweiz wohnhafte deutsche Studenten für die Nati. Man war dankbar für ihre sportlichen Leistungen. Ihre Herkunft spielte keine Rolle, sie spielten für die Schweiz und das war in Ordnung so.

Unsere Argentinier

Als ich mit sieben Jahren begann, Fussball zu spielen, hatte man in der Nationalmannschaft noch die Sprachblöcke: Romands, Tessiner und Deutschschweizer. Da wurden immer wieder Dispute zwischen den Blöcken hochstilisiert. Das galt für den italienisch sprechenden Kubilay Türkyilmaz aus Bellinzona genauso wie für den Deutschschweizer Ramon Vega aus Trimbach. Eine Ausgrenzung aufgrund der Frage, woher ihre Eltern stammen, wäre niemandem in den Sinn gekommen.

Auch im Clubfussball ist das irgendwie immer noch anders. Giménez, Rossi, Delgado – das waren unsere Argentinier. Ihre Herkunft war positiv konnotiert, denn «die Gauchos» gaben alles für unseren FCB. Ihre Nationalität war und ist zweitrangig, sie wurden quasi zu «echten» Baslern*.

«Auf dem Platz spielt die Herkunft überhaupt keine Rolle.»

Bei der Diskussion um Heimat und Fussball, kommt mir euch eine Geschichte aus dem Didi in den Sinn. Kurz nach unserer Eröffnung (2014) spielte der FCB auswärts gegen Ludogorez Rasgrad. In der 18. Minute zeigte Schiri Deniz Aytekin unserem Geoffroy Serey Die die rote Karte. Eine Person war nicht wirklich begeistert und sagte laut: «Du bisch e dütsche Türk!» Aber was genau hat denn dieser Sachverhalt mit der roten Karte zu tun? Eben, nichts.

Herkunft wird dann negativ konnotiert, wenn die Person einem nicht passt. Und das ist eben falsch, denn auf dem Platz spielt die Herkunft überhaupt keine Rolle. Vielmehr sind Integration und Offenheit Pfeiler eines sportlichen und wirtschaftlichen Erfolgsmodells. Bei all den Diskussionen um «Heimat» und um «richtige Basler» sollten wir das nie vergessen.

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