Was ein Hundeleben
Die Mülleimer sind weg. Das macht meine Abendspaziergänge deutlich anstrengender. Ein Erlebnisbericht.
Ciao, ich bin Filippo, 14 Jahre alt und komme aus Italien. Ich lebe schon seit meinem zweiten Lebensjahr in der Schweiz bei meiner geliebten Familie. Die ersten zwei Jahre, also meine Kindheit, verbrachte ich auf mich alleine gestellt. Ich bin also einiges gewohnt.
Dieses Wochenende ging ich mit meinem Herrchen auf unseren abendlichen Spaziergang. Als ich noch jung war, tat ich das gerne, aber meine kurzen Beine mögen mit 14 Jahren nicht mehr so. Ihr wisst schon, das Alter, Arthritis, die Gelenke. Ich war sogar schon in meinem Körbchen eingekuschelt, mühsam ist's abends noch auf Klo zu müssen.
Der Schock
Nehmen wir den Weg also auf uns. Mein Herrchen legt mir mein Halsband an, er knüpft mich an die Leine, los geht's. Wir gehen am Naturhistorischen Museum vorbei in Richtung Martinskirchplatz. Dort steht einer meiner Lieblingsbäume, erstmal Schnüffeln, Nachrichten von Bekannten lesen. Jetzt kommt ein anderer Hund daher, riesig ist der. Hallo Diener, beschütz mich, wir müssen weg hier. Ich muss mein Geschäft wohl woanders erledigen.
Wir gehen also zurück Richtung Münsterplatz. Unterwegs halt ich es dann nicht mehr aus und muss aufs Klo. Wie toll, dass mein Herrchen rasch mit dem gelben Säckchen zur Stelle ist. Komische Kultur haben diese Menschen, dass sie immer Kot aufheben – ist doch Natur.
An unserer Haustür vorbei sehe ich dann dieses riesige metallene Rad stehen. Naja zumindest das halbe. Das heisst bald ist wieder Herbstmesse. Da schlägt mein Hundeherz schneller, die Essensstände kommen zurück. Ich liebe es, auf meinen Spaziergängen kleine Essensreste zu finden, die diesen tollpatschigen Menschen hinunterfallen.
Aber die stehen leider noch nicht, schade. Wenigstens kann mein Herrchen jetzt den gelben Sack in diese metallene Box schmeissen und ich kann wieder ins Bett und weiterdösen.
OH NEIN, der Mülleimer ist weg. Das ist schrecklich! Das ist unfair! Das ist eine Katastrophe! Jetzt müssen wir zum nächsten auf die Pfalz gehen. Das sind bestimmt nochmals 1000 Schritte! Mühselig stapfe ich meinem Wegbegleiter hinterher. Verstehst du nicht, dass ich alt für diesen Müll bin?
Kurz vor der Pfalz bleibe ich dann stehen, die letzten paar Schritte kann er alleine machen, dafür braucht er mich nicht, mehr. Ist ja alt genug. So, nun aber ab nach Hause. Ach kacke, er hat den Beutel noch immer in der Hand. Was soll das? Jetzt will er mich auch noch über den Münsterplatz zum Münsterberg zerren, gar kein Bock. Da steht sonst auch so ein Kübel, aber sogar ich mit meiner Sehschwäche erkenne, dass der Mülleimer dahinten auch schon abtransportiert wurde.
Auf halbem Weg bleibt mein Herrchen stehen, er dreht sich um und lässt ein paar unschöne Worte des Frusts von sich. Dafür wird jetzt endlich unsere Haustüre angepeilt. Damit kann ich mich anfreunden. Ich laufe wieder voraus, nicht dass der erneut irgendwo abbiegen will.
Noch immer keine Lösung in Sicht
Angekommen an der Tür, aber was ist los? Jetzt will dieser Mensch mir nicht aufschliessen. Hallo, hackt's? Nicht mal mein Hundeblick kann ihn davon abhalten, den Kurs nun auf den Rheinsprung zu setzen. Da stell’ ich mich quer. Wortwörtlich! Ich stehe zmittst auf der Strasse, mich bewegt der nicht mehr. SIEG, er kehrt um, wir gehen zur Tür zurück. Das war ja einfach.
Mein Herrchen legt das Säckchen vor die Haustür, lässt mich rein, bringt mir mein verdientes Läckerli und gibt mir eine Streicheleinheit. Dann höre ich gemurmelte Fluchwörter und er verschwindet wieder nach draussen, wohl um den Kot zu entsorgen. Dabei hätten wir auch drinnen einen Abfalleimer. Aber was weiss ich schon von den Gebräuchen der Menschen. Aber egal, es ist schon praktisch, wenn man so einen Diener hat, der meinen Mist erledigt.
Zum Glück werden die Container am Mittwoch aufgestellt. Einerseits muss ich dann nicht mehr so eine Höllenwanderung auf mich nehmen, wenn ich abends mein Geschäft erledige, andererseits lassen die sich gut anpinkeln. Und damit gute Nacht, ich brauche Erholung.
Unterstütze Bajour und werde Member.