Hasis Doppeldecker entstand durch Zufall

Seit über 15 Jahren gibt es Doppeldecker an der Herbstmesse bei Hasi’s Alphütte am Petersgraben. Zum Erfolgsrezept gehören nicht nur Hörnli, Gehacktes und Raclettekäse, sondern auch Mund-zu-Mund-Werbung.

Doppeldecker Hasi's Alphütte Basler Herbstmesse
Hörnli, Gehacktes, Raclettekäse, Gewürz. Dafür steht manch eine*r an der Herbstmesse Schlange. (Bild: Michelle Isler)

«Michelle, bald gibts wieder Doppeldecker!», schreibt mir ein Freund. Die Nachricht erreicht mich in einem blühenden Garten zwischen hochgewachsenen Margeriten. Es ist Ende Mai. Den Doppeldecker – eine Speise aus Hörnli, obendrauf Gehacktes und darüber Raclettekäse – gibt es nur an der Herbstmesse. Dass wir dort zum Essen verabredet sind: keine Frage. Aber das dauert ja noch. Der Freund lässt sich davon nicht beirren: «Nur noch fünf Monate. So nahe war der Doppeldecker dieses Jahr noch nie!» 

Wenn man sich Ende Oktober die lange Schlange vor «Hasi’s Alphütte» am Petersgraben ansieht und geschätzt jede zweite Person hier das gleiche bestellt, darf man sich schon fragen: Was ist eigentlich das Erfolgsrezept des Doppeldeckers? Wartende sagen, er gehöre für sie zur Herbstmesse. Wie der Beggeschmutz. Manchmal auch: «Er ist einfach fein.» Und was auffällt: Viele sind mit einer Person hier, die den Doppeldecker noch nie probiert hat. Wie sich herausstellen wird, ist das mindestens so entscheidend für den Doppeldecker wie seine Zutaten.

Doppeldecker Hasi's Alphütte Basler Herbstmesse
Am Petersgraben seit 2006: Hasi’s Alphütte. (Bild: Michelle Isler)

Denn am Anfang war kein Doppeldecker. Als Markus Hasler alias Hasi 2006 zum ersten Mal seine Hütte am Petersgraben aufbaute, stand auf der Speisekarte: Raclette, Hörnli mit Raclettekäse («Sennehörnli») und Hörnli mit gehacktem Rindfleisch («und Chäs-Brätel, aber der tut hier nichts zur Sache», sagt Hasi). «Etwa im dritten Jahr stand ein junger Herr hier, bestellte Hörnli und Gehacktes und sagte dann: ‹Jetzt bitte none Portion Raclette obedruff.›» Hasi staunte und führte aus. 

Der Mann wiederholte diese Bestellung ein paar Tage später. Beim dritten Mal nannte Hasi die Speise spontan «Doppeldecker». Hasi – schwarzes Sennenkäppi, violettes Edelweisshemd, darüber schwarzes Sennenhemd – zieht bei dieser Erinnerung die Augenbrauen hoch, wie um zu sagen: «Logisch, oder?» Ab da habe es sich rumgesprochen. Ohne dass der Doppeldecker offiziell aufgeführt gewesen wäre, kamen Leute an den Stand und bestellten ihn.

Doppeldecker Hasi's Alphütte Basler Herbstmesse
Markus «Hasi» Hasler hat in all den Jahren seit der Geburt des Doppeldeckers «nüüt» am Rezept geändert. (Bild: Michelle Isler)

Seither steht er auf der Karte, neben Sennehörnli und Raclette und Hörnli mit Gehacktem (und Brot mit Raclettekäse, gennant Chäs-Brätel, aber eben, der tut hier nichts zur Sache). Mittlerweile ist kurz nach 12 Uhr mittags, die Schlange erstreckt sich bereits der gesamten Alphütten-Länge entlang. Am Stand gibt’s Stimmen, die sagen, manchmal stünden sie bis runter zum Hotel Rochat. Hasi findet, das sei eine Übertreibung. 

Aber bis zur Metzgerei Lang gehe die Schlange manchmal schon. In solchen Fällen muss man mit einer halben Stunde anstehen rechnen. «Aber dann stimmt wirklich alles», betont Hasi. «Gutes Wetter, Samstag, d’Mäss gestopft voll.» Im Schnitt stehe man hier 10 bis 15 Minuten an. So lange müsse man im Restaurant auch aufs Essen warten. 

Tatsächlich zeigt die Stoppuhr beim Test dieser Redaktion um kurz vor 13 Uhr 14 Minuten und ein paar Sekunden. Ungeduldige (eventuell auch: sehr hungrige) Passant*innen gehen angesichts der Schlange einen Stand weiter. Währenddessen wischt Hasi mit einem Lappen Käsereste vom Tisch. Bis letztes Jahr war er der Patron der Alphütte. Jetzt verbringt der Pensionär seine Freizeit mit sechs Grosskindern und die Herbstmesse am Stand als «Hüpfer und Springer», Wischer, Getränkeauschenker, manchmal auch Platzanweiser, wenn sich jemand suchend nach einem freien Tisch umschaut. 

Nach 19 Jahren, gibt er das Business an seine Kinder weiter. Sein Sohn David, der hauptberuflich als Schulleiter arbeitet, übernimmt den Lead. Die Zeichen stehen auf Kontinuität: «Das alles wird wahrscheinlich noch 100 Jahre so bleiben», sagt David und zeigt auf die Hütte, in der geschmolzener Käse im Akkord auf dampfende Hörnli geschabt wird.

Doppeldecker Hasi's Alphütte Basler Herbstmesse
Hasi’s Alphütte ist ein Familienbusiness, neu mit David Hasler im Lead. (Bild: Michelle Isler)

Nicht nur betriebsintern gibt es einen Generationenwechsel: Auch beim Publikum merken die Haslers eine Veränderung. Letztes Jahr haben Influencer*innen zu ihrer Überraschung auf Social Media den Doppeldecker als Tipp für die Herbstmesse empfohlen. «Das haben wir gespürt», erklärt David Hasler. «Es sind viel mehr junge Leute gekommen und haben Doppeldecker bestellt.» 

In den letzten fast 20 Jahren hat sein Vater kein Geld für Werbung ausgegeben. Er habe immer auf andere Dinge Wert gelegt: «Ein tolles Team aus Familie, Freundes- und Bekanntenkreis, eine saubere Küche, ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis. Ein Doppeldecker kostet 16 Franken und danach ist man satt.» 

Das spricht sich rum. Früher Mund-zu-Mund, heute zunehmend Handy-zu-Handy.

Doppeldecker Hasi's Alphütte Basler Herbstmesse
Die drei Freund*innen sind gezielt an die Herbstmesse gekommen für den Doppeldecker. (Bild: Michelle Isler)

Auch dieses Jahr kursieren mehrere Videos auf Instagram und Tiktok, in denen der Doppeldecker vorkommt. Gloria, Sarah und Anisa sind deshalb an den Petersgraben gekommen. Sie sind zwischen 17 und 18 Jahre alt, aus Baselland und Aargau angereist – und jetzt satt und zufrieden, wie sie sagen. Etwa 15 oder 20 Minuten hätten sie dafür anstehen müssen. Hat es sich gelohnt? Die drei nicken überzeugt. «Letztes Jahr haben wir Chäsbängel probiert. Auch wegen einem Video», erzählen sie. «Aber Doppeldecker ist noch ein bisschen besser.» 

Eigentlich ist das Konzept Hörnli-Gehacktes-Raclettekäse so simpel, dass man es zuhause nachkochen kann. Hasi hat auch schon «das eine oder andere Foto aus dem Partykeller» mit selbstgemachtem Doppeldecker erhalten, wie er sagt. Heute findet sich in der Schlange aber niemand, der*die dafür zu haben wäre. Tenor: «Nein, das würde mir jetzt nicht in den Sinn kommen.» Oder: «Dafür komme ich an die Herbstmesse.»

Damit zumindest kommerziell niemand den Namen seines Erfolgsgerichts kopieren kann, hat ihn Hasi schützen lassen. Es wird also auch künftig nur an der Herbstmesse – («und vielleicht eines Tages am Weihnachtsmarkt» ) – Doppeldecker geben. Denn vielleicht gehört die Vorfreude darauf in den Monaten zwischen zwei Herbstmessen auch ein bisschen zum Erfolgsrezept.

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Michelle Isler

Das ist Michelle (sie/ihr):

Nach einem Masterstudium in Geisteswissenschaften und verschiedenen Wissenschafts- und Kommunikations-Jobs ist Michelle bei Bajour im Journalismus angekommen: Zuerst als Praktikantin, dann als erste Bajour-Trainee (whoop whoop!) und heute als Redaktorin schreibt sie Porträts mit viel Gespür für ihr Gegenüber und zieht für Reportagen durch die Gassen. Michelle hat das Basler Gewerbe im Blick und vergräbt sich auch gern mal in grössere Recherchen.

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